Berlin. Die Ampel hat sich ambitionierte Ziele beim Wohnen gesetzt. Doch sie reichen noch nicht aus, um zukünftig Mieten bezahlbar zu halten.
1,6 Millionen neue Wohnungen binnen vier Jahren: Es ist ein Ziel, das aufhorchen lässt, das ambitioniert ist. Sollte die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP zustande kommen und ihre im Sondierungspapier festgehaltenen Vorhaben umsetzen, will sie beim Wohnungsbau eine Schippe drauflegen.
100.000 neue Wohnungen mehr als die Vorgängerregierung will das sich abzeichnende Dreierbündnis bauen – dabei war die große Koalition schon am Ziel von 1,5 Millionen neuen Wohnungen gescheitert und bediente sich Rechentricks, um die eigens gesteckte Vorgabe als erfüllt zu betrachten.
Miete: Ampel setzt sich gewagte Ziele
Die Ampel-Verhandler aber wollen das Ziel erreichen. Und nicht nur das: Viermal mehr Sozialwohnungen als bisher sollen entstehen. Es sind mutige Versprechen in Zeiten, in denen die Bauwirtschaft bereits auf Volllast läuft und weitere Aufträge mitunter ablehnen muss. In denen der Materialmangel die Baukosten explodieren lässt. Und in denen Bauämter, die oft im analogen Zeitalter stecken geblieben sind, im Buhlen um Fachpersonal regelmäßig den Kürzeren ziehen gegen Architektenbüros und Wohnungskonzerne.
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Bei aller Ambition: Es ist zugleich der kleinste gemeinsame Nenner. Tausende ziehen bereits wieder bei regelmäßigen Demonstrationen durch die Straßen, um gegen zu hohe Mieten zu demonstrieren. In Berlin stimmte eine Mehrheit für die irrwitzige und kaum finanzierbare Idee, große Wohnungskonzerne gegen Milliardenentschädigungen enteignen zu wollen.
Wohneigentum wird für viele unerschwinglich
Die Stimmung ist bei Mieterinnen und Mietern, von denen insbesondere in den Metropolen viele mittlerweile über die Hälfte ihres Einkommens für das Wohnen ausgeben, gereizt. Hinzu kommt, dass der Wohnraum oft nicht bedarfsgerecht verteilt ist. Ältere Personen ziehen aus zu groß gewordenen Wohnungen nicht mehr aus, weil selbst die Zwei-Zimmer-Wohnung nun teurer ist als der alte Mietvertrag in der dreimal so großen Wohnung. Von der Forderung nach einem Recht auf Wohnungstausch ist allerdings nichts mehr zu hören.
Familien treibt es mitunter immer weiter in die Peripherie, weil die geeignete Stadtwohnung nicht bezahlbar ist. Und selbst in ländlicheren Regionen verzweifeln viele bei der Suche. Frustrierend wird es auch für die junge Generation: Weil die Kaufpreise noch schneller als die Mieten steigen, rückt der Traum vom Eigenheim für viele zudem in unerreichbare Ferne.
Neubau hilft perspektivisch
SPD und Grüne hatten im Wahlkampf damit geworben, stark steigende Mieten stoppen zu wollen, etwa mit Obergrenzen. Die FDP lehnt einen solchen Eingriff in den Markt naturgemäß ab. Einig ist man sich, dass der Neubau hilft. Bei einem größeren Angebot sinken die Preise – Marktlehre in Reinform.
Ein deutlich größeres Angebot ist tatsächlich die einzige sinnvolle Option, um immer weitgehendere regulatorische Eingriffe oder auch schon Forderungen nach extremen Mechanismen wie einem Mietenstopp oder einem Mietendeckel gänzlich überflüssig zu machen. Das Ziel, massiv in den Sozialwohnungsbau zu investieren und auch der Wohngemeinnützigkeit eine neue Chance zu geben, ist dafür der richtige Weg. Aber es braucht mehr als nur Neubau.
Frage nach Ausgleich bei Gebäudesanierungen bleibt offen
Völlig offen ist, wie Mieterinnen und Mieter vor hohen Kosten im Zuge der energetischen Gebäudesanierung geschützt werden können. Will Deutschland seine Klimaziele erreichen, ist eine Renovierungswelle nötig. Das sorgt im Umkehrschluss für steigende Mieten, damit sich die Investition für Vermieter überhaupt lohnt. Gibt es hier keinen Ausgleich, droht die Belastung insbesondere für einkommensschwache Haushalte überbordend zu werden.
Soziale Abfederungen wie auch der Neubau werden am Ende Milliarden kosten. Um die Konflikte auf dem Wohnungsmarkt zu entschärfen, ist es am Ende gut angelegtes Geld.