Essen. Pflegeheime werden teurer: Wissenswerte Tipps zur Finanzierung – und was das NRW-Gesundheitsministerium zu den steigenden Kosten sagt.

Stationäre Pflege ist auch mit einer Pflegeversicherung nicht umsonst: In NRW beläuft sich der Eigenanteil im ersten Heimjahr auf 2540 Euro pro Monat – und gehört damit bundesweit zu den teuersten. Die wenigsten Pflegebedürftigen können sich das noch aus eigener Tasche leisten.

Konkrete Zahlen für 2021 liefert das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in NRW: In den Heimen wohnten rund 175.000 Pflegebedürftige. Davon erhielten 95.000 einen Zuschuss in Form von „Pflegewohngeld“ – also mehr als die Hälfte. Die Fördersumme betrug knapp 550 Millionen Euro.

Auch die Sozialhilfeausgaben stiegen stark an: Die „Hilfe zur Pflege“ um mehr als 14 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro. Die „Grundsicherung im Alter“ um knapp 8 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro.

Alles rund um Pflegekosten: Was Betroffene wissen müssen

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Die Kosten in einem Pflegeheim setzen sich aus den folgenden Faktoren zusammen: Pflege und Betreuung, Unterkunft und Verpflegung, Ausbildung und Investitionen. Wenn ein Gutachter die Pflegebedürftigkeit bestätigt, gibt es von der Pflegeversicherung einen Zuschuss. Wie viel sie im Monat dazuzahlt, hängt vom Pflegegrad ab.

Bei Pflegegrad 2 gibt es 770 Euro pro Monat. Bei Pflegegrad 3: 1262 Euro, Pflegegrad 4: 1775 Euro, Pflegegrad 5: 2005. Wer sich mit Pflegegrad 1 für ein Heim entscheidet, bekommt 125 Euro pro Monat dazu. Zusätzlich gilt: Pflegebedürftige ab Grad 2 müssen einen „einrichtungseinheitlichen Eigenanteil“ (EEE) zahlen. Er ist für alle Heimbewohnenden gleich hoch. Das wurde 2017 so gesetzlich festgelegt.

Wenn Mehrkosten im Heim anfallen, kann es zu einem teureren Entgelt für Pflegebedürftige kommen. Das Pflegeunternehmen muss darüber schriftlich informieren – vier Wochen vorher. Es gibt auch einen Anspruch darauf, die Kalkulationsunterlagen der Einrichtung einzusehen.

Achtung – generell gilt: „Die Kosten unterscheiden sich extrem von Heim zu Heim. Man sollte immer die Preise vergleichen“, rät Silke Gerling. Sie ist Geschäftsleiterin der Seniorenhilfe im Diakoniewerk Essen. Beratung gibt es: Beim örtlichen Sozialamt, bei Verbraucherzentralen und Verbänden, Pflegestützpunkten und Pflegeeinrichtungen.

Was zu tun ist, wenn Vermögen und Rente nicht reichen für die Pflege

Wenn das eigene Geld nicht reicht, unterstützt in der Regel das Sozialamt – mit der „Hilfe zur Pflege“ oder der „Grundsicherung im Alter“. Wichtig zu wissen: Das Sozialamt übernimmt die Kosten nur, wenn es keine unterhaltsverpflichtete Angehörige gibt. Unterhaltspflichtig ist, wer ein Brutto-Jahreseinkommen von mehr als 100.000 Euro hat. Das Vermögen spielt keine Rolle.

Auch für Pflegebedürftige gibt es Freibeträge, selbst wenn sie Leistungszuschüsse erhalten. Einzelpersonen dürfen ein Barvermögen von 5.000 Euro besitzen; Ehepaare von 10.000 Euro. Beim Schonvermögen gelten 25.000 Euro als angemessen – genauso wie eine Immobilie, wenn sie noch von beiden Ehegatten bewohnt wird.

Damit möglichst wenige in die Sozialhilfe fallen, gibt es seit Jahresbeginn einen neuen Pflegezuschuss. Das hatte der Bundestag 2021 mit einer Pflegereform beschlossen. Wie viele seitdem keine Sozialhilfe mehr brauchen, könne nicht ermittelt werden, so das NRW-Gesundheitsministerium auf Anfrage unserer Redaktion. Der Pflegezuschuss würde in der Bundesstatistik der Sozialhilfe nicht erfasst werden.

Kosten für Pflegeheime dürften im nächsten Jahr stark steigen

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Der Verband der Ersatzkassen und die Deutsche Stiftung für Patientenschutz warnten zuletzt vor weiter steigenden Eigenanteilen – und forderten mehr Unterstützung von Land und Bund. Gründe sind unter anderem die Inflation und höhere Löhne.

„Aber generell wird seit Jahren alles Stückchen für Stückchen teurer – egal an welcher Schraube wir drehen“, weiß Silke Gerling. In diesem Jahr rechne das Essener Diakoniewerk zwar nicht mit „dramatischen Preissteigerungen“. Aber: „Im nächsten Jahr dürfte es deutlich teurer werden. Mit der Folge, dass viele Heimbewohnenden feststellen werden, dass sie sich das selbst nicht mehr leisten können.“

Die Geschäftsleiterin weiß die bisherigen Pflegereformen zu schätzen. „Es ist schon eine Menge passiert. Aber nicht so viel, dass wir für die Zukunft sagen können: Die Pflege ist gesichert“, so Gerling. Sie fordert passende Finanzierungskonzepte. In den letzten 12 Jahren habe es ungefähr 14 neue Gesetze gegeben, sagt sie. „Aber die Bundesregierung muss langfristig planen – und nicht immer nur kurzfristig.“

Das sagt das NRW-Gesundheitsministerium zu den steigenden Kosten

Das NRW-Gesundheitsministerium sagt auf Anfrage unserer Redaktion zu den steigenden Kosten: „NRW betrachtet die gegenwärtige Entwicklung mit Sorge und sieht Handlungsbedarf.“ Das Leistungsrecht der Pflegeversicherung ist bundesrechtlich geregelt. Deshalb hätten die Länder im Juni das Bundesministerium für Gesundheit zu einer Prüfung aufgefordert, „wie außerordentliche Kostensteigerungen bei Pflegeeinrichtungen aufgefangen werden können.“

Derzeit werde unter den Ländern abgestimmt, „gegebenenfalls einen flankierenden und vorgezogenen Beschluss zur gleichen Problematik auch im Rahmen der diesjährigen Konferenz der Ministerinnen und Minister für Arbeit und Soziales einzubringen.“

Wichtig sei, die Entwicklung der Beiträge im Auge zu behalten, aus denen sich die Pflegeversicherung finanziert. „Es muss bei weiteren Reformen ein gerechtes Maß gefunden werden zwischen den von den Betroffenen zu leistenden Eigenanteilen und der Belastung der Beitragszahler in der Pflegeversicherung“, heißt es.