Halver. Schülerin (17) trifft Sauerländer Unternehmer (56): Gibt es den den Konflikt zwischen Alt und Jung? Was der Generationenvertrag damit zutun hat.
No front, Alman, Ok, Boomer – wer einer Konversation zwischen jungen Menschen lauscht und selbst älter ist, versteht das Gesagte häufig nur in Bruchstücken. Irgendwie war das schon immer so. Doch einen speziellen Ruf hat die Generation Z, die in etwa die Jahrgänge 1995 bis 2010 umfasst, schon: Nicht so viel arbeiten zu wollen, die Freizeit höher anzusiedeln. Manche nennen Attribute wie „faul“ und „arbeitsscheu“.
Alles nur Vorurteile? Bernd Jannack, Geschäftsführer des Kunststoffherstellers Mayweg in Halver, geboren 1967 (also Generation X), und Hanna Klinkmann, Schülerin am Anne-Frank-Gymnasium Halver, Jahrgang 2006 (also Generation Z), über Leistung und Zukunft.
Zuerst mal die Frage an Sie, Hanna, als Schülerin: Existiert dieses Spannungsverhältnis zwischen den beiden Generationen?
Hanna Klinkmann: Ich bin mir unsicher, ob es da wirklich einen so großen Konflikt gibt oder es eher aufgebauscht wird. Es gibt viele Themen, die meine Generation in Frage stellt. Damit gehen ältere Generationen – so zumindest das Klischee – nicht so gut oder anders um. Aber ich glaube nicht, dass da unbedingt zwei Generationen gegeneinander spielen.
Herr Jannack, Sie sind heute der ältere Part – aber Sie waren auch mal jung. War das damals zwischen Jung und Alt anders?
Bernd Jannack: Nein. Dass die jüngere Generation anders denkt als die ältere, ist nichts Außergewöhnliches. Die gesamte Gesellschaft hat sich verändert, Werte haben sich verschoben, das ist normal. Die ältere Generation hält vielleicht ein bisschen länger an Werten fest und empfindet sie aufgrund ihrer Erfahrung als positiv.
Welche Werte meinen Sie?
Bernd Jannack: Wenn man jetzt mal die Schulzeit betrachtet, waren wir gar nicht viel besser, wir haben auch unsere Freiheiten gesucht. Ich meine heute, wir hätten einen anderen Leistungsgedanken gehabt. Wir wollten uns immer messen – und ich glaube, das treibt einen an, besser zu werden. Wenn ich mich nicht mehr messe, dann sind wir alle irgendwann mal gleich – das kann sein, aber ob das zielführend ist...? Der Wettkampfgedanke war für uns viel Wert, sowohl im Sportverein als auch in der Schule. Unsere Frage war: Wie viel wollen wir verdienen? Das hat sich auf der einen Seite zum Positiven geändert, nur Druck ist auch nicht immer gut. Aber durch die Generationen, nicht nur die Generation Z, wurde der Gedanke abgeschwächt. Das ist für mich ein bisschen bedenklich. Es ist vielleicht aber auch normal.
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Hanna, sind Sie der Meinung, dass dieser Leistungsgedanke in der Form nicht mehr existiert?
Hanna Klinkmann: Wenn in der Schule gefragt wird, wie stellt ihr euch später euer Leben vor, dann ist der Karrieregedanke weniger wichtig – Stichwort Work-Life-Balance. Die Arbeit ist wichtig, aber das Leben daneben ist auch wichtig, und ich möchte das irgendwie in Einklang bringen können. Deshalb glaube ich, dass der Leistungsgedanke sich schon verändert hat.
Work oder Life?
Bernd Jannack: Ohne Work ist kein Life möglich. Aber auch die Definition von Work-Life-Balance hat sich verändert. Wenn immer weniger gearbeitet wird, was ja schon der Fall ist, dann weiß ich nicht, wo die Grenze ist. Wir haben früher auch nicht gesagt, wir freuen uns über eine 70-Stunden-Woche, das hat niemanden interessiert, es war egal.
Hat die Generation Z heute einfach mehr Möglichkeiten als Sie sie damals hatten?
