Washington. Liegt in US-Bundesstaaten weiter kein Endergebnis vor, könnten deren Parlamente selbst Wahlleute bestimmen. Das will Trump ausnutzen.
- Was plant Donald Trump als nächstes? Der US-Präsident hat seine Niederlage bei der US-Wahl immer noch nicht eingestanden – zumindest nicht öffentlich
- Er wird gewinnen, sagte er stattdessen. Die Frage ist nur: wie? Seine Klagen haben kaum Aussicht am Erfolg, werden am Gesamtsieg Bidens wohl nichts mehr ändern
- Eine kleine Hintertür könnte Trump dennoch nutzen
Seit einer Woche spielt Donald Trump auf Zeit. Er erkennt seine Wahlniederlage gegen Joe Biden nicht an, behindert die Amtsübernahme seines Nachfolgers im Januar, bekräftigt den Vorwurf, ihm sei „die Wahl gestohlen“ worden und strengt in noch nicht abschließend ausgezählten Bundesstaaten Anfechtungsklagen an. Sie sind aus Sicht von Rechtsexperten allesamt zum Scheitern verurteilt.
Hauptgrund: Die Stimmenvorsprünge von Biden – von rund 15.000 in Arizona bis 145.000 in Michigan – seien viel zu groß, sagt der kalifornische Wahlrechts-Professor Richard Hasen. Bei Nachzählungen würden erfahrungsgemäß allenfalls im Hunderter-Bereich unkorrekt oder illegal abgegebene Wahlzettel festgestellt.
Zudem haben die Wahlleiter aller 50 Bundesstaaten gerade gegenüber der „New York Times“ erklärt, dass es den von Trump hartnäckig behaupteten Wahlbetrug mit Briefwahlstimmzetteln nicht gegeben hat.
Donald Trump- Schräge Fotomomente
Außenminister Pompeo verspricht „reibungslose Machtübergabe“ – an Trump
Doch Trump verströmt demonstrativ Zuversicht. „Wir werden gewinnen“, schrieb er auf Twitter. Sein Außenminister Mike Pompeo erklärte, es werde eine „reibungslose“ Machtübergabe geben – an eine „zweite Trump-Regierung“. Was ist da los? Sind die Klagen nur ein Ablenkungsmanöver? Plant Trump eine Art Coup, der die USA in eine Verfassungskrise führen könnte?
Der Kerngedanke kreist um das 538-köpfige Electoral College . Dort wird – nach der Nominierung am 8. Dezember – am 14. Dezember auf Basis der über 160 Millionen abgegebenen Stimmen vom 3. November in den Hauptstädten der Bundesstaaten der Präsident gewählt.
270 Stimmen reichen zum Sieg. Bisher hat Joe Biden nach Berechnung seriöser US-Medien 279 Stimmen sicher. Der aktuelle Auszählungsstand verheißt dem Demokraten sogar über 300 Stimmen; eine sichere Bank.
Es sei denn, in Bundesstaaten wie Pennsylvania gibt es bis zum 14. Dezember kein zertifiziertes Endergebnis, weil sich die Wahlfälschungslegende bis dahin festgefressen hat. Laut Verfassung könnte der republikanisch beherrschte Kongress in Harrisburg dann auf eigene Faust 20 Wahlmänner und -frauen