Berlin. Wer sind die Vorreiter, wer die Bremser beim globalen Klimaschutz? Eine nähere Betrachtung führt zu einem überraschenden Ergebnis.

Es ist eine globale Herausforderung. Für heute haben die Aktivisten von Fridays for Future zu Klimastreik und Kundgebungen aufgerufen, um kurz vor der Bundestagswahl Druck zu machen – für effektiven Klimaschutz. Will die Welt die Erwärmung des Planeten auf 1,5 Grad oder wenigstens zwei Grad beschränken, müssen die CO2-Emissionen global auf null gesenkt werden – bis Mitte des Jahrhunderts.

Darum soll es auch bei der Weltklimakonferenz im schottischen Glasgow im Herbst wieder gehen. Jedes Land muss dazu beitragen. Doch während einige sich auf den Weg gemacht haben in Richtung Klimaneutralität, stehen andere auf der Bremse. Wo die Vorbilder sind – eine Auswahl.

Marokko

Der Ökostrom kommt aus der Moschee. In Marokko gibt es mehr als 55.000, jedes Jahr werden neue errichtet. Auf ihren Dächern entstehen flächendeckend Solaranlagen. Die „grünen Moscheen“ versorgen sich selbst mit Strom und speisen die restliche Elektrizität ins Netz ein. Das nordafrikanische Königreich arbeitet daran, zum Vorreiter beim Klimaschutz zu werden: Bis 2030 sollen in Marokko 52 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen kommen.

Ende 2020 lag ihr Anteil bei rund 40 Prozent. Dazu trägt vor allem „Noor“ (Licht) bei. In der Wüste bei Ouarzazate steht auf einer Fläche von mehreren Tausend Fußballfeldern einer der größten Solarkomplexe der Welt – mit Unterstützung aus Deutschland. Gleichzeitig wachsen die Windparks an der Küste.

Auch in Kooperation mit Deutschland startete 2020 ein weiteres ehrgeiziges Projekt, mit dem Marokko zum Weltmarktführer bei der Herstellung von „grünem“ Wasserstoff werden will. Die Pläne für den Bau eines ersten Hybridkraftwerks mit einer eigenen Meerwasserentsalzungsanlage und einem 100-Megawatt-Elektrolyseur sind schon weit vorangeschritten. Doch die jüngste diplomatische Krise zwischen Rabat und Berlin hat nicht nur dieses Projekt zum Stocken gebracht. Der Westsahara-Konflikt belastet die bisher enge Partnerschaft. Auch beim Kohleausstieg hapert es. Gerade erst wurde ein Kohlekraftwerk fertiggestellt.

Costa Rica

Vor allem im Tourismus ist Costa Rica bekannt für Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit. Auch im Klimaschutz hat sich das kleine zentralamerikanische Land viel vorgenommen. 2015 kündigte es an, bis 2021 klimaneutral werden zu wollen. Anfang 2019 legte die Regierung aber einen aktualisierten „Nationalen Dekarbonisierungsplan“ vor, wo nun 2050 als Zielmarke genannt wird.

Trotzdem ist Costa Rica bei Umweltschutz und der Klimaneutralität viel weiter fortgeschritten als die Nachbarstaaten. Jetzt soll es vor allem der Öl- und Gasförderung an den Kragen gehen. Umweltschutzverbände und grüne Politiker treiben Gesetzesvorhaben voran, wonach diese fossilen Brennstoffe künftig im Boden bleiben sollen. Hinter der Initiative stehen 150 Unternehmen und Organisationen. Auch Präsident Carlos Alvarado stützt ein grünes Costa Rica. Er wurde 2018 auch deshalb zum Präsidenten gewählt, weil er ankündigte, sein Land zum Vorreiter in Sachen Klimaneutralität zu machen. Seinen Strombedarf deckt Costa Rica seit Jahren fast komplett aus erneuerbaren Energien, vor allem aus Wasserkraft.

Vereinigtes Königreich

Als Gastgeberland der Klimakonferenz nimmt Großbritannien in der Klimadebatte eine wichtige Rolle ein. Premier Boris Johnson will als Vorbild gelten. Derzeit plant die Regierung, die Emissionen von Kohlenstoffdioxid bis 2030 um 68 Prozent gegenüber dem Wert von 1990 zu senken, bis 2035 sogar um 78 Prozent. Die Klimaneutralität soll 2050 erreicht sein. Die Regierung spricht vom „weltweit ambitioniertesten Klimaziel“ und will das etwa durch massive Investitionen in erneuerbare Energien erreichen, vor allem Offshore-Windkraft, sowie die Umstellung auf Elektroautos.

Das Land hat schon einen guten Teil des Weges zu Zero Carbon zurückgelegt. Laut der Webseite Carbon Brief lagen die Emissionen von Treibhausgasen 2020 mit 51 Prozent unter dem Niveau von 1990. Das ist teilweise der Corona-Pandemie zu verdanken. Dennoch sind die Fortschritte Großbritanniens beachtlich. Das Land hat sich von der Kohlekraft verabschiedet und insbesondere in Windfarmen, Solar- und Bioenergie-Anlagen investiert. 2020 erzeugten erstmals erneuerbare Energien mehr Elektrizität als fossile Brennstoffe.