Berlin. Großbritannien erlaubt als erstes westeuropäisches Land Corona-Impfungen. Für Deutschland fordert Lauterbach verstärkte Anstrengungen.

Diese Nachricht ließ die Welt aufhorchen: Als erstes westeuropäisches Land hat Großbritannien Impfungen gegen das Coronavirus erlaubt. Entwickelt wurde das Präparat durch die Mainzer Firma Biontech und ihren amerikanischen Partner Pfizer. Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach fordert Impfungen der Deutschen „in Rekordzeit“.

Was hat Großbritannien angekündigt?

Die britische Gesundheitsbehörde MHRA erteilte am Mittwoch die weltweit erste Notzulassung für den Corona-Impfstoff des Mainzer Pharmaunternehmens Biontech und seines US-Partners Pfizer . Bei einer Notfallzulassung werden zunächst weniger Daten als üblich eingereicht, um schneller auf eine medizinische Notlage reagieren zu können. Lesen Sie auch: Diese Corona-Regeln gelten ab jetzt in Deutschland

Der Impfstoff stehe ab der kommenden Woche zur Verfügung, hieß es in London. Premierminister Boris Johnson sprach von „fantastischen Nachrichten“. Pfizer und Biontech haben eine Lieferung von 40 Millionen Impfstoffdosen vereinbart. Anfang der nächsten Woche sollen die ersten 800.000 Dosen verabreicht werden. Zunächst stünden Krankenhäuser und Pflegeheime an erster Stelle.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach wünscht sich Impfungen „in Rekordzeit“.
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach wünscht sich Impfungen „in Rekordzeit“. © dpa | Bernd von Jutrczenka

Wann beginnen die Impfungen in Deutschland?

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geht davon aus, dass „rund um den Jahreswechsel“ über die Zulassung des Impfstoffs entschieden wird. Die Impfstruktur in Deutschland werde ab Mitte Dezember startklar sein. Anfangs könne Deutschland mit fünf bis acht Millionen Impfdosen rechnen. Für Januar seien erste Impfungen vorgesehen. Auch interessant: Corona: Das sind die ersten Anzeichen und Symptome

Warum steht der deutsche Impfstoff den Deutschen später zur Verfügung als den Briten?

Die britische Prüfbehörde war einfach schneller. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach drückt daher aufs Tempo. Die deutsche Bevölkerung müsse „in Rekordzeit“ geimpft werden, sagte der Mediziner unserer Redaktion. „Wenn wir genügend Impfstoff bekommen, muss es uns gelingen, innerhalb weniger Monate jeden impfbereiten Deutschen gegen das Coronavirus zu impfen.“

Allerdings reichten die Impfstoffe von Biontech und dem US-Konzern Moderna nur für rund 26 Millionen Menschen. Der Rest müsse von Astrazeneca und anderen Herstellern abgedeckt werden.

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    Dagegen unterstrich Gesundheitsminister Spahn, es komme nicht darauf an, „irgendwie Erster zu sein“. Entscheidend sei, sichere und wirksame Impfstoffe zu bekommen. In der EU sind Zulassungen für die Impfstoffe von Biontech und Moderna bereits beantragt worden. Die Europäische Arzneimittelagentur (Ema) prüft die Anträge. Sie hat für Biontech/Pfizer die Genehmigung bis spätestens 29. Dezember in Aussicht gestellt. Bei einem positiven Votum soll die Brüsseler Kommission dann binnen weniger Tage über die Marktzulassung entscheiden.

    Moderna soll am 12. Januar grünes Licht bekommen. Spahn mahnt – wohl auch unter dem Eindruck des britischen Impfstoff-Coups – zur Eile: Die EU-Zulassungsbehörde solle schnellstmöglich zu einer Entscheidung kommen. Die EU bereitet bereits eine gemeinsame Beschaffung von Impfstoffen für alle 27 Mitgliedstaaten vor. Lesen Sie hier: Corona-Schnelltests: Wer darf sie durchführen – und wie?

    Was hat die Entwicklung mit dem Brexit zu tun?

    „Wir waren in der Lage, eine Entscheidung zu treffen dank der britischen Aufsichtsbehörde, einer Weltklasse-Behörde, und mussten nicht das Tempo der Europäer gehen, die sich ein bisschen langsamer bewegen“, feixte der britische Gesundheitsminister Matt Hancock .

    Eine politische Demonstration angeblicher Brexit -Vorteile? Rein rechtlich hat der EU-Ausstieg beim Impf-Sonderweg gar keine Rolle gespielt. London ist während der Brexit-Übergangsphase bis Jahresende an EU-Recht gebunden.

    Aber keine Regel ohne Schlupfloch. In Ausnahmesituationen kann ein Land auf Basis eigener Bewertungen zeitweise eine Bewertung zulassen.

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      In welcher Reihenfolge wird in Deutschland geimpft?

      Das Gesundheitsministerium arbeitet an einer entsprechenden Verordnung. Diese beruht auf der Empfehlung der Ständigen Impfkommission, der Nationalakademie Leopoldina und des Deutschen Ethikrats . Lesen Sie auch: Corona bei Kindern: Das sind die typischen Symptome

      Für drei Gruppen soll es bei der Impfung Priorität geben. Zunächst sollen Menschen an der Reihe sein, die ein hohes Risiko für einen schweren Verlauf von Covid-19 haben – zum Beispiel hochbetagte Menschen in Pflegeheimen. Ebenso priorisiert sind Ärzte und Pfleger, die mit Corona-Infizierten zu tun haben. Daneben geht es um sogenannte systemrelevante Berufe wie Polizisten oder Lehrer.