Berlin. Die Zahl der Straftaten ist 2021 in Deutschland erneut zurückgegangen auf etwa fünf Millionen Fälle. Allerdings nicht in allen Bereichen.

Ein Tiefstand bei den Straftaten und eine historisch gute Aufklärungsquote: Die Zahl der in Deutschland registrierten Straftaten ist im vergangenen Jahr erneut zurückgegangen auf gut fünf Millionen Fälle. Fast 60 Prozent der Taten konnten die Ermittler aufklären.

„Wir sind ein sehr sicheres Land und ein starker Rechtsstaat“, sagte Innenministerin Nancy Faeser (SPD) am Dienstag bei Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik 2021. „Doch wo Licht ist, da ist auch Schatten“, fügte Faeser hinzu: Sorgen bereiten der Ministerin die zunehmende Gewalt gegen Polizisten und ein dramatischer Anstieg im Bereich Kinderpornografie.

Lesen Sie hier: Deutsche Ermittler legen Kinderporno-Plattform lahm

Kriminalstatistik: Entwicklung, Opfer und Tatverdächtige

Von 2014 bis 2016 hatten die Behörden jährlich noch jeweils mehr als sechs Millionen Straftaten in Deutschland gezählt. 2021 sank die Zahl der Straftaten um 4,9 Prozent und somit im fünften Jahr in Folge. Die Polizeiliche Kriminalstatistik führt 985.790 Opfer von Straftaten auf, davon sind 58 Prozent männlich und 42 Prozent weiblich.

Fast 80 Prozent sind Erwachsene. Zwei Drittel der ermittelten Tatverdächtigen waren Deutsche, ein Drittel ausländische Staatsbürger, darunter zwölf Prozent Zuwanderer. Drei Viertel der Tatverdächtigen sind männlich. Diese Zahlen sind im Vergleich zum Vorjahr nahezu unverändert.

Auch interessant: Kriminalität: Das besorgt Deutsche am meisten – neue Studie

Weniger Diebstähle - mehr Internetkriminalität

Auch im zweiten Corona-Jahr führte die Pandemie dazu, dass die Kriminalität in manchen Bereichen zurückging: Die Zahl der Wohnungseinbrüche sank erneut deutlich und zwar um 28 Prozent - weil viele Menschen im Homeoffice arbeiteten und zu Hause waren. Nach 75.000 Einbrüchen 2020 waren es im vergangenen Jahr 54.000. Davon wurde ein Fünftel aufgeklärt.

Einbrüche sind während der Pandemie weniger geworden. Die Menschen sind häufiger zu Hause.
Einbrüche sind während der Pandemie weniger geworden. Die Menschen sind häufiger zu Hause. © Olaf Fuhrmann

Die Zahl der Autodiebstähle sank um neun Prozent auf fast 22.000. Insgesamt nahm die Diebstahlkriminalität um knapp zwölf Prozent ab. Der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch, betont jedoch, dass gleichzeitig die Zahl der Straftaten im Netz stark zunimmt: „Eigentumsdelikte sind in den letzten zehn Jahren um 37 Prozent zurückgegangen, die Fallzahlen im Bereich Cybercrime haben sich seit 2015 etwa verdoppelt.“

Lesen Sie auch: Einbruchschutz für Zuhause: Diese Produkte sind sicher

Kriminalstatistik zu Mord, Raub und Körperverletzung

Die Zahl der Gewaltdelikte insgesamt sank um sieben Prozent auf knapp 165.000 Fälle. Davon wurden 80 Prozent aufgeklärt. Die Fälle von Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen gingen um zwölf Prozent zurück, die der Raubdelikte um elf Prozent und die Fälle von gefährlicher und schwerer Körperverletzung um sechs Prozent.

Insgesamt wurden den Behörden im vergangenen Jahr 2.111 Fälle von Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen bekannt. Fast 11.000 Taten fallen im Bereich der Gewaltkriminalität in die Kategorie „Messerangriff“.

Kindesmissbrauch und Kinderpornografie: "Entsetzliches Ausmaß"

Der sexuelle Missbrauch von Kindern nahm um mehr als sechs Prozent zu auf gut 15.500 registrierte Fälle. Die Fälle von Verbreitung, Erwerb, Besitz und Herstellung kinder- und jugendpornografischer Schriften sind um 109 Prozent beziehungsweise 64 Prozent angestiegen. Insgesamt verzeichnen die Ermittler im Deliktsbereich „Verbreitung pornografischer Schriften“ eine Zunahme um 88 Prozent.

Das „entsetzliche Ausmaß“ sexualisierter Gewalt gegen Kinder bereite ihr große Sorgen, sagte Faeser. „Diese Entwicklung müssen wir stoppen.“ Die Ministerin kündigte an, die Ermittlerteams des BKA in diesem Bereich zu stärken.

Lesen Sie dazu: Warum so viele Kindesmissbrauchs-Fälle in NRW bekannt werden

Behörden erhalten Hinweise aus den USA

Der Hauptgrund für diesen starken Anstieg ist, dass die Behörden hierzulande viele Hinweise aus den USA bekommen, wo die Provider von Internetdiensten ihnen bekannt gewordene Fälle an das National Center of Missing and Exploited Children (NCMEC) melden. Das NCMEC übermittelt diese Delikte an die deutschen Behörden, wenn der Tatort in Deutschland liegt.

Pornografische Inhalte werden oft über das Handy verbreitet.
Pornografische Inhalte werden oft über das Handy verbreitet. © dpa | Silas Stein

Münch äußerte die Erwartung, dass die Zahlen in dem Bereich in den kommenden Jahren weiter steigen. Auch durch die transatlantische Zusammenarbeit werde Licht in ein großes Dunkelfeld gebracht.

Kinder und Jugendliche teilen strafbare Inhalte

Bei der Zunahme der Zahlen spielt der Polizeilichen Kriminalstatistik zufolge eine Rolle, dass vor allem Kinder und Jugendliche solche Bilder in Gruppenchats über WhatsApp, Instagram, Snapchat oder Facebook teilen – oft ohne Kenntnis des strafrechtlichen Hintergrunds. Dementsprechend machen Kinder und Jugendliche unter 18 einen Anteil von 40 Prozent der Tatverdächtigen im Bereich „Verbreitung pornografischer Schriften“ aus.

Gewalt gegen die Polizei

Besorgt äußerte sich Faeser auch darüber, dass die Aggression gegen Polizeibeamte steige, vor allem im Zusammenhang mit Protesten gegen die Corona-Politik. Die Polizisten würden geschubst, bespuckt, tätlich angegriffen und gezielt in Hinterhalte gelockt, kritisierte die SPD-Politikerin. Die Zahl der tätlichen Angriffe auf Vollstreckungsbeamte stieg 2020 um sechs Prozent auf fast 17.000 Fälle.

Lesen Sie hier: Politisch motivierte Straftaten nehmen zu – vor allem von rechts

Dieser Artikel ist zuerst auf waz.de erschienen.