Tel Aviv/Berlin. Israel beginnt jetzt mit der Auffrischung für Über-60-Jährige. Auch in Deutschland sollen bald dritte Corona-Impfungen erfolgen.

  • Bestimmte Personen sollen ab September ein drittes Mal gegen Corona geimpft werden
  • Bisher haben 52 Prozent der Menschen in Deutschland zwei Impfdosen erhalten
  • Mit der Auffrischung sollen Risikogruppen geschützt werden

Noch sind die Tage lang und die Corona-Inzidenzen niedrig. Doch angesichts eines langsamen Impffortschritts in Deutschland und der zügigen Verbreitung der Delta-Variante blickt man im Bundesgesundheitsministerium mit Sorge auf den Herbst, wenn die Zahlen wieder steigen könnten.

Risikogruppen sollen dieses Mal besser geschützt sein – und deshalb ab September ein drittes Mal geimpft werden. Das beschloss die Gesundheitsministerkonferenz am Montag einstimmig. Darum geht es bei der sogenannten Booster-Impfung.

Corona: Warum könnte eine dritte Impfung nötig sein?

Weil es Hinweise darauf gibt, dass bei bestimmten Personengruppen der Impfschutz mit der Zeit nachlässt – oder auch gar von Beginn an weniger stark ausgeprägt war. Betroffen sind davon vor allem Menschen mit Immunschwäche, aber auch sehr alte Menschen. Dazu kommt die Delta-Variante, die sich auch in Ländern mit hohen Impfquoten schnell verbreitet. Erste Daten legen nahe, dass ein weiterer Piks helfen könnte, die Variante einzudämmen. Entsprechende Zahlen hatte kürzlich der US-Pharmakonzern Pfizer vorgelegt.

Laut Pfizer zeigen sie, „dass eine dritte Impfdosis eine neutralisierende Wirkung bei der Delta-Mutation hat, die bei jungen Menschen mehr als fünfmal höher ist und bei älteren Menschen mehr als elfmal höher“. Grundlage für diese Aussagen ist allerdings eine sehr kleine Gruppe von 23 Probanden, extern begutachtete Studien zum Thema gibt es noch nicht.

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Auffrischung der Impfung: Wie ist die Lage in anderen Ländern?

Das kleine Israel hatte zu Beginn des Jahres besonders schnell besonders viele Menschen gegen Covid-19 geimpft – und steht deshalb jetzt als eines der ersten Länder vor der Frage, wie man mit möglicherweise nachlassendem Impfschutz umgeht.

Angesichts steigender Zahlen von Infektionen mit Delta sollen jene, die damals zuerst dran waren, jetzt ein weiteres Mal geimpft werden. Am vergangenen Freitag hat Israel begonnen, doppelt geimpften Menschen über 60 eine weitere Corona-Impfung zu verabreichen. Die Auffrischungsimpfung sollen dabei jene bekommen, die vor mindestens fünf Monaten ihre zweite Dosis erhalten haben.

Israels Präsident Izchak Herzog erhält die dritte Impfdosis.
Israels Präsident Izchak Herzog erhält die dritte Impfdosis. © imago images/Xinhua

Ein Expertenteam hat deshalb eine Booster-Impfung mit dem Biontech/Pfizer-Präparat empfohlen. Hintergrund sind Zahlen des israelischen Gesundheitsministeriums, nach denen die Wirkung der in Israel verwendeten Biontech-Impfung seit Anfang Juni stark nachgelassen habe. Nach Angaben des Ministeriums verhindert die Impfung eine Corona-Infektion nur noch zu 39 Prozent und schwere Erkrankungen zu 91 Prozent.

Auch Großbritannien setzt jetzt auf Booster-Impfungen: Laut britischen Medienberichten sollen ab Anfang September 32 Millionen Menschen im Königreich eine weitere Impfung bekommen.

Israel: Wirksamkeit der Corona-Impfung mit Biontech nimmt mit der Zeit ab

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    Dritte Impfung für Risikogruppen: Was ist in Deutschland geplant?

    Ab September sollen besonders gefährdete Gruppen wie Menschen mit Immunschwäche, Pflegebedürftige und Hochbetagte ein weiteres Mal geimpft werden. Das entschieden die Gesundheitsminister von Bund und Ländern am Montag. In Pflegeeinrichtungen sollen diese Impfung mobile Impfteams übernehmen, wer zu Hause wohnt, soll sich beim behandelnden Arzt impfen lassen.

    Neben den Risikogruppen sollen auch all diejenigen, die bislang mit den Vektor-Impfstoffen von Astrazeneca oder Johnson & Johnson geimpft wurden, im Herbst mit einem mRNA-Vakzin nachgeimpft werden. Das könne in den Impfzentren, bei Betriebsärzten oder in den Hausarztpraxen erfolgen.

    Mit der Möglichkeit einer Auffrischungsimpfung im September wolle man die besonders gefährdeten Gruppen bestmöglich schützen, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). „Denn für sie ist das Risiko eines nachlassenden Impfschutzes am größten.“

    Was sagt die Ständige Impfkommission zu den Plänen?

    Bei den Experten und Expertinnen der Ständigen Impfkommission (Stiko) zeigt man sich zurückhaltend: Das Gremium beschäftige sich zwar intensiv mit Auffrischungsimpfungen, sagte Stiko-Chef Thomas Mertens am Freitag. Das 18-köpfige Gremium, das beim Robert-Koch-Institut angesiedelt ist, brauche für eine Empfehlung aber eine Datengrundlage. Diese gebe es noch nicht.

    Dabei gehe es um zwei Aspekte: ob die messbare Immunantwort im Labor nachlasse und ob trotz Impfung vermehrt Infektionen mit Erkrankung aufträten. Laboruntersuchungen zu Antikörperspiegeln existierten bereits. Diese erlaubten aber nicht die direkte Schlussfolgerung, dass auch die Schutzwirkung beim Menschen nachlasse, erläuterte Mertens. Zwingend nötig ist die Stiko-Empfehlung für eine dritte Impfung nicht – laut BMG wäre eine Auffrischung im Rahmen der geltenden Zulassung.

    Lesen Sie auch: Impfungen für Jugendliche: Länder widersetzen sich Stiko

    Wird es wieder so lange Wartezeiten geben?

    Zum Start der Impfkampagne in Deutschland war der Ärger groß – Millionen Menschen, die besonders dringend geschützt werden mussten, stand viel zu wenig Impfstoff gegenüber. Das Ergebnis waren lange Wartezeiten selbst für sehr alte und kranke Menschen.

    Inzwischen ist Deutschland mehr als ausreichend mit Impfstoff versorgt. Allein für das dritte Quartal 2021 sollen 70,5 Millionen Dosen mRNA-Impfstoff bereitstehen. Impfstoffknappheit dürfte es also dieses Mal nicht geben

    Corona-Impfung: Wann kommt der Booster für alle?

    In Deutschland geht es zunächst einmal um eine Auffrischung des Impfschutzes vor allem für besonders gefährdete Personen. Ob absehbar auch andere Gruppen eine weitere Spritze bekommen sollen, ist bislang unklar.

    Beim Städte- und Gemeindebund rechnet man allerdings fest damit, dass es so kommen wird. „Da wir leider davon ausgehen müssen, dass wir bei der Pandemieeindämmung und -bekämpfung noch lange nicht am Ziel sind, ist es richtig, zumindest mittelfristig für alle Geimpften eine Auffrischungsimpfung vorzusehen“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg unserer Redaktion. Dann müssten im reduzierten Umfang auch die Impfzentren erhalten bleiben.