Berlin. Die Bezeichnungen für Lockdowns werden immer kurioser. Harter Lockdown, Wellenbrecher oder “Brücken-Lockdown“. Was heißt das genau?
- Deutschland droht ein neuer harter Lockdown
- Wenn es um die Bezeichnung für neue Shutdowns geht, können Politiker allerdings kreativ werden
- Das neueste Beispiel lieferte Armin Laschet. Doch was meint der CDU-Chef mit dem "Brücken-Lockdown" eigentlich? Und was hat es mit dem harten Lockdown auf sich?
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und CDU-Vorsitzende Armin Laschet hatte vor dem Osterwochenende groß angekündigt, über das weitere Vorgehen in der Corona-Krise "nachdenken" zu wollen. Das Ergebnis dieses Prozesses teilte er am Ostermontag mit: Im April müsse es einen "Brücken-Lockdown" geben, erklärte der Politiker nach dem Besuch eines Impfzentrums.
Der Begriff sorgte für Wirbel – auch weil für viele die Bedeutung unklar ist. Nach einem Jahr Pandemie verschwimmen die Grenzen zwischen Shutdown und Lockdown, hart und weich.
Was Laschet nach seiner Ostermeditation fordert, mag frisch klingen. Doch die Idee ist nicht neu. Lesen Sie hier: Diese Streitpunkte gibt es vor dem Corona-Gipfel mit Merkel.
Brücken-Lockdown: Neuer Begriff – alte Ideen?
Der CDU-Politiker will einen harten und kurzen Lockdown im April durchsetzen. Zumindest ist Laschet nun wieder etwas mehr auf Kurs mit der Kanzlerin, die bundeseinheitliche Regeln fordert.
Das hatten vor ihm schon verschiedene Interessenverbände gefordert, unter anderem die Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) und die Ärztegewerkschaft Marburger Bund. Dass Laschet, der in seinem Bundesland Nordrhein-Westfalen bisher an Öffnungen festgehalten hatte, seine Meinung geändert hat, liegt wohl auch an Gesprächen mit Vertretern dieser Vereinigungen. Er habe über das Osterwochenende Fachmediziner zurate gezogen, erklärte der CDU-Politiker bei seinem Impfzentrums-Besuch, bei dem er von Divi-Präsident Gernot Marx begleitet wurde.
Die Infektionslage erfordere es jetzt, "dass wir nochmal in vielen Bereichen nachlegen und uns Richtung Lockdown bewegen", sagte Laschet. Er sei sich bei seiner Einschätzung mit vielen Ministerpräsidenten, der Kanzlerin und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) einig. Härtere Einschränkungen sollen Laschets Vorschlag nach die Zeit überbrücken, bis viele Menschen geimpft seien.
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Brücken-Lockdown: Das würde er bedeuten
Es sei abzusehen, "dass schon in ganz kurzer Zeit 20 Prozent, danach 30, 40 Prozent der deutschen Bevölkerung geimpft" seien, sagte der CDU-Bundesvorsitzende am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin. Bis dahin müsse das öffentliche Leben weiter zurückgefahren werden. Zwar wiesen die Neuinfektionsraten derzeit eine sinkende Tendenz auf – möglicherweise wegen eingeschränkter Meldungen an den Ostertagen – allerdings seien die Intensivstationen stärker mit Covid-Patienten belegt, sagte Laschet.
Beim "Brücken-Lockdown" sollen die Corona-Maßnahmen an verschiedenen Stellen nachgeschärft werden:
- Zum einen müssten laut Laschet private Kontakte weiter reduziert werden.
- Dazu könnten auch Ausgangsbeschränkungen in den Abend- und Nachtstunden nötig sein.
- Bei Kitas und Schulen müsse man sich auf das "Notwendigste" fokussieren und weiter durch häufige Tests absichern
- Außerdem fordert Laschet eine "Homeoffice-Offensive". Ob es dazu verschärfte Regeln und nicht nur ein Mehr an Tests geben soll, ist aber offen.
- Die Gastronomie bleibt im Brücken-Lockdown geschlossen. Im gesamten Freizeitbereich müsse es nochmals eine Reduzierung geben, erklärte Laschet.
Wie viel Substanz Laschets Vorschlag hat, ist erstmal offen. Immerhin: Der effektheischende Name ist in aller Munde. Doch der "Brücken-Lockdown" kommt aus Sicht ärztlicher Praktiker spät. Die Chance hätte schon in den gesamten Osterferien genutzt werden sollen, sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe, Dirk Spelmeyer, am Dienstag im "Morgenecho" von WDR 5.
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Harter Lockdown – was bedeutet das überhaupt?
Schnelles und konsequentes Handeln wird von der Politik seit Beginn der Pandemie vor einem Jahr gefordert. Doch einen strengen Shutdown, wie in der ersten Welle im Frühjahr 2020, hat es seither nicht mehr gegeben. Gefolgt wurden die strengen Einschränkungen vom "Lockdown light" im Winter, der ein "Wellenbrecher" sein sollte, und von einem angedachten "Oster-Lockdown", der binnen weniger Tage wieder abgeräumt wurde. Die Wortneuschöpfungen lassen die Corona-Regeln stets in anderem Licht erscheinen.
Laschet wünscht sich nun also einen "harten Lockdown". Dabei bezeichneten viele schon die im Winter in Kraft getretenen Regelungen als "harten" oder "Mega-Lockdown".
- Eigentlich beinhaltet ein Lockdown aber qua Bedeutung des Wortes strenge Ausgangsbeschränkungen und Abriegelungen.
- So galt in Frankreich im Frühjahr 2020 beispielsweise folgende Regel: maximal einmal am Tag für eine Stunde raus, und sich maximal einen Kilometer von der Wohnung entfernen.
- Von derart "harten" Maßnahmen ist und war Deutschland in der Corona-Pandemie stets weit entfernt.
"Lockdown" und "Shutdown" – Was ist der Unterschied?
Das Leibniz-Institut für Deutsche Sprache ergänzte deshalb die Bedeutung des Begriffs auf einen "Zeitraum, in dem fast alle wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aktivitäten auf politische Anordnung hin stillgelegt sind." Vergleichbar mit den strengen Kontaktregeln und anderen Einschränkungen wie sie beispielsweise in Spanien, Großbritannien oder zuletzt Portugal verhängt wurden, ist der deutsche "Lockdown" aber nicht.
Eher gleichen die deutschen Corona-Maßnahmen einem "Shutdown" – laut Wörterbuch eine Situation, "in der für einen vorübergehenden Zeitraum der Betrieb eingestellt wird".
Mit "Betrieb" wären in diesem Fall weite Teile des öffentlichen Lebens gemeint. Eine Bewegungseinschränkung beinhaltet ein Shutdown nicht.
Nun soll, wenn es nach Laschet geht, ein harter, kurzer "Brücken-Lockdown die dritte Welle bekämpfen – allerdings ist die Hürde dieses Mal sehr viel höher: Die Infektionszahlen sind im Februar und März nie so weit zurückgegangen wie beispielsweise im Sommer 2020. Der Ausgangspunkt ist damit deutlich schlechter – die dritte Welle startet also von einem hohen Plateau und mit der Verbreitungskraft der Corona-Mutationen. Ob bei diesen Voraussetzungen eine kurze Brücke ausreicht, bleibt offen.
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