Bernd Jannack: Die Strukturen haben sich verändert, das stimmt. Heute erfährt man vieles schneller, auch Meinungen. Ein paar Sachen müssen aber im Einklang mit der Realität stehen – wir haben uns hier in Deutschland einen gewissen Wohlstand erarbeitet. Und wenn man den aufrecht erhalten will, mit einer immer kleiner werdenden arbeitenden Bevölkerung, müssen wir Maßnahmen dafür ergreifen.
Hanna, wie viele Gedanken machen Sie sich bei Ihrer Zukunftsplanung um Deutschland, auch als Wirtschaftsmacht?
Hanna Klinkmann: Andere machen sich mehr Gedanken. Im Hinblick auf den Klimawandel scheint alles vage und unsicher. Wir machen uns darüber Gedanken, wie unsere Zukunft aussehen kann. Und dann geht es nicht nicht mehr nur um Deutschland, auch als Wirtschaftsmacht, sondern um viel grundlegendere Dinge.
Was glauben Sie, sind große Themen der Zukunft?
Bernd Jannack: Der Wohlstand in Deutschland wird einen deutlichen Dämpfer bekommen. Allein, weil die Standortfaktoren nicht mehr günstig sind. Ich frage mich, ob das für uns akzeptabel ist, für die Gesellschaft und auch für die jüngere Generation. Wir waren früher in vielen verschiedenen Branchen marktführend, das geben wir heute immer mehr ab. Und so schnell erholt sich das nicht. Das war unsere Bedeutung in der Welt. Derjenige, der vielleicht Vermögen auf die Seite geschafft hat, der wird diesen Wohlstandsverlust nicht so spüren wie diejenigen, auf die das nicht zutrifft.
Machen Sie sich Gedanken über die Themen, die Herr Jannack gerade angesprochen hat? Thema Industrie?
Hanna Klinkmann: Also, da ich persönlich beruflich später so gar nicht in die Richtung gehen möchte, habe ich da eher weniger Interesse. Ich möchte eher in die soziale Richtung gehen, vielleicht sogar Lehramt.
Hier in Südwestfalen? Gibt es Anreize, hier zu bleiben?
Hanna Klinkmann: Das liegt jetzt nicht speziell an Südwestfalen, aber erstmal möchte ich hier raus, etwas anderes sehen, mal in der Stadt leben, nicht auf dem Dorf. Und dann mal schauen, vielleicht möchte ich irgendwann mal zurück. Ich glaube, für uns Schüler, das haben wir schon ganz oft gesagt, ist ein ganz wichtiger Punkt die Mobilität. Wir haben jetzt alle dieses Deutschlandticket, es fährt aber kein Bus. Dazu habe ich ganz oft das Gefühl, der Zeitgeist ist hier nicht angekommen. Es wird erzählt, die jungen Leute legen Wert auf Dinge wie Diversität und treten für ihre Zukunft ein. Wenn wir aber hier in der Schule über solche Dinge diskutieren, habe ich nicht das Gefühl.
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Lehrer?
Hanna Klinkmann: Nein, es gibt auch Schüler, die erstaunlich konservativ denken.
Sind Sie, Herr Jannack, darauf angewiesen, dass die jungen Leute hierbleiben, am besten sogar in Südwestfalen?
Bernd Jannack: Erstmal bezogen auf die Rente, ist das egal, wo sie arbeiten und als was. Hauptsache sie arbeiten, weil sonst funktioniert das nicht mit unserer Rente. Ob die sich das wünschen oder nicht – sie sind in der Pflicht, eigentlich allein wegen des Generationenvertrags.
Woran denken Sie beim Generationenvertrag?
Hanna Klinkmann: Ja, wir sind dafür verantwortlich, dass Renten gezahlt werden. Was der Vertrag aber auch bedeutet, ist, dass die Generationen vor uns dafür verantwortlich sind, dass wir noch all die Möglichkeiten erhalten, die sie hatten. Ich habe es gerade schon angesprochen: Klimawandel. Das ist das, wofür Fridays For Future jetzt auf die Straßen geht. Die Generationen vor uns haben Dinge versäumt, die jetzt richtiggestellt werden müssen. Wir haben da einfach noch nicht die Möglichkeiten, weil wir zu jung sind.