Berlin. Der Ukraine-Krieg lässt Energiepreise immer weiter steigen. An den Börsen geht es abwärts. Was das für private Haushalte bedeutet.

Die wirtschaftlichen Erschütterungen durch den Krieg in der Ukraine sind bis nach Deutschland zu spüren. Am Montag, nach einem weiteren Wochenende heftiger Kämpfe in der Ukraine, sprangen die Gaspreise am wichtigen niederländischen Handelspunkt TTF vorübergehend auf 345 Euro für eine Megawattstunde – ein Plus von rund 60 Prozent. Auch die Ölpreise und damit die Kosten für Autofahrerinnen und Autofahrer steigen deutlich. Was bedeuten die Preissprünge für Verbraucherinnen und Verbraucher?

Für viele, die mit Gas heizen, war es schon in den letzten Monaten sehr teuer geworden. Doch die aktuellen Preissteigerungen – etwa beim Berliner Gasversorger Gasag, der am Montag ein Plus von 26 Prozent in der Grundsicherung ankündigte – seien wohl noch nicht das Ende, sagt Thomas Engelke, Leiter des Teams Energie und Bauen beim Bundesverband der Verbraucherzentralen.

„Ich rechne damit, dass die Gaspreise für die privaten Haushalte noch weiter steigen, vielleicht auch stark steigen“, sagte Engelke unserer Redaktion. Die höheren Preise im Großhandel der letzten Monate seien noch nicht komplett an die privaten Haushalte weitergegeben, die Erhöhung erfolge zeitversetzt. „Und jetzt kommen noch weitere Preiserhöhungen dazu.“

Das Entlastungspaket der Ampel ist „aus einem anderen Zeitalter“

Wie viel teurer es für die Endkunden genau wird, könne man aktuell noch nicht sagen. Doch schon jetzt sei klar, dass die Unterstützung der Bundesregierung für Menschen mit wenig Geld nicht reichen wird, so der Experte. Kürzlich, erklärte Engelke, hatten die Verbraucherzentralen berechnet, dass der Zuschuss 500 Euro für Haushalte mit kleinem Einkommen betragen müsste. „Aber das war auf Basis der Januarpreise – der Zuschuss wird jetzt noch einmal deutlich steigen müssen.“

Kurz vor Russlands Überfall auf die Ukraine hatte die Ampel ein Paket geschnürt, um die Belastung der Bürgerinnen und Bürgern durch die damals schon hohen Energiepreise abzufedern. Unter anderem wurde ein Heizkostenzuschuss in Höhe von 135 Euro beschlossen für Menschen, die Wohngeld erhalten. Auch Steuererleichterungen und einen Kindersofortzuschlag für Empfänger von Grundsicherung soll es geben.

„Das mutet jetzt an, als wäre es in einem anderen Zeitalter gewesen, als wir im Koalitionsausschuss zusammengesessen haben“, sagte Grünen-Chef Omid Nouripour am Montag. Er gehe davon aus, dass es weitere Maßnahmen geben müsse, um die steigenden Energiepreise „für schwache Portemonnaies“ auszubalancieren, sagt Nouripour. Dafür brauche es „frisches Geld“.

Finanzminister bremst Hoffnung auf weitere Entlastung

Finanzminister Christian Lindner (FDP) dagegen dämpft Erwartungen hinsichtlich weiterer Entlastungen. „Ich schließe für die weitere Entwicklung dieses Jahres nichts aus. Zum jetzigen Zeitpunkt steht aber keine neue Entscheidung an“, sagte er. Der Staat könne steigende Kosten für Energieimporte nicht auf Dauer kompensieren, sondern allenfalls zeitweilig dämpfen und sozial ausbalancieren.

Doch der Ausgleich auf Dauer sei nötig, sagt der Paritätische Wohlfahrtsverband, vor allem für die Ärmsten. „Die derzeit signifikant steigenden Gaspreise werden sich auch auf andere Güter und Dienstleistungen des täglichen Lebens wie Strom und Lebensmittel auswirken“, sagte Geschäftsführer Werner Hesse unserer Redaktion.

Die damit verbundenen drastischen Mehrkosten könnten sich Menschen, die auf Leistungen zur Existenzsicherung angewiesen sind, nicht leisten. „Deshalb muss es dringend eine entsprechende Erhöhung des Wohngelds und der Grundsicherung geben.“

Dax kracht unter die Marke von 13.000 Punkten

Starke Nerven brauchen derzeit Anlegerinnen und Anleger. Die hohen Energiepreise sorgten an der Börse für einen ordentlichen Rums: Der deutsche Aktienindex Dax verlor zwischenzeitlich bis zu fünf Prozent und fiel auf den tiefsten Stand seit 2020. Binnen anderthalb Wochen verlor der deutsche Leitindex damit knapp 2000 Punkte beziehungsweise rund 14 Prozent.

Am Montagnachmittag setzte der Dax zur Erholung an, schloss aber mit einem Minus von 1,98 Prozent unter der 13.000-Punkte-Marke.

„Es gilt: Panik ist kein guter Ratgeber“, sagte Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank, unserer Redaktion. Der Marktexperte rät Anlegern, ihr Risikoprofil und ihren Anlagehorizont zu überprüfen.

Angesichts der Kurskapriolen an den Börsen wittern manch mutige Investoren womöglich schon Schnäppchen. Aber ist dafür die Zeit schon reif? „Wahrscheinlich ist es wegen der Unsicherheit und der hohen Volatilität kurzfristig noch zu früh, Positionen aufzubauen“, mahnt Stephan. Der Deutsche-Bank-Chefanlagestratege empfiehlt einen „disziplinierten, schrittweisen Einstieg in den Markt.“

Dieser Artikel ist zuerst auf www.waz.de erschienen

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt