Berlin. Je erratischer die Politik wird, umso mehr kommt es auf die Bürger an. Wir sollten uns helfen, um gemeinsam aus der Krise zu kommen.
Erinnern Sie sich noch an den Hollywood-Erfolgsfilm „Und täglich grüßt das Murmeltier“? Bill Murray spielte darin einen zynischen TV-Reporter, der dazu verdammt ist, einen bestimmten Tag wieder und wieder zu erleben. Sein Leben geht erst weiter, nachdem er eine grundlegende Lektion gelernt hat.
Auch Deutschland scheint gerade in einer Dauerschleife gefangen zu sein. Der Murmeltier-Tag ist dabei die Bund-Länder-Konferenz. Alle paar Wochen treffen sich Kanzlerin und die Ministerpräsidenten, beschließen neue Maßnahmen, nehmen andere wieder zurück – und am Ende ändert sich nichts. Wie Bill Murray erwachen wir stets erneut in einer scheinbar hoffnungslosen Lage und einem Land, das von der Pandemie im Würgegriff gehalten wird. Lesen Sie hier: Kitas und Schulen: Wo sie jetzt schon wieder schließen
Planlose Corona-Politik: Lehrer als Versuchskaninchen und Urlaub auf Mallorca
Immer verwirrender und unübersichtlicher werden die Maßnahmen, immer zweifelhafter ihre Umsetzung. Schulen durften kurz vor den Osterferien wieder öffnen, obwohl ein Anstieg der Inzidenzen absehbar war. Die versprochenen begleitenden Tests werden vielerorts nur zum Teil, nur für bestimmte Klassenstufen oder auch gar nicht umgesetzt. Lehrer und Lehrerinnen, von denen bislang nur ein kleiner Teil geimpft ist, müssen als Versuchskaninchen ausprobieren, wie hoch das Ansteckungsrisiko im Klassenraum ist.
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Der Urlaub auf Mallorca, in den man eng gepfercht im Flieger reist, ist in Ordnung; um Urlaubsmöglichkeiten im eigenen Bundesland in abgeschiedenen Ferienhäusern wurde hingegen beim Gipfel bis spät am Abend gestritten. Währenddessen wächst mit jedem Corona-Treffen, mit dem es keine wirkliche Perspektive für Künstler und Gastronomen gibt, die Verzweiflung bei diesen Berufsgruppen. Mehr zum Thema: In diesen Bundesländern sollen Hotels trotz Corona öffnen
Wut und Frust über diese plan- und hilflos wirkende Politik machen sich breit. Aber solche Gefühle bringen uns in der dritten Welle, in der wir stecken, nicht weiter. Keine Massendemonstration wird das Virus verschwinden lassen – erst recht nicht jene, die alle Hygieneauflagen missachten und damit riskieren, zum Superspreader-Event zu werden. Die Bundestagswahl wird zeigen, wem die Bürger was und wie viel zu verzeihen haben (um Jens Spahn zu zitieren) und wie weit sie dazu bereit sind.
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Niemand ist immer stark – helfen wir uns gegenseitig!
Für den Moment aber sollten wir uns auf uns selbst besinnen. Lassen Sie uns noch einmal kurz zu „Und täglich grüßt das Murmeltier“ zurückkehren. Im Film wird Bill Murray erlöst, als er gelernt hat, alte Muster zu durchbrechen. Statt mit abgebrühtem Desinteresse begegnet er seinen Mitmenschen mit neuer Zugewandtheit. Vielleicht ist das eine Botschaft, die weiterhilft. Je führungsschwächer die Politik wirkt, umso mehr kommt es nun auf die Stärke der Bürger und Bürgerinnen an.
Statt im Zorn zu verharren, sollten wir einen Teil der Energie für andere Fragen aufbringen. Wie können wir unserem Umfeld helfen, besser durch diese schweren Wochen zu kommen? Der vereinsamten Nachbarin einen Blumengruß vor die Tür stellen, den befreundeten Künstler für ein Online-Hauskonzert buchen, fürs Lieblingsrestaurant ein Festessen im nächsten Herbst vereinbaren, ein Geburtstagskind mit einer kleinen Feier überraschen, für die sich alle selbst getestet haben.
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Nicht minder wichtig ist die Frage, wie wir uns selbst emotional stabil durch diese Zeit bringen. Was muntert uns auf, womit können wir uns selbst unter diesen widrigen Bedingungen eine Freude machen? Wer Hilfe braucht, sollte sich nicht scheuen, offen darum zu bitten. Niemand ist in einer Pandemie dauerhaft nur stark oder schwach, aber wenn wir uns dabei abwechselnd unterstützen, können wir es alle schaffen. Und irgendwann wird auch diese Dauerschleife wieder vorbei sein.