Berlin. Das Wahlergebnis ist ein Desaster für die Union. Einmal mehr kann die FDP nun zum Zünglein an der Waage werden. Ein Kommentar.
Was für ein dramatisches Finale. Bei der Wahl zum 20. Deutschen Bundestag hat die Union eine halsbrecherische Aufholjagd hingelegt und es hat gerade für ein de-facto-Patt gereicht. Obwohl die Union nach sechzehn Jahren Regierung von Angela Merkel den strategischen Vorteil des Amtsbonus auf ihrer Seite hatte, konnte sie nichts daraus machen.
Für Armin Laschet ist es ein weiterer Schlag. Schon sein Wahlkampf war eine Horror-Tour, angefangen mit dem brutalen Kampf gegen den CSU-Vorsitzenden Markus Söder um die Spitzenkandidatur bis zur letzten Minute der Stimmabgabe. Nur mit viel Glück konnten die Stimmen von Laschet und seiner Frau trotz eines Formfehlers gewertet werden.
Bundestagswahl: Ergebnis ist Desaster für Union
Das Wahlergebnis ist - mit oder ohne den Stimmen des Ehepaares Laschet - in absoluten Zahlen ein Desaster für die Union. Keine Partei muss so hohe Verluste verkraften wie CDU und CSU. Die langjährige Regierungspartei hat viel Vertrauen bei Wählerinnen und Wählern verspielt - und wird etliche gute Männer und Frauen, reichlich Einfluss sowie finanzielle Mittel verlieren.
Die Analyse, wie es dazu kommen konnte, wird viel Raum brauchen, und schmerzhaft sein. Nicht jeder wird das politisch überleben. Mit diesem Bild in der Öffentlichkeit wird die CDU auf Dauer nicht bestehen können, dasselbe gilt für die CSU. Aber dennoch gilt in der Demokratie immer noch: Wem es gelingt, eine Regierung zu bilden, der stellt den Kanzler.
Olaf Scholz und die SPD waren vor Monaten bereits totgeschrieben. Niemand gab noch einen Pfifferling auf die älteste deutsche Volkspartei. Jetzt haben die Sozialdemokraten den Vorsprung zwar nicht gehalten, aber sie sind sprichwörtlich auf Augenhöhe mit der Union. Das verdankt die Partei einem nervenstarken Kandidaten, der kaum Fehler und viel Zuversicht produzierte.
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Schwäche der Linken macht Rot-Grün-Rot unmöglich
Aus dem guten Ergebnis leitet Olaf Scholz seinen Regierungsanspruch ab und ihm ist egal, wer am Ende das Quentchen vorne liegt. Auch Laschet will regieren, wenn seine Gegner in der Union ihn nicht stoppen. Es wäre nicht das erste Mal in der deutschen Nachkriegsgeschichte, dass der Zweitgrößte die Regierung stellt. Das hat schon Helmut Kohl unter umgekehrten Vorzeichen bitter erfahren.
Wer mit wem regieren wird, steht allerdings noch in den Sternen. Die FDP ist dieses Mal zwar zu „Jamaika“ bereit, aber die Grünen zieren sich bei dieser Konstellation. Ihr Wunschpartner ist Olaf Scholz und die SPD, das hat man sich jetzt öffentlich häufig versichert. Diese Präferenz zu drehen, wird den Grünen, die sich von dieser Bundestagswahl so viel mehr versprochen hatten, sehr schwer fallen.
Die Schwäche der Linken macht ein rot-grün-rotes Bündnis unmöglich. Diese Entscheidung haben die Wählerinnen und Wähler Olaf Scholz abgenommen.
Einmal mehr in der Geschichte kann die FDP unter Christian Lindner zum Zünglein an der Waage werden. Entweder in einer Jamaika-Koalition unter Armin Laschet oder in der „Ampel“ unter Olaf Scholz. In jeder Konstellation gibt es aber einen Widerspenstigen - daher werden die Verhandlungen über eine neue Regierung langwierig und hart.
Bitter bleibt das gute Abschneiden der sogenannten „Alternative für Deutschland“. Die Rechtspopulisten haben zwar leicht verloren, konnten sich trotz einer schwachen Legislaturperiode mit armseliger Bilanz im Bundestag aber festsetzen.
Gauland, Weidel und Co. werden also auch die nächsten vier Jahre die Demokratie in Deutschland auf die Probe stellen. Einer geschwächten Union wird es dabei noch schwerer fallen, Stammwählerinnen und -wähler von der AfD zurückzuholen.