Washington. Der gewählte US-Präsident Joe Biden setzt bei ersten Schlüsselpositionen auf bewährte Kräfte aus der Administration von Barack Obama.
Es bleibt fast alles in der „Familie“. Joe Biden , der künftige Präsident der USA, hat bei der Auswahl seines Spitzenpersonals bisher nur auf Routiniers und Veteranen zurückgegriffen, die er aus seiner Zeit als Vizepräsident unter Barack Obama (2009 bis 2017) oder noch länger kennt. Anders als Donald Trump, der bewusst politische Neulinge verpflichtete und bald darauf feuerte, baut Biden auf Karriere-Diplomaten und Experten, die das Staatsgeschäft seit Jahrzehnten beherrschen.
Bidens vorläufige Kabinettsliste – die Schlüsselministerien Verteidigung, Justiz und weitere 20 Ressorts und Behörden sind noch offen – atmet den Geist Adenauers: Keine Experimente wagen! Die Regierung des Demokraten versteht sich als Team von fähigen „Trümmerfrauen“, die gemeinsam den Schutt beiseite schaffen wollen, den Trump in vier Jahren aufgetürmt hat.
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Bidens Selektion gehorcht zum Leidwesen der demokratischen Linken den Mehrheitsverhältnissen im Senat. Dort könnten die Republikaner Bidens Belegschaftspläne stoppen oder verzögern. Hier vier Akteure, die voraussichtlich wichtige Rollen spielen werden:
Janet Yellen wird Finanzministerin
Als Donald Trump der 74-jährigen Ökonomin eine zweite Amtsperiode als Chefin der US-Notenbank Fed verweigerte, stand der Präsident allein. In Umfragen bekam die kleine, unerschütterlich freundliche Frau aus Brooklyn von Volkswirten 1a-Bestnoten für ihre Arbeit als oberste Aufseherin für Dollar-Stabilität, Arbeitsmarkt und niedrige Inflationsraten.
Dass Biden die mit dem Wirtschaftsnobelpreisträger George Akerlof verheiratete Expertin an die Spitze des Finanzministeriums holt, gilt als kluger Schachzug, weil er von linken Demokraten, gemäßigten Republikanern wie auch Wall-Street-Spekulanten begrüßt wird.
Auf Yellen wartet die schwierigste Aufgabe im Kabinett. Sie muss, bedingt durch die Passivität der scheidenden Regierung in der Corona-Krise, die eskalierende Misere aus Unternehmensbankrotten, Massenarbeitslosigkeit, Verarmung und voraussichtlichen Zwangsräumungen unter Kontrolle kriegen – und dabei die galoppierende Staatsverschuldung verlangsamen.
Ihr Wissen um die Machtmechanik der Fed als Turbo-Booster der US-Ökonomie könnte entscheidend gewesen sein für ihre Nominierung. Biden plant ein Corona-Hilfspaket, um in Not geratene Familien und Kleinunternehmen zu unterstützen. 700 Milliarden Dollar sollen investiert werden, um im Sektor erneuerbare Energien neue Arbeitsplätze zu schaffen. Zur Finanzierung sollen Superreiche und Konzerne höhere Steuern zahlen. Yellen muss die Puzzle-Steine zusammensetzen.
Tony Blinken wird Außenminister
Nach den breitbeinigen Mike-Pompeo-Jahren kommt mit dem 58-Jährigen ein klassischer Internationalist an die Spitze des Außenministeriums . Blinken ist überzeugt, dass Amerika seine Ziele nur mit Partnern und Verbündeten erreichen kann, die auf Augenhöhe adressiert werden. Sprachlosigkeit, wie sie zwischen Donald Trump und seinem ersten „Secretary of State“, dem Öl-Manager Rex Tillerson herrschte, ist zwischen Biden und Blinken auszuschließen.
Der Sohn eines ehemaligen US-Botschafters in Ungarn und Stiefsohn des Holocaustüberlebenden und Starjuristen Samuel Pisar hat seit den frühen 2000er-Jahren das Ohr des künftigen Präsidenten, war kontinuierlich sein wichtigster Berater und genießt bei dem 78-Jährigen „Superstar“-Status.
Zu Beginn der 90er-Jahre arbeitete er in der Europa-Abteilung des Außenministeriums. Dabei kam ihm zugute, dass er in Frankreich zur Schule ging. Später wurde er der zentrale außenpolitische Redenschreiber von Präsident Bill Clinton. Von 2013 bis 2015 diente Blinken im Nationalen Sicherheitsrat von Obama. 2015 wechselte er als zweithöchster Diplomat ins Außenministerium. Blinken war einer der Architekten des von Trump gesprengten Atom-Deals mit dem Iran, der in neuer Form Wiederauferstehung erfahren soll.
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John Kerry wird Sonderbeauftragter im Nationalen Sicherheitsrat
Der Ex-Präsidentschaftskandidat (2004) und frühere Außenminister unter Barack Obama (2013–2017) ist zwar 76 Jahre alt, aber immer noch das, was man in Washington ein „political animal“ nennt. Vor allem wenn es um das Thema Erderwärmung geht.
Um die Wichtigkeit des Klimawandels in seiner Regierung zu unterstreichen, wird Kerry Bidens Sonderbeauftragter („czar“) mit Sitz im Nationalen Sicherheitsrat. Gemeinsam mit Tony Blinken wird er die USA im ersten Halbjahr 2021 zurück in das Klima-Abkommen von Paris führen. Von Kerry ist inflationäre Reisetätigkeit in Sachen „climate change“ zu erwarten.
In den Trump-Jahren wurde das Phänomen ignoriert bis geleugnet. Kerry kann bei seiner Kampagne auf ein Netzwerk exzellenter Kontakte bauen. Zu seinen Vertrauten zählt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier , der den Diplomatensohn aus Boston als Außenminister kennt.
Avril Haines wird Koordinatorin der Geheimdienstes
Neben Kamala Harris (erste Vizepräsidentin), Janet Yellen (erste Finanzministerin) ist auch die 51-jährige Juristin, Judoka (brauner Gürtel) und Hobbypilotin eine Pionierin. Noch nie hatte das 2004 von Präsident George W. Bush geschaffene Büro des amerikanischen Geheimdienstdirektors (ODNI) eine Frau an der Spitze. Haines wird die Koordination aller 17 Geheimdienste übernehmen. Und damit die oberste Verantwortung für die möglichst objektive Beurteilung der Sicherheitslage weltweit.
Die New Yorkerin war bis Trumps Amtsantritt von August 2013 bis Januar 2015 Vizechefin des Auslandsgeheimdienstes CIA. Sie arbeitete auch als stellvertretende Nationale Sicherheitsberaterin für Präsident Obama. Haines war in ihrer Zeit im Weißen Haus für ein Programm für Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Syrien verantwortlich. Sie sah darin eine wirksame Botschaft gegen die antiwestliche Stimmung im Mittleren Osten.
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Die weiteren Personalien
Zu den weiteren Top-Personalien zählt Jake Sullivan (43). Er wird der jüngste Nationaler Sicherheitsberater seit den Tagen von John F. Kennedy. Der in Oxford/England ausgebildete Jurist war Bidens Sicherheitsberater in dessen Zeit als Vizepräsident. Später arbeitete er für Außenministerin Hillary Clinton.
Mit dem in Kuba geborenen Alejandro Mayorkas wird erstmals ein Mann mit hispanischen Wurzeln das auch für Einwanderungsfragen zuständige Heimatschutzministerium leiten. Der 61-jährige Kalifornier war unter Obama Vize im Ministerium für „homeland security“.
Bei den Vereinten Nationen werden die USA künftig von Linda Thomas-Greenfield (68) vertreten. Die Afro-Amerikanerin, die aus armen Verhältnissen in Louisiana stammt, ist seit 35 Jahren im diplomatischen Dienst und verantwortete unter Obama das Afrika-Dossier.
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