Brüssel. Die Briten impfen schon, die Amerikaner folgen. Und die Europäer? Die Experten der Arzneimittel-Agentur EMA wehren sich gegen Kritik.

Die hoffnungsvollen Nachrichten zum Corona-Impfstoff mehren sich – nur nicht im vereinten Europa. In Großbritannien wird das Biontech-Vakzin seit Dienstag gespritzt, in den USA voraussichtlich ab nächster Woche, Kanada hat ebenfalls grünes Licht gegeben. Und wir?

Als die EU-Regierungschefs beim Gipfeltreffen über die Corona-Pandemie berieten, ging es genau um diese Frage: Die Zulassung des Biontech-Impfstoffs in der EU durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) wird noch Wochen auf sich warten lassen.

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Die Arzneimittel-Agentur EMA gibt nicht vor dem 29. Dezember grünes Licht

„Wir haben uns ausführlich mit der Prozedur bei der EMA befasst“, berichtete Kanzlerin Angela Merkel. Dass die Agentur bisher plant, erst am 29. Dezember grünes Licht zu geben, wird von den Regierungschefs zumindest öffentlich nicht kritisiert. Schließlich hätten alle EU-Staaten die Möglichkeit, per Notfallzulassung den Impfstoff bei sich schon freizugeben.

Aber Merkel mahnte doch, man müsse sich in dem Verfahren jetzt „sehr sputen“. Warum dauert es überhaupt so lange?

Ein britisches Ehepaar wird am Dienstag im Londoner Guy’s Hospital gegen das Coronavirus geimpft.
Ein britisches Ehepaar wird am Dienstag im Londoner Guy’s Hospital gegen das Coronavirus geimpft. © dpa | Victoria Jones

EMA-Chefin Emer Cooke: „Es geht um Sicherheit und hohe Qualität“

Die Experten der in Amsterdam angesiedelten Behörde gehen in die Offensive: Bei einer öffentlichen Anhörung verteidigten sie am Freitag das längere Verfahren. „Es geht nicht um Tempo, sondern um Sicherheit und hohe Qualität“, sagte EMA-Chefin Emer Cooke. „Wir tragen eine enorme Verantwortung.“

Auf Spekulationen, die Behörde sei nach dem Umzug von London nach Amsterdam voriges Jahr noch personell geschwächt, geht Cooke nicht ein. Sie versichert aber: Eine große Zahl von Experten arbeite an der Prüfung, werte die Dokumente der klinischen Studien aus. Die Datenmenge sei groß, schließlich seien mehr als 30.000 Probanden geimpft worden.

Die Kriterien für die Notfallzulassung sind weicher

Doch grünes Licht gebe es nur, wenn die Experten sicher seien, dass der Impfstoff sicher, qualitativ hochwertig und wirksam sei – die Kriterien für die geplante „bedingte Marktzulassung“ sind schärfer als für die Notfallzulassung, die jetzt etwa in Großbritannien erteilt worden ist.

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    Die endgültige Empfehlung der EMA am 29. Dezember wird ein Expertengremium abgeben, dem Fachleute aus allen nationalen Arzneimittelbehörden angehören. Bejahen sie, dass die Vorteile mögliche Risiken überwiegen, könnte die EU-Kommission kurz darauf die offizielle Zulassung erteilen.

    Die Cyberattacke auf die Biontech-Daten gefährdet die Zulassung nicht

    Immerhin, eine beruhigende Botschaft hatte die Agentur am Freitag: Die Cyberattacke von dieser Woche, bei der Biontech-Dokumente in der EMA-Zentrale gehackt worden waren, gefährde den Zeitplan für die Zulassung nicht, versicherte Cooke.

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    Die EU-Regierungschefs wollen jetzt verhindern, dass nach der Zulassung einzelne Länder vorpreschen. Stattdessen soll der Impfstoff zeitgleich in ganz Europa ausgeliefert werden, auch die Impfungen sollen in allen Ländern parallel starten. Merkel schränkte scherzhaft ein, sie wisse nicht, ob „die Nadel überall in der gleichen Sekunde sticht“. Aber wohl am selben Tag: EU-Beamte nennen als voraussichtlichen Termin den 4. oder 5. Januar.