Berlin. Wenn bald Hausärzte gegen Corona impfen dürfen, ist das ein wichtiger Schritt. Doch auch die Priosierung sollte aufgeweicht werden.

Es ist eine sehr gute Nachricht: Von April an sollen auch die Hausärzte den wertvollen Corona-Impfstoff in ihren Praxen verabreichen dürfen. Darauf haben sich die Gesundheitsminister der Länder geeinigt. Diese Neuerung ist auch wie viele kleine andere Bausteine zur Überwindung der Corona-Krise ein positives Si­gnal.

Der Gedanke daran, dass es ab April richtig losgeht – und laut Pro­gnosen etwa fünf Millionen Dosen pro Woche gegeben werden können, Vizekanzler Olaf Scholz sprach sogar von zehn Millionen –, wirkt wie das Licht am Ende des Tunnels. Endlich.

Corona-Impfung: Geht es in dem Tempo weiter, brauchen wir noch 1,5 Jahre

Diese Hoffnung, dass wir die Pandemie irgendwann überwunden haben werden, die fehlte nämlich in den vergangenen Wochen. Stattdessen ging es nur schleppend mit dem Impfen voran und die zweite Welle breitete sich vehement aus. Zur Erinnerung: Impfstart war in Deutschland der 27. Dezember 2020, bis zum Dienstag wurden hierzulande rund 5,3 Millionen Menschen geimpft. Ginge es in dem gleichen Tempo weiter, bräuchte man für alle 83,2 Millionen Deutschen noch 506 Tage. Eineinhalb Jahre. Unfassbar.

Wer einen Blick auf die Liste der Länder wirft, die derzeit in puncto Impftempo vor Deutschland liegen, reibt sich die Augen: Israel, die Vereinigten Arabischen Emirate, die Briten, die USA, Dänemark, die Türkei, Irland, Schweiz, Singapur, Portugal und so weiter. Dabei hatte die EU und vor allem die Bundesregierung mit der deutschen Firma Biontech mit Sitz in Mainz den ersten Corona-Impfstoff direkt vor der Flinte. Leider haben die deutschen Schützen beim Abzug gezögert, stattdessen haben andere ins Ziel geschossen und sich die Vakzine in größeren Mengen gesichert. Lesen Sie auch:Corona: Starker Pollenflug lässt Infektionsrisiko steigen

Astrazeneca, Biontech/Pfizer und Moderna müssen liefern

Doch mit diesem neuen Versprechen könnten wir ab April in etwa 7 bis 15 Wochen durch sein. Wir könnten.

Diana Zinkler, Politik-Korrespondentin.
Diana Zinkler, Politik-Korrespondentin. © Krauthoefer | Krauthoefer

Denn ob die Bundesregierung nach vier Monaten endlich Schwung ins Impfen bekommt, hängt vor allem von einer Voraussetzung ab: Biontech/Pfizer, Moderna und Astrazeneca müssen jetzt in ausreichenden Mengen liefern und die Hausarztpraxen mit den Impfstoffen versorgen. Wenn Hersteller und Bundesregierung ihre Versprechen halten, dann ist für die Rückkehr in das Leben ohne Restriktionen alles angerichtet.

Eine weitere positive Meldung der vergangenen Tage: Der Covid-19-Impfstoff des amerikanischen Pharma-Riesen Johnson & Johnson könnte noch im März für die EU zugelassen werden. Außerdem ist die Zahl der täglichen Corona-Toten erheblich zurückgegangen. Das liegt vor allem daran, dass 92 Prozent der Bewohner von Pflegeheimen bereits eine Erstimpfung erhalten haben und 70 Prozent voll geimpft sind. Wenn jetzt nicht noch eine gefährliche Mutation des Coronavirus entsteht, gegen die die bisherigen Vakzine nicht immunisieren, dann sind wir auf dem Weg. Lockerung wird auf Lockerung folgen. Auch interessant:Corona-Mutationen: Varianten breiten sich in Deutschland aus

Corona-Impfungen: Warum nicht die Priosierung aufweichen?

Und dieser Weg könnte noch viel breiter sein: Es müssen noch mehr Impfmöglichkeiten geschaffen werden. Warum nicht zügig Betriebsärzte in Unternehmen ausstatten oder Impfpersonal und Impfstoff in Schulen, Kitas, Universitäten und Verwaltungen entsenden? Auch der Gedanke, die Priorisierung fürs Impfen aufzuweichen, ist nicht abwegig, wenn genug Impfstoff vorhanden ist. Und warum nicht von anderen Ländern lernen? In Israel können sich die Kunden des Möbelhauses Ikea wortwörtlich beim Shoppen impfen lassen – mit dem Vakzin von Biontech und Astrazeneca.

Die Bundesregierung hat ab April eine zweite Chance. Im Tennis gibt es folgende Regel dazu: Wenn der erste Aufschlag ins Aus geht, muss der zweite im Feld landen. Sonst ist der Punkt verloren und geht direkt an den Gegner.