Am Dienstag wollte Siegen-Wittgenstein mit der flächendeckenden Impfung aller Schüler und Studenten starten. Dann traf der Erlass des Landes ein.

Siegen. Die Großstudie zur flächendeckenden Impfung von Schülern und Studierenden im Kreis Siegen-Wittgenstein ist vorerst gestoppt. Am Dienstagabend erreichte ein Sondererlass des Landes den Kreis. Das Papier enthalte Auflagen, „die nicht zu stemmen sind“, so eine Sprecherin am Mittwoch. Impfungen der 12- bis 15-Jährigen könnten daher nicht wie geplant im Siegener Impfzentrum stattfinden. Das Land hatte strikte räumliche, organisatorische und finanzielle Trennung von Studie und Impfzentrum verlangt – und dies mit der fehlenden General-Empfehlung der Stiko für eine Corona-Impfung von Jüngeren begründet.

Die Enttäuschung der Beteiligten ist groß, wie es weitergeht: noch völlig unklar.

Allen seinen 30.000 Schülern, Schülerinnen und Studierenden wollte der Kreis Siegen-Wittgenstein ein Impfangebot machen – schon ab Dienstag eigentlich, in seinem Impfzentrum. Nun wird nichts daraus, keiner unter 15 wird dort geimpft werden, gab der Kreis am Dienstagabend bekannt. „Wir sind noch immer bereit, das durchzuführen. Aber die Auflagen des Landes sind für uns nicht umsetzbar“, erläuterte Sprecherin Wiebke Groos.

Haftung ausgeschlossen

Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) hatte unter anderem getrennte Abrechnungen und einen „separaten Zugang zum Impfzentrum“ für die jüngeren Studienteilnehmer gefordert und untersagt, dass medizinisches Personal der Kassenärztlichen Vereinigung die Impfungen durchführe. Selbst eine Anmeldung über das Online-Portal der KV sei „aus technischen Gründen nicht möglich“, heißt es in dem Erlass, der dieser Zeitung vorliegt Das Land schließt zudem jegliche Haftung und Verantwortung für die Durchführung der Studien-Impfungen von 12 bis 15-Jährigen aus.

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„Das Land hält sich nur an die Empfehlung der Stiko“, so MAGS-Sprecher Heiko Haffmans zu den Gründen der überraschenden Entscheidung. Danach sei es zwar möglich, Kinder und Jugendliche zu impfen, aber nur nach ausführlicher Aufklärung in einer Haus- oder Kinderarzt-Praxis. „Das halten wir für sachgerecht und angemessen.“ Die Ständige Impfkommission rät Jüngeren nur bei besonderer Gefährdung zur Impfung. Der Erlass setze, so Haffmans, „das klare und für alle beruhigende Signal, dass wir alle wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Impfen ernst nehmen“.l

Projektbeteiligte beraten über „neue Situation“

André Zeppenfeld, Pressesprecher der Uni Siegen, die zusammen mit Wissenschaftlern aus Bochum und dem Saarland das Projekt begleitet, erklärte am Mittwoch, alle Beteiligten seien sehr enttäuscht. Spätestens heute solle über das weitere Vorgehen „und die neue Situation“ beraten werden. „Wir hatten alle gehofft, wir können jetzt loslegen.“ Dr. Folke Brinkmann die als Oberärztin der Bochumer Universitätskinderklinik an der Studie mitwirkt, wollte sich gestern nicht äußern. Im Vorfeld hatte die Corona-Expertin Impfungen auch für Jüngeren explizit befürwortet. Der Biontech-Impfstoff ist von der Europäischen Arzneimittelagentur EMA ab zwölf Jahren zugelassen.

Im Rahmen der Siegener Studie sollen auch Daten zu Wirkung und Nebenwirkungen der Impfungen gesammelt werden. Können sie immer noch, meint Haffmans: „Nur vielleicht nun in ärztlichem Kontext. Wir wollen die Studie ja nicht verbieten.“ Den benötigten Impfstoff kann (und darf) das Siegener Impfzentrum liefern. Daran mangelt es nicht mehr.