Berlin. Er gab sich als Flüchtling aus, um hinterher Anschläge zu begehen: Das ist der Vorwurf gegen Franco A. Heute beginnt der Prozess.

Der Fall ist bizarr. Der Soldat gab sich 2015 – mit Erfolg beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) – als syrischer Flüchtling aus. Dabei hätte allein der Aliasname, den sich Franco A. (32) zulegte, stutzig machen können: "David Benjamin". Das klang eher jüdisch als arabisch.

Die Ermittler glauben, dass er sich eine Flüchtlingslegende verschaffen wollte, um Attentate auf Politiker zu verüben – und sie Asylbewerbern in die Schuhe zu schieben. Für den Generalbundesanwaltschaft ist er kein Spinner, sondern ein potenzieller Terrorist.

Von der Leyen wäre beinahe zurückgetreten

Im Februar 2017 flog der Oberleutnant der Bundeswehr auf, als er auf dem Wiener Flughafen eine Pistole aus einem Versteck holen wollte. Im April 2017 wurde er verhaftet und blieb sieben Monate in Untersuchungshaft.

Zunächst reichten die Beweise dem Oberlandesgericht Frankfurt nicht. Der Fall muss nur deswegen ab heute neu aufgerollt werden, weil der Bundesgerichtshof in Karlsruhe die erste Entscheidung der Frankfurter Richter aufgehoben hatte.

Franco A. ist auf freiem Fuß, nach wie vor bei der Bundeswehr. Er darf aber bis zur endgültigen Klärung der Vorwürfe weder den Dienst ausüben noch Uniform tragen, und seine Bezüge wurden reduziert. Sein Fall lenkte den Blick auf den Extremismus in der Bundeswehr und führte beinahe zum Rücktritt der damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU).

Für den Geheimdienst MAD war der Fall Franco A. ein Wendepunkt

Für den Militärischen Abschirmdienst (MAD), eine Art Verfassungsschutz und Spionageabwehr der Bundeswehr, war er zweifellos ein Wendepunkt. Zum Prozessauftakt begrüßte ein Sprecher der Behörde gegenüber unserer Redaktion die "rechtliche Aufarbeitung".

Auch und gerade vor dem Hintergrund des Falles Franco A. hat der MAD nach eigener Einschätzung seine Arbeitsweise "weiterentwickelt", wie die Behörde betont. "Der MAD hat seinen Blick erweitert." Man nehme verstärkt den Nährboden in den Blick, "auf dem Extremisten wachsen" und kooperiere "heute enger denn je mit den Strafverfolgung- und Verfassungsschutzbehörden."

2020 ging der MAD 1.016 Verdachtsfällen von Extremismus in den Reihen der Bundeswehr nach. In immerhin 843 Fällen stand der Vorwurf des Rechtsextremismus im Raum. In 53 Fällen ging es um Reichsbürger, in 78 Fällen um Islamismus. in 26 Fällen um Ausländerextremismus und in 16 Fällen um Linksextremismus.