Berlin. Der Krieg in Israel wird nicht nur mit Waffen gekämpft. Es geht auch um die öffentliche Meinung – und da sieht es nicht gut aus.

Tagelang sah es so aus, als ob Israel mit einer Bodenoffensive in den Gazastreifen auf den Hamas-Terror reagieren würde. Was würde das in dem eng besiedelten Gebiet für die Zivilbevölkerung bedeuten? Und wie würden die regionalen Gegner des Landes, allen voran der Iran, darauf reagieren? Mit einer umtriebigen diplomatischen Mission scheint der Westen bisher eine weitreichende Eskalation verhindert zu haben.

"Maybrit Illner": Das waren ihre Gäste am Donnerstag (19. Oktober)

  • Lars Klingbeil, SPD-Vorsitzender
  • Carlo Masala, Wissenschaftler
  • Melody Sucharewicz, deutsch-israelische Beraterin für politische Kommunikation und Strategie
  • Ahmad Mansour, Psychologe und Autor
  • Shahrzad Eden Osterer, deutsch-iranische Journalistin

Israels Bodenoffensive: Wann kommt sie?

Das Thema beschäftigte am Donnerstagabend die Runde bei „Maybrit Illner“. „Hamas zerstören, Zivilisten schützen – Flächenbrand vermeidbar?“, war die Sendung im Stakkato überschrieben. Einen Teil der Diskussion nahm die Frage ein, wie es im Gazastreifen nun weitergeht.

Carlo Masala bot eine Erklärung dafür an, dass die erwartete israelische Bodenoffensive noch nicht begonnen hat. „Man muss sich darauf vorbereiten“, meinte der Politikwissenschaftler. Schließlich sei es nicht damit getan, einfach die Reservisten einzuberufen.

Der Politikwissenschaftler Carlo Masala (links) im Gespräch mit dem Psychologen Ahmad Mansour.
Der Politikwissenschaftler Carlo Masala (links) im Gespräch mit dem Psychologen Ahmad Mansour. © ZDF | Svea Pietschmann

Stattdessen gehe es auch um Risikominimierung, führte Masala aus. Außerdem arbeite Israel möglicherweise auch an einem politischen Plan, wie es ohne die Hamas weitergehen könnte. „Alles in allem deutet alles auf eine ruhige, kluge Vorbereitung hin“, befand der Politikwissenschaftler.

Was passiert mit der Zivilbevölkerung im Gazastreifen?

Doch wenn es einmal losgehen sollte – was würde das für die Zivilbevölkerung in Gaza bedeuten? „Die Palästinenser sind nicht Hamas“, sagte Lars Klingbeil. Allerdings habe er den Eindruck, dass sich die israelische Armee gewissenhaft vorbereite und die Menschen etwa auffordere, den Norden des Gebietes zu verlassen. „Natürlich kann es die brutalen Szenen geben“, sagte der SPD-Chef. Doch habe er Vertrauen in Israel, dass es ausgewogen vorgehen werde.

Diese Einschätzung teilte Ahmad Mansour. Israel habe ein Interesse daran, schlimme Szenen zu vermeiden. „Die Solidarität kann schnell dahin sein, wenn Bilder entstehen, die emotional treffen“, sagte der deutsch-israelische Psychologe palästinensischer Herkunft.

Beim Umgang mit humanitärer Hilfe für Gaza wirkte die Runde unentschlossen. Eindeutig dafür sprach sich nur Mansour aus. „Es ist wichtig, die Menschen in Gaza und in der Westbank zu unterstützen.“ Allerdings müsse es Kontrollmechanismen geben, um zu verhindern, dass sich die Hamas etwas abzweige – eine Forderung, bei der man sich eine Frage nach dem „Wie“ durch die Gastgeberin gewünscht hätte.

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Der Krieg der Bilder

Shahrzad Eden Osterer gab zu bedenken, dass Israel den Krieg der Bilder bereits verloren habe – zumindest in der arabischen Welt. Seit Jahren gebe es dort anti-israelische Propaganda, auch jetzt würden Fake News etwa über den Raketeneinschlag in einem Krankenhaus in Gaza verbreitet, bei dem als wahrscheinlich gilt, dass es sich um eine fehlgeleitete palästinensische Rakete handelt.

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„Niemand spricht mehr über das Massaker“, sagte die Journalistin Osterer mit Blick auf den arabischen Raum. Die Opfer seien längst in Vergessenheit geraten.

Antisemitismus auf deutschen Straßen

Am Ende kam die Runde noch auf den Antisemitismus zu sprechen, der sich in diesen Tagen auch auf deutschen Straßen zeigt. Dazu berichtete Mansour, wie er einst selbst in die Fänge von Islamisten geriet. „Ich dachte, ich sei Teil einer Elite.“ Die Gruppen würden Identität vermitteln und einem das Gefühl geben, dass jemand da ist. Dagegen helfe nur Aufklärungsarbeit, etwa mit Jugendlichen.

Journalistin Osterer betonte in diesem Kontext etwas verklausuliert: „Es sind nicht wenige Palästinenser, die nicht antisemitisch sind.“ Aber dieser Teil traue sich in Deutschland nicht aus der Deckung.

Das Fazit

Diese Ausgabe von „Maybrit Illner“ zeigte, wie verfahren die Lage ist. Über Gaza wird wohl in den kommenden Tagen und Wochen großes Übel hereinbrechen, wobei die Ursache eindeutig ist: Die große Barbarei der Hamas.

Zur Ausgabe von „Maybrit Illner“ in der ZDF-Mediathek.