Berlin. Die Länder fürchten das Ende des Deutschlandtickets – und geben dem Bund dafür die Schuld. Im Verkehrsministerium ahnt man, warum.
Der Städte- und Gemeindebund mahnt den Bund, die Fortführung des Deutschlandtickets durch finanzielle Zusagen zu garantieren. „Bislang fehlt die Zusage des Bundes, im Jahr 2024 und den Folgejahren die Mehrkosten zu übernehmen“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg dieser Redaktion. „Wir sehen den Bund, der das Deutschlandticket eingeführt hat, hierzu in der Pflicht.“
Sei die Finanzierung nicht gesichert, würden vor dem Hintergrund steigender Energie- und Personalkosten Angebotskürzungen drohen. Erst mit neuen Angeboten werde das Ticket aber seine Wirkung voll entfalten können, sagt Landsberg. „Dafür brauchen wir jetzt eine Finanzierungszusage des Bundes für das Deutschlandticket und für die notwendigen Investitionen in einen besseren ÖPNV.“
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Zuvor hatten die Verkehrsminister der Länder Sorgen über die Zukunft des erfolgreichen Tickets geäußert. In einem Brief an Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) fordert der nordrhein-westfälische Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) als Vorsitzender der Verkehrsministerkonferenz vom Bund, die „notwendigen Schritte zur Sicherung der Nachschusspflicht seitens des Bundes über das Jahr 2023 hinaus einzuleiten“. Ohne diese sähen „die Länder die Fortführung des Deutschlandtickets oder zumindest dessen flächendeckende Anwendung ernsthaft gefährdet“. Zuerst hatte die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet.
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Deutschlandticket: Verkehrsministerium verweist auf angespannte Haushaltslage
Ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums sagte unserer Redaktion: „Bund und Länder wollen gemeinsam vereinbaren, wie die Finanzierung durch Ticketeinnahmen und die vereinbarten Zuschüsse in Höhe von je 1,5 Milliarden Euro sichergestellt wird. In eben diesem Prozess befinden wir uns derzeit.“ Man begrüße es, dass die Länder bereit seien, ihren Teil zur weiteren Finanzierung des Deutschlandtickets zu übernehmen. „Die Diskussionen werden durch die angespannte Haushaltslage im Bund erschwert.“
Man wolle abwarten, bis die Auswirkungen des Deutschlandtickets auf Verkehr und Finanzen ausgewertet sind, hieß es vom Ministerium. Anhand der Jahresendabrechnung der Verkehrsverbünde solle dann die weitere Finanzierung berechnet und dauerhaft gesichert werden. Bisher beriefen sich die Unternehmen und Länder bei den Mehrkosten nur auf eine Prognose, die tatsächliche Abrechnung wird für Mitte 2024 erwartet.
Für die Finanzierung des Tickets stellt der Bund in den Jahren 2023 bis 2025 jährlich 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Die Länder beteiligen sich in gleicher Höhe. Der Bund gibt mehr als nur die 1,5 Milliarden dazu, denn zugleich steigen die Regionalisierungsmittel bis 2030 auf 17 Milliarden Euro an.
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Deutschlandticket: Die Mehrkosten für dieses Jahr sind bereits finanziert
Bereits beschlossen ist, dass anfallende Mehrkosten im Einführungsjahr 2023 jeweils zur Hälfte von Bund und Ländern übernommen werden. Der Posten umfasst unter anderem geschätzte drei Milliarden an Einnahmeverlusten, weil die bisherigen Dauerfahrer von teureren Monatstickets auf das günstigere Deutschlandticket umgestiegen sind – pro Ticket etwa einen Verlust von 20 Euro.
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Hinzu kommen die Umstellung der Vertriebssysteme auf digitale Kaufmöglichkeiten und die Anlaufkosten, wie zum Beispiel das Marketing für das neue Deutschlandticket. Die digitale Transformation soll jedoch bis zum Jahresende abgeschlossen sein, auch bewerben müssten die Verkehrsunternehmen das Deutschlandticket im nächsten Jahr nicht mehr. Ob die Mehrkosten auch in den kommenden Jahren ein Thema sind, ist nicht klar.
Im Verkehrsministerium sieht man die jüngsten Alarmmeldungen der Länder deshalb als Warmlaufen für die Verhandlungen. Lars Wagner vom VDV hat für das Verhalten der Landesverkehrsminister Verständnis: „Wir finden es gut, dass die Diskussion auf oberster Ebene Fahrt aufnimmt, denn eine gesicherte Finanzierung ist maßgeblich für die Zukunft des Deutschlandtickets.“ Eine Einigung in Finanzierungsfragen wird für die Verkehrsministerkonferenz Mitte Oktober angepeilt.