Berlin. Mehr Schnelltests und mehr Tempo bei den Impfungen – so wollen Bund und Länder die neuen Öffnungsschritte aus dem Lockdown absichern.
Wer ins Kino oder in den Biergarten will, muss demnächst an vier Dinge denken: Schlüssel, Portemonnaie, Maske, Schnelltestergebnis. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder spricht bereits von einem „Test-Pass“, den die Bürger in Zukunft benötigen könnten.
Wenn die Öffnungspläne von Bund und Ländern greifen, sind schon ab nächster Woche Besuche in Kosmetikstudios oder Barbiershops nur mit einem negativen Schnelltest möglich. Im nächsten Schritt sollen dann Biergärten, Theater, Kinos und Konzerthäuser für Menschen öffnen, die einen Schnelltest gemacht haben. Auch in Kitas, Schulen und Betrieben soll künftig regelmäßig getestet werden. Lesen Sie hier: Corona-Lockdown: In fünf Schritten bis zur Teilöffnung
Doch geht das gut? Gibt es dafür überhaupt genügend Tests, oder droht hier das nächste Debakel?
Wo gibt es die neuen Selbst- und Schnelltests?
An diesem Samstag geht es los: Selbsttests für ungeschulte Laien soll es dann bereits in den ersten Discounter-Filialen geben, ab nächster Woche auch in Apotheken und Drogeriemärkten. Die Tests für den Eigengebrauch dienen vor allem dazu, sich selbst über eine mögliche Infektion zu vergewissern. Lesen Sie hier: Corona-Schnelltests für Laien: Was man jetzt wissen muss
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Wer dagegen formal nachweisen will, dass er aktuell nicht infektiös ist, braucht einen Schnelltest plus Bescheinigung über das Testergebnis. Solche Tests gibt es zwar schon länger, doch sollen sie jetzt millionenfach kostenlos verteilt werden: Mindestens einmal pro Woche sollen sich Schüler und Lehrer sowie das Personal in Kitas kostenlos testen lassen können.
Jeder Bürger soll zudem mindestens einmal pro Woche gratis einen Schnelltest machen können – beim Arzt oder in einem kommunalen Testzentrum. Die Kosten dafür übernimmt ab dem 8. März der Bund. Zudem sollen die Unternehmen ihren Beschäftigten pro Woche das Angebot von mindestens einem kostenlosen Schnelltest machen. Wie das konkret ablaufen soll, ist noch unklar. Lesen Sie hier: Kostenlose Schnelltests für alle - Das ist jetzt beschlossen
Schnelltests für alle: Es gibt noch viele offene Fragen
Viele offene Fragen gibt es auch bei den Gratis-Tests in Praxen und Testzentren: „Die Logistik dazu ist noch nicht überall zu 100 Prozent da“, sagte Söder am Donnerstag. Es seien noch Rechtsfragen zu klären.
In den Kommunen fühlen sich viele überrollt: Oliver Hermann, Chef des Brandenburger Städte- und Gemeindebunds, spricht für viele seiner Amtskollegen: „Aus meiner Sicht ist da noch ganz viel offen“, sagte der Bürgermeister von Wittenberge. Er sehe nicht, wie die Bürger schon ab Montag an die Tests kommen sollten.
Wann braucht man die Tests?
Unklar ist, ob man Tests überall bekommt. Klar aber ist, wo man sie demnächst braucht. Wer körpernahe Dienstleistungen wie Kosmetik oder Rasieren bucht, braucht ab Montag einen tagesaktuellen Test.
Zwei Wochen später, wenn die Infektionslage regional stabil unter dem Inzidenzwert von 100 liegt, sollen Biergärten und Straßencafés öffnen können – für Besucher mit vorheriger Terminbuchung. Sitzen an einem Tisch Personen aus mehreren Hausständen, ist dann ein aktueller Schnell- oder Selbsttest nötig.
Gleichzeitig dürfen dann auch Theater, Konzert- und Opernhäuser sowie Kinos für Besucher mit frischem Test öffnen. Kontaktfreier Sport im Innenbereich sowie Kontaktsport im Außenbereich wird ebenfalls möglich, wenn alle einen negativen Schnelltest haben.
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Gibt es überhaupt genug Tests?
Das ist die heikelste Frage. Niemand kann sagen, wie groß die Nachfrage sein wird. Klar sei jedenfalls, sagt Söder, so viele Tests, dass sich jeder an jedem Tag quasi freitesten könne, gebe es definitiv nicht. „Dafür reicht es nicht.“ Im Beschlusspapier der Bund-Länder-Runde heißt es vage: „Schnelltests sind in großer Zahl verfügbar.“
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), dem die Länder übel nehmen, dass er Versprechen macht, die dann vor Ort ausgebadet werden müssen, verschickte am Donnerstagmorgen seine Sicht der Dinge: Demnach lägen aktuell 150 Millionen Schnelltests laut Herstellerangaben bereits heute auf Halde und könnten direkt geliefert werden. Der Bund habe sich zudem mindestens 800 Millionen weitere Schnelltests über bilaterale Absichtserklärungen und europäische Rahmenverträge für dieses Jahr gesichert.
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Hat sich Spahn verkalkuliert?
Geht die Rechnung auf? Allein schon wenn jeder zweite Deutsche einmal in der Woche das Testangebot nutzt, kommt man auf einen Bedarf von rund 150 Millionen pro Monat. Weil aber die Tests immer nur für einen Tag Sicherheit bieten, dürften viele Bürger deutlich häufiger Tests mit geprüftem Nachweis brauchen.
Nicht nur die Opposition findet es ärgerlich, dass die Regierung erst in dem Moment mit voller Kraft Tempo bei den Schnelltests macht, da es fünf vor zwölf ist: Vier Tage bevor das große Testen ab Montag losgehen soll, hat sie jetzt eine Taskforce Testlogistik für „größtmögliche Verfügbarkeit und zügige Lieferung von Schnelltests“ ins Leben gerufen.
Für FDP-Chef Christian Lindner ein klarer „Beleg für ein Managementversagen“ und ein Misstrauensvotum gegenüber Spahn, der erst bei den Masken und später bei den Impfdosen nicht entschlossen genug gehandelt habe.
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