Berlin. Armin Laschet erklärt Bereitschaft zum Rücktritt. Unsere exklusive Umfrage zeigt, wen sich die Bürger als Nachfolger vorstellen können.
- Armin Laschet hat seinen Rückzug von der CDU-Parteispitze angedeutet
- Doch wer könnte dem gescheiterten Kanzlerkandidat folgen?
- Das denken die Deutschen über die Nachfolge Laschets
CDU-Chef Armin Laschet hat am Donnerstagabend seine Bereitschaft zum Verzicht auf den Parteivorsitz erklärt und die Einberufung eines Parteitages zur personellen Neuaufstellung der CDU angekündigt.
Die interne Debatte um seine Nachfolge ist dabei schon längst im Gespräch. Auch Vertraute aus seinem NRW-Landesverband rücken vom glücklosen Kanzlerkandidaten ab, öffentlich und eindringlich ermahnt ihn Wolfgang Bosbach zum Rückzug.
Allerdings: Wenn Laschet tatsächlich nicht mehr CDU-Vorsitzender ist, ist für die Partei noch nicht viel gewonnen.
Denn derzeit genießt keiner der potenziellen Nachfolger an der CDU-Spitze bei den Bürgern großes Vertrauen. Das zeigt eine exklusive Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar für unsere Redaktion.
Röttgen liegt in der Umfrage vorn und hat Luft nach oben
Danach wäre der CDU-Außenexperte und frühere Umweltminister Norbert Röttgen zwar ganz knapp in der Favoritenrolle, wenn es darum geht, wen die Deutschen für geeignet als CDU-Chef halten. Aber selbst hinter dem 56-jährigen Juristen versammeln sich aktuell nur 32 Prozent der Befragten und nicht einmal die Hälfte der Unions-Anhänger.
Wer immer also den CDU-Vorsitz anstrebt, wird hart kämpfen müssen – um Unterstützung in der Union und um Vertrauen bei den Wählern. Die Umfrage zeigt auf den ersten Blick ein knappes Rennen unter den bekannten Bewerbern.
Dicht hinter Röttgen liegt Ex-Fraktionschef Friedrich Merz, den 31 Prozent der Bürger für geeignet halten, und Gesundheitsminister Jens Spahn mit 30 Prozent. Aber auch dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer trauen 30 Prozent die CDU-Führung zu.
Abgeschlagen dagegen sind der schleswig-holsteinische Regierungschef Daniel Günther (17 Prozent) und die CDU-Vize Silvia Breher aus Niedersachsen, die auf 10 Prozent der Stimmen kommt.
Ein zweiter Blick bringt auffallende Stärken und Schwächen der Bewerber zutage. Röttgen, der im Rennen um den Parteivorsitz beim CDU-Parteitag im Januar auf Platz drei hinter Laschet und Merz landete, wäre am ehesten ein Konsenskandidat für die Mitte – einer, der über die Parteigrenzen hinaus Anerkennung genießt.
Zwar ist auch bei ihm die Gruppe jener, die ihn derzeit als nicht geeignet bewerten, mit 41 Prozent größer als die der Unterstützer. Aber bei Anhängern der Union (46 Prozent), der FDP (46), der SPD (44) und sogar der Linken (40) überwiegen die positiven Urteile die negativen.
Merz polarisiert weiterhin
Und es gibt für Röttgen, der aktuell als intellektuelles Gesicht der Union durch die Talkshows zieht, Potenzial nach oben: Immerhin ein Viertel der Bürger hat bislang keine Meinung über ihn, bei den Frauen sogar ein Drittel. Die stärkste Unterstützung hätte Röttgen bei den über 60-Jährigen, regional vor allem in Nordrhein-Westfalen, Berlin und in Baden-Württemberg.
In vielen Facetten das gegenteilige Bild liefert Friedrich Merz. Der 65-jährige Jurist polarisiert mehr. 48 Prozent der Befragten halten ihn für nicht geeignet. Merz besitzt andererseits unter den Unionsanhängern, auf die es ja vor allem ankäme, mit 49 Prozent noch das größte Vertrauen unter allen abgefragten Kandidaten.
Er wäre zugleich der Idealkandidat für FDP-Wähler, bei denen er mit 66 Prozent die stärkste Unterstützung hat. Aber auch AfD-Anhänger stehen mit 56 Prozent hinter ihm, von den SPD-Anhängern halten ihn noch 36 Prozent als CDU-Chef für geeignet, bei Grünen und Linken dagegen nur etwa jeder siebte.
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Der bekennende Konservative hat eine deutlich größere Zustimmung bei Männern als bei Frauen, zugleich ist das Altersgefälle unter den Sympathisanten signifikant: Bei den unter 30-Jährigen unterstützen den Sauerländer 17 Prozent, bei den über 60-Jährigen 38 Prozent. Die Zustimmung nimmt mit dem Bildungsgrad ab, Hauptschul-Absolventen halten Merz zu 38 Prozent für geeignet, Abiturienten und Hochschulabsolventen zu 28 Prozent. Seine Hochburgen hätte Merz in NRW sowie in Sachsen und Thüringen.
CDU-Vize Jens Spahn hatte im Januar beim Parteitag auf die Kandidatur verzichtet, nun trauen ihm 30 Prozent der Bürger den CDU-Vorsitz zu. Die Ablehnung ist mit 55 Prozent aber so stark wie bei keinem anderen Kandidaten in dieser Umfrage, was wohl auch mit Spahns Amt als Gesundheitsminister in Corona-Zeiten zu tun haben dürfte.
Auffallend: Auch mehr als die Hälfte der Unionsanhänger (55 Prozent) hält Spahn für nicht geeignet, 41 Prozent von ihnen äußern sich dagegen positiv – selbst bei SPD-Anhängern ist das Vertrauen in Spahn mit 44 Prozent größer. Deutliche Ablehnung erfährt der 41-Jährige bei der Linken und der AfD, aber auch bei Grünen und FDP.
Kretschmer hat schwachen Rückhalt unter Unionsanhängern
Regional hat der Münsteraner die größten Unterstützer in NRW (41 Prozent) und in Berlin (40 Prozent); in den neuen Ländern dagegen halten Spahn nur 21 Prozent der Befragten für geeignet, zwischen 69 und 72 Prozent sagen dort Nein. Bei den Jungen bis 29 Jahren und den Senioren ist die Zustimmung am größten, aber in keiner Altersgruppe überwiegen die positiven Bewertungen.
Michael Kretschmer, der Dresdner Regierungschef, ist in dieser Umfrage der einzige Ostdeutsche - und schlägt sich relativ gut. Der 46-jährige Wirtschaftsingenieur wird offenbar als Mann des Ausgleichs wahrgenommen. Der Anteil der Bürger, die ihn klar als CDU-Chef ablehnen, ist deutlicher geringer als bei Spahn und Merz, die Zustimmung ist allen Altersgruppen und bei beiden Geschlechtern ungefähr gleich.
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Größtes Manko: Kretschmers Rückhalt unter Unionsanhängern (34 Prozent) ist vergleichsweise schwach und sogar geringer als bei SPD-Unterstützern (38 Prozent). Größte Zustimmung hat er in Sachsen und Thüringen, moderate Unterstützung im Norden und in Bayern, schwachen Rückhalt dagegen in Nordrhein-Westfalen und im Südwesten.
Allenfalls als Außenseiter würden aktuell der Kieler Regierungschef Daniel Günther und die niedersächsische Bundestagsabgeordnete Silvia Breher ins Rennen um den Parteivorsitz gehen. Allerdings: Jeweils etwa die Hälfte der Befragten hat (noch) gar keine Meinung, ob die beiden als CDU-Chef geeignet wären.
Breher hat wenig Zustimmung bei über 60-Jährigen
Bei Günther und Breher fällt auf, dass ihnen das Amt mehr SPD-Anhänger als Unions-Freunde zutrauen und der Rückhalt im Osten und in Bayern nur jeweils einstellige Prozentwerte erreicht.
Für die 46-jährige Parteivize Breher, deren Markenzeichen eine trendige Frisur im Punk-Stil ist, zeigt sich zugleich die Kehrseite ihres jugendlichen Profils: Sie ist die einzige, deren Zustimmungswerte mit dem Alter der Befragten kontinuierlich und deutlich abnehmen. Von den über 60-Jährigen trauen Breher nur fünf Prozent den Vorsitz zu.