An Rhein und Ruhr. Der Verkehrsverbund schlägt Alarm: Im Etat für 2023 fehlen mehr als 570 Millionen Euro. Günstigere Tickets sind da noch gar nicht eingerechnet.

Nach dem 9-Euro-Sommermärchen droht den Fahrgästen im Nahverkehr das böse Erwachen: Dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) und den kommunalen Verkehrsunternehmen fehlen nach NRZ-Informationen für 2023 gut 570 Millionen Euro. Und das nur, um das bisherige Angebot auf der Schiene und im Busverkehr aufrechterhalten zu können.

Aufgerissen wird das Finanzloch vor allem durch die am 31. Dezember auslaufenden Corona-Hilfen für die Verkehrsverbünde, die nach wie vor deutlich weniger Kunden verzeichnen als vor der Pandemie. Um rund ein Fünftel ist die Zahl der Fahrgäste zurückgegangen. Sogar zu 9-Euro-Ticket-Zeiten waren die Busse und Bahnen nicht voll wie noch 2019. Das Sonderangebot hat zwar zu Überfüllungen im Freizeitverkehr geführt, aber kaum Pendler oder Dauerkunden angelockt.

„Ein Angebot wie in den 80er-Jahren“

Beim VRR machen Vorstandssprecherin Gabriele Matz und ihr Mitvorstand José Luis Castrillo seit Wochen auf das drohende Defizit aufmerksam. Jetzt nutzten sie die Gelegenheit eines eher informellen Arbeitskreises mit Vertreterinnen und Vertretern des Ruhrparlaments, um politischen Druck aufzubauen. Auf allen Strecken, so das Horrorszenario, würde dann nur noch ein Zug pro Stunde fahren. „Ein Angebot wie in den 80er-Jahren“, hieß es. Vor allem auf S-Bahnstrecken wäre das ein dramatischer Rückgang – weitere Streichungen nachts und am Wochenende nicht ausgeschlossen.

„Es sind rund 300 Millionen Euro bei den örtlichen Verkehrsunternehmen und eine Summe in fast gleicher Höhe beim VRR“, so Gabriele Matz. Wie groß das VRR-Loch genau wird, hängt von den Energie- und Lohnkosten ab. „Bei den Energiekosten haben wir eine Steigerung von rund 200 Prozent“, so Matz und ergänzt: „Mögliche Einnahmeausfälle durch ein Klimaticket sind da noch nicht enthalten.“

„So können wir die Verkehrswende in die Tonne hauen“

Kommunale Verkehrsunternehmen wie Niag, Ruhrbahn, Stoag, DVG, Rheinbahn können immerhin unmittelbar handeln, Linien einstellen und Takte ausdünnen. Ein Szenario, das vor allem dort droht, wo es sogenannte Querverbünde gibt: Verluste beim Nahverkehr wurden mit Gewinnen bei Gas und Strom verrechnet. Jetzt drohen auch dort Verluste statt Einnahmen. Die Lage beim VRR ist ungleich schwieriger. Einfach so den Fahrplan zusammenstreichen, geht nicht: Betreiber wie DBRegio, NationalExpress, Rhein-Ruhr-Bahn oder Vias haben lang laufende Verträge. Nur bis zu zehn Prozent der Leistungen ließen sich abbestellen.

Politische Entscheidungsträger in den VRR-Gremien setzen daher darauf, dass Bund und Land sich auf eine Erhöhung der Zuschüsse für den Nahverkehr einigen. „Wir können nicht den Leuten ein 49-Euro-Ticket versprechen und dann den Verkehr einstellen“, so Frank Heidenreich, Sprecher der CDU in der VRR-Verbandsversammlung. Sein Pendant von der SPD, Axel Welp, wird noch deutlicher: „Wenn das so kommt, können wir die Verkehrswende in die Tonne hauen.“