Essen. Tausende Neuinfektionen jeden Tag: Wie Versorger, Kliniken, Müllabfuhr und Transportwesen ihren Betrieb sicher stellen. Die Übersicht für NRW.

Die hochansteckende Omikron-Variante des Coronavirus macht inzwischen in NRW etwa jede zweite Neuinfektionen aus. Besonders in Bereichen der sogenannten kritischen Infrastruktur wie Polizei, Energieversorgern oder Kliniken geht die Sorge um, dass es zu vielen Personalausfällen kommt. In NRW arbeiten über 2,6 Millionen Menschen in diesen für das Gemeinwesen zentralen Bereichen.

Das in Bonn ansässige Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe betonte mit Blick auf die Omikron-Variante, Engpässe beim Schlüsselpersonal seien ein realistisches Szenario. Aktuell sei eine starke Belastung lediglich im Gesundheitssektor zu beobachten. Insgesamt äußerste sich das Bundesamt vorsichtig optimistisch, das ausreichend Maßnahmen getroffen worden seien. Um die Funktionsfähigkeit der Kritischen Infrastrukturen aufrechtzuhalten, seien neben Impfungen, Testungen und Hygieneregeln die geplanten neuen Quarantäne- und Isolationsregelungen ein wichtiger Baustein. Bund und Länder hatten sich auf Lockerungen etwa für Geboosterte. Hier geht es zu den einzelnen Bereichen:

  • So bereiten sich Polizei, Feuerwehr und JVA vor: ↓ Zum Thema
  • So planen Emschergenossenschaft und Ruhrverband: ↓ Zum Thema
  • Müllabfuhr passt Arbeitspläne an: ↓ Zum Thema
  • So planen Banken und Mobilfunkanbieter in NRW: ↓ Zum Thema
  • Für Kliniken ist der Personalmangel das größte Problem: ↓ Zum Thema
  • Nahverkehr: So bereiten sich Bogestra, Ruhrbahn, DB Regio und Co. vor: ↓ Zum Thema
  • Transportbranche fährt jetzt schon auf dem Reservereifen: ↓ Zum Thema
  • Stromversorger sehen sich gut vorbereitet: ↓ Zum Thema
  • Supermärkte halten Probleme bei Lieferketten für möglich: ↓ Zum Thema


Corona-Ampel ist gelb: Feuerwehren trennen Teams, Polizei hilft sich

Es wird Unfälle geben, es wird in Häusern brennen, es müssen Menschen gerettet werden – auch wenn Omikron für einen steilen Anstieg der Infektionsfälle bei den Sicherheitskräften sorgen könnte. Die Bochumer Feuerwehr hat ihre Schutzmaßnahmen aufgrund der hochansteckenden Variante modifiziert, aber nicht im großen Stil. Sie setzt auf Prävention, fast die gesamte Belegschaft sei geimpft, sagt Leiter Simon Heußen: „Die Maßnahmen laufen und sind seit fast zwei Jahren ein Thema.“

Der Brandschutz und der Rettungsdienst halten sich in unterschiedlichen Bereichen in der Wache auf – eine Lösung, wie sie etwa auch bei der Ratinger Feuerwehr gilt. In Bochum gibt es eine Corona-Ampel. Derzeit leuchtet sie gelb, das heißt: FFP2-Masken müssen getragen, die Kontakte reduziert werden. Auf Rot würde die Ampel springen, wenn es so viele Ausfälle gäbe, dass der Betrieb nicht weiter möglich wäre. „Davon sind wir mehr als weit entfernt“, betont Heußen.

Ein Großteil der Feuerwehrkräfte ist bereits dreifach geimpft.
Ein Großteil der Feuerwehrkräfte ist bereits dreifach geimpft. © FFS | Kai Kitschenberg

Seine Wache ist eine von 108 Berufsfeuerwehren in NRW. Hinzu kommen 268 rein ehrenamtliche. Je nach Struktur müssen sich die Feuerwehrkräfte unterschiedlich auf Omikron vorbereiten, erklärt Christoph Schöneborn, Landesgeschäftsführer des Verbands der Feuerwehren. Zwei Ziele gebe es dabei für die Wehren: dass die Einsatzbereitschaft aufrechtgehalten wird und dass die Kräfte vor einer Infektion geschützt werden. Positiv könnten geplante Quarantäne-Erleichterungen für Geboosterte sein: Schöneborn rechnet damit, dass ein Großteil der Feuerwehrkräfte dreifach geimpft ist.

Auf die hohe Impfquote verweisen auch Polizeibehörden im Land. Dennoch gilt Vorsicht: Das Innenministerium hat die Kreispolizeibehörden angewiesen, ab Jahreswechsel wieder in Schichtmodellen und in festen Teams zu arbeiten. So wird eine Durchmischung des Personals vermieden. Bei der Polizei Duisburg heißt das nach Angaben von Sprecherin Jacqueline Grahl auch: Auf Streife geht man oft mit denselben Kollegen, wer kann, arbeitet zu Hause. Sollte es zu größeren Personalausfällen kommen, können die Einsatzkräfte regional verschoben werden, teilt das Innenministerium mit. Zu diesem Zweck sei zu Beginn der Pandemie im Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste NRW eine Koordinierungsgruppe eingerichtet worden, die Personalengpässe kurzfristig kompensiert -- es gebe aktuell jedoch keine Hinweise darauf, dass die Einsatzfähigkeit der Behörden aufgrund von Corona beeinträchtigt sein könnte, so das Ministerium.

Kommt es in einer der 36 Justizvollzugsanstalten zu gravierenden und längerfristigen Personalausfällen, können umliegende Gefängnisse unterstützen. Laut Landesjustizvollzugsdirektion ist die Infektionslage bislang aber gut bewältigt worden. Anders als zu Beginn der Pandemie, als über 1000 Haftstrafen in NRW zur Verringerung der Infektionsgefahr unterbrochen worden sind, seien diesmal keine Strafunterbrechungen oder Aufschübe geplant.


Feldbetten stehen bereit: So stellt Wasserwirtschaft Betrieb sicher

Der Essener Ruhrverband stellt mit seinen acht Talsperren die Wasserversorgung von mehr als 4,5 Millionen Menschen sicher und betreibt darüber hinaus 65 Kläranlagen im Land, in denen das Abwasser aus rund 60 Städten gereinigt wird. Seit Jahresbeginn gilt in diesen zentralen Anlagen wieder eine erhöhte Wachsamkeit: Um Ansteckungen mit dem Omikron-Virus zu verhindern, beginnen die Schichten gestaffelt. „Wir wollen damit verhindern, dass sich die einzelnen Gruppen in den Sozialräumen begegnen“, sagte Ruhrverband-Sprecher Markus Rüdel.

Das Klärwerk der Emschergnossenschaft in Bottrop.
Das Klärwerk der Emschergnossenschaft in Bottrop. © www.blossey.eu | ans Blossey

Erfahrene Mitarbeitende seien bereits seit 2020 so auf verschiedene Standorte verteilt worden, dass sie sich im Krankheitsfall vertreten können. Fallen Belegschaften an kleineren Kläranlagen aus, können diese von größeren mitgesteuert werden. Im Fall massiv steigender Infektionszahlen stehen auch Feldbetten, die der Ruhrverband zu Beginn der Pandemie geordert hatte, bereit: Auf freiwilliger Basis würde Beschäftigten dann insoliert von der Außenwelt ihre Arbeit an den großen Kläranlagen oder den zentralen Talsperren verrichten, dort übernachten und auch mit Lebensmitteln versorgt werden. „Auch Infizierte, die keine Symptome haben, könnten in solchen Quarantäneinseln arbeiten. Wir gehen aber davon aus, dass wir nicht so weit gehen müssen“, sagte der Sprecher.

Auch die Lieferketten beobachtet der Wasserverband sehr intensiv: „Ohne Betriebschemikalien oder wichtige Ersatzteile wäre die Funktionsfähigkeit der Anlagen gefährdet. Sobald eine Verknappung am Markt ansatzweise erkennbar wird, werden entsprechende Lagerbestände aufgebaut. Man sieht, dass der Markt für Ersatzteile und Betriebschemikalien knapp wird.“

Auch die Emschergenossenschaft ist vorbereitet: In den Gebäuden der großen Kläranlagen in Dortmund, Dinslaken und vor allem Bottrop stehen für einen Quarantänefall Feldbetten bereit. Das Klären des Abwassers des Emscher-Systems darf nicht ausgesetzt werden, auch Trocknung und Verbrennung des Klärschlamms müssen weitergehen. Falls die Belegschaft tatsächlich vor Ort übernachten muss, plant die Genossenschaft eine Verpflegung, je nach Standort, durch die hauseigene Kantine oder örtliche Cateringdienste.


Müllabfuhr passt Arbeitspläne an

Quellen bald die Mülltonnen über? Ein unwahrscheinliches Szenario, glaubt Bernhard Schodrowski, Sprecher des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE): „Es gibt Schätzungen, wonach die Branche auch bei Quarantäne- oder Krankheitsfällen von 20 bis 30 Prozent durch Omikron wird weiter arbeiten können. Die Unternehmen wissen also, was auf sie zukommen könnte und planen entsprechend.“ So setzen die Entsorgungsbetriebe darauf, Kontakte zu vermeiden. Beim Entsorger Remondis fängt die Belegschaft versetzt an, die Startorte der Fahrzeuge wurden entzerrt und die Besatzungen reduziert.

Die Entsorgung Dortmund (EDG) hat die Arbeitspläne der Müllabfuhr und Straßenreinigung so aneinander angepasst, dass sich Bedienstete nicht mehr auf dem Betriebsgelände begegnen. Die Betriebe könnten im Krisenfall weitere Maßnahmen ergreifen, um die Entsorgung aufrechtzuerhalten. In der Branche gebe es Überlegungen, dass sich Niederlassungen untereinander mit Personal aushelfen könnten. Zudem könnten die Entsorger ihren Abhol-Rhythmus anpassen.


Bei Vodafone sitzt Cyber-Abwehr im Homeoffice

Der jüngste Krisenfall ist für Vodafone nicht lange her: Als im Juli Starkregen für ein verheerendes Hochwasser sorgte, waren auch Funkmasten von Vodafone betroffen. Der Krisenstab kam sofort zusammen. „Wir können schnell reagieren“, sagte Sprecher Volker Petendorf. Personalausfälle will man vermeiden. Der Sprecher verweist auf die „extrem hohe“ Impfbereitschaft und eine 100-prozentige Homeoffice-Quote. Auch Cyberabwehr und Netzüberwachung funktionierten so. Falls doch Personal ausfällt, greifen Notfallpläne, die er aber nicht näher erläutert.

Geldhäuser und Banken bereiten sich ebenfalls vor. „Bei uns sind seit Anfang Januar die Teams, die hochkritische und kritische Prozesse verantworten, räumlich getrennt und Arbeitsplätze in das Home-Office verlagert worden“, sagt Sylvia Twiehoff, Pressesprecherin der Sparkasse Essen. Die Impfquote im Haus sei hoch, die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger mit Bankdienstleistungen gesichert.


Kliniken sehen Personalnöte als größtes Problem

Für viele der rund 340 Krankenhäuser im Land galt in den vergangenen 22 Monate immer wieder der Ausnahmezustand. „Auch künftig müssen wir weiterhin sehr achtsam sein“, betonte Prof. Dr. Christoph Hanefeld, Geschäftsführer des Katholischen Klinikums Bochum mit rund 5200 Beschäftigten und 1600 stationären Betten an sechs Standorten in der Region. Hoher Druck herrsche nicht nur auf den meist im Vordergrund stehenden Intensivstationen, sondern zunehmend auf weiteren Stationen wie der Infektionsstation im Bochumer St. Josef-Hospital.

„In der ersten Pandemiewelle waren Beatmungsgeräte, Schutzausrüstung und einige wichtige Medikamente Mangelware, in der Omikron-Welle wird das Personal unser großes Problem werden. Deshalb sind strikte Hygieneregeln, um Ansteckungen zu verhindern, entscheidend.“ Hanefeld betont, dass es bislang nur vereinzelte Infektionsübertragungen innerhalb des Klinikums gegeben habe.

Prof. Dr. Christoph Hanefeld vom St. Josef-Hospital Bochum.
Prof. Dr. Christoph Hanefeld vom St. Josef-Hospital Bochum. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Personalnöte seien an manchen Stellen bereits zu spüren: Corona-Patienten mit leichterem und mittelschwerem Verlauf nehmen auch in Bochum zu, zugleich habe es unter den bisherigen Quarantäneregelungen in einzelnen Bereichen Engpässe gegeben – auch, weil Eltern wie jetzt zum Schulstart ihre Kinder nach Positivtestungen in den Klassen zu Hause betreuen mussten. Die neuen Quarantäneregelungen, nach denen geboosterte Kontaktpersonen ohne Symptome nicht mehr unter Quarantäne gestellt werden, werde Erleichterung schaffen. „Wie lange, wird sich zeigen.“

In allen Kliniken gibt es eintrainierte Notfall- und Krisenpläne. Der Corona-Krisenplan im Bochumer Klinikum hat fünf Stufen. Fallen zu viele Beschäftigte aus, könne Personal zu einem gewissen Grad umgeschichtet werden. Operationen zu verschieben und Stationen zu schließen sei indes gerade an den beiden Uniklinik-Standorten des Hauses nur schwer umzusetzen: „Viele Operationen können Sie gar nicht verschieben, etwa bei Krebserkrankungen.“ - „Wenn absolut nichts mehr geht, kann es auch sein, dass symptomfreie infizierte Beschäftigte auf den Corona-Stationen weiterarbeiten können“, so Hanefeld. Bereiche wie Apotheke oder Küche könnten zudem isoliert werden.

An den NRW-Krankenhäusern gibt es ein striktes Testregime, um Ansteckungen zu vermeiden. Die Häuser verweisen zudem auf hohe Impfquoten. Vielfach gibt es strenge Pausenregeln, etwa, dass in Pausenräumen nur ein Mitarbeiter essen darf und die anderen im Raum Maske tragen müssen. In den Evangelischen Kliniken Oberhausen und Mülheim, die zur Ategris-Gruppe gehören, gilt eine generelle FFP2-Maskenpflicht. Krankenhäuser in Dortmund gehen noch einen Schritt weiter: Dort gilt seit dieser Woche ein Besuchsstopp.


Busse und Bahnen fahren nur im Extremfall seltener

Gut vorbereitet auf eine Omikron-Welle sehen sich die Verkehrsbetriebe. Ob Bogestra, Ruhrbahn, Duisburgs DVG oder DB Regio: Als Unternehmen der kritischen Infrastruktur bereite man sich seit Wochen auf mögliche Krisen-Szenarien vor, heißt es überall. Beispiel DVG: Die Duisburger Verkehrsgesellschaft setzt für den Notfall auf ehemalige Beschäftigte, etwa solche in Altersteilzeit. Sie könnten einspringen, wenn durch Erkrankungen so viele Mitarbeiter ausfallen, dass Schichten nicht mehr besetzt werden können, so DVG-Sprecherin Kathrin Naß. Zudem gebe es Konzepte, Mitarbeiter durchgehend vor Ort in hochsensiblen Bereichen wie den Leitstellen über einen längeren Zeitraum auf dem Konzerngelände unterzubringen und zu versorgen.

Eine komplette Einstellung des Nahverkehrs ist nicht zu befürchten.
Eine komplette Einstellung des Nahverkehrs ist nicht zu befürchten. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Bei der Dortmund DSW21 setzt man auf einen mehrstufigen Plan: Je nach Stärke der Omikron-Welle sind getrennten Teams und Schichtdienstmodellen in den Werkstätten, Verschiebungen nicht notwendiger Wartungsarbeiten, punktuelle Taktausdünnung und im Extremfall eine Anbindung der Außenbezirke tagsüber wie in der Nacht eingepreist. Eine komplette Einstellung des ÖPNV stehe allerdings nicht zu befürchten, beruhigt Stadtwerkesprecher Frank Fligge. Dazu hätten auch die neuen Isolations- und Quarantäneregeln beigetragen.

Auch auf Straßen und Autobahnen soll es möglichst nicht zu Einschränkungen kommen. „In unseren Leitzentralen arbeiten die Mitarbeiter in festen Teams, so dass Ausfälle besser kompensiert werden können als im wechselnden Schichtdienst“, sagt Anton Kurenbach von der Autobahn GmbH Westfalen. Im Notfall sollen sich Autobahnmeistereien gegenseitig unterstützen.


Transportbranche warnt: „Wir haben keine Reserven mehr“

Sorgenfalten treibt die Aussicht auf die befürchtete Omikronwelle den Transportunternehmern auf die Stirn. Kommt es in Deutschland angesichts wieder sprunghaft steigender Infektionszahlen zu Bildern mit leergefegten Lebensmittelregalen, langen Autoschlangen vor Tankstellen und Armee-Soldaten als Aushilfsfernfahrer wie im vergangenen Herbst in Großbritannien? Ausgearbeitete Notfallpläne im klassischen Sinn jedenfalls hat die Branche derzeit nicht in den Schubladen liegen. Wie auch.

„Es gibt keine Reserven für den Fall, dass Personal in nennenswerter Zahl ausfällt“, sagt Marcus Hover vom Verband Verkehrswirtschaft und Logistik (VVWL), der in Nordrhein-Westfalen 2000 Mitgliedsfirmen mit rund 180.000 Beschäftigten vertritt. Angesichts des seit Jahren immer stärker werdenden Fahrermangels gebe es bei den meisten Logistikern und Spediteuren in Dienstplänen kaum noch Luft nach oben. Hover: „Wir sind auf Kante genäht.“ Am ehesten könne man noch Lagertätigkeiten reduzieren. Der VVWL-Sprecher appelliert an Betriebe, Lkw-Fahrern bei der Anlieferung nicht noch das Abladen abzuverlangen, sondern eigenes Lagerpersonal einzusetzen und den Fahrern dadurch Ruhepausen zu ermöglichen.

Kommt es zu einem erhöhten Kranken- oder Quarantänestand, werde die Logistik aber wohl nicht mehr „in vollem Umfang“ zur Verfügung stehen. Hover: „Das kann schon dazu führen, dass im Supermarktregal mal die Lieblingsmilch fehlt und es zu Lieferengpässen und -ausfällen im produzierenden Gewerbe kommt.“

Erschwerend sei, dass fast 30 Prozent der berufsmäßigen Lkw-Fahrer in Deutschland ungeimpft seien oder als ungeimpft gelten. Das Problem: Brummipiloten kommen bevorzugt aus Mittel- und Osteuropa und sind mit dem russischen Impfstoff Sputnik geimpft, der in der EU nicht anerkannt wird.

Auf ein Worst-Case-Szenario im Transportbereich sei Deutschland aber immerhin vorbereitet. „Im absoluten Krisenfall würde das Bundesamt für Güterverkehr eingreifen und Entscheidung treffen, welche Güter bevorzugt transportiert werden müssen und welche nicht“, so der Verbandssprecher. Auch die Requirierung privater Fahrzeuge durch den Staat sei dann denkbar. Zu den Aufgaben der Kontrollbehörde mit Sitz in Köln gehört die Sicherung der Marktordnung im Straßengüterverkehr und die zivile Notfallversorgung im Krisenfall. „Zu so einem Fall ist es in der Bundesrepublik aber noch nie gekommen, nicht einmal während der Flutkatastrophe“, betont Hover.


Stromversorger könnten Mitarbeiter vor Ort unterbringen

Ganz am Anfang der Pandemie, im März 2020, musste der Essener Stromkonzern Eon Feldbetten aus dem Lager holen. Sie gingen an das Tochterunternehmen Bayernwerk, damit Mitarbeitende der hochsensiblen Netzleitwarte übergangsweise am Arbeitsplatz übernachten konnten – abgeschottet vom Rest der Welt. Jetzt sorgt die Omikron-Virusvariante für ähnliche Überlegungen. „Im Rahmen der Vorbereitung auf alle denkbaren Krisenszenarien ziehen wir verschiedene Maßnahmen in Betracht, unter anderem haben wir auch die Möglichkeit einer vorübergehenden Unterbringung von Mitarbeitenden direkt am Standort berücksichtigt“, teilte Eon mit. Und betonte: Derartige Maßnahmen seien aber bislang nicht umgesetzt.

In Energieunternehmen ist man vorsichtig optimistisch, gut vorbereitet zu sein. Stets wird betont, dass sich Unternehmensführung und Beschäftigte ihrer besonderen Verantwortung sehr bewusst seien. Zu den ergriffenen Maßnahmen, um Ansteckungen innerhalb ihrer hochsensiblen Bereiche zu verhindern, gehören neben dem Verweis auf hohe Impfraten mobiles Arbeiten, wo das möglich ist, und das Bilden kleinerer Schichtmannschaften. Zu konkreten Notfallplänen äußert man sich naturgemäß zurückhaltend. Eon betont, für alle Standorte existieren „bis ins Detail ausgearbeitete Krisenszenarien, um auch in pandemiebedingten Extremsituationen den reibungslosen Betrieb zu gewährleisten“. Der Essener Energieversorger RWE erklärt: Fällt an einem Standort eine größere Anzahl von Beschäftigten aus, würden Aufgaben priorisiert.

Systemrelevant sind auch die Übertragungsnetzbetreiber, die dafür sorgen, dass sich Erzeugung und Verbrauch im Gleichgewicht befinden. Zu den großen vier zählt Amprion (Dortmund). „Wir sind optimistisch, dass wir gut vorbereitet sind“, sagte ein Sprecher mit Blick auf die Omikron-Variante. Amprion geht davon aus, Ausfallquoten von maximal 30 Prozent im Personal stemmen zu können. Das gelte es aber zu verhindern. In den Hauptschaltleitungen, dem „Herz der Systemführung“, wird kontinuierlich die Luft ausgetauscht, Geräte werden nach den Schichten desinfiziert. Kontakte gibt es bei den Übergaben mit Maske und Abstand.

Konkreter werden die kommunalen Stadtwerke. Die Stadtwerke Essen etwa investieren seit vier Monaten in Fortbildungen, um auf größere Personalausfälle vorbereitet zu sein. Fachkräfte, die zu einem früheren Zeitpunkt in den sensiblen Bereichen der Leitwarte oder im Entstörungsdienst eingesetzt waren, haben so ihr Wissen aufgefrischt und können im Ernstfall bei den 24/7-Diensten wieder einspringen. Von der Leitwarte aus wird das komplette Netz gesteuert. Für den Ernstfall gibt es nach Angaben eines Sprechers zudem in einem anderen Teil des Stadtwerke-Gebäudes eine Notzentral-Warte, so dass man an zwei Stellen agieren könne.


Aldi und Edeka schließen Auswirkungen auf Lieferketten nicht aus

Auch die Lebensmittelbranche stellt sich mit Notfallplänen auf Liefer- und Personalengpässe ein. „Es ist nicht auszuschließen, dass die Verbreitung der Omikron-Variante Auswirkungen auf die Abläufe in den Lieferketten haben kann“, teilt Aldi-Süd mit. „Die Verfügbarkeit von Lebensmitteln sehen wir jedoch als gesichert an.“ Ähnlich äußert sich Edeka Rhein-Ruhr mit knapp 1000 Märkten in der Region. Der Handelskonzern Rewe erklärt, dass notfalls zusätzliche Mitarbeitende in den operativen Bereichen eingesetzt werden könnten. Vorbeugend wurden die Kapazitäten für die Lager hochgefahren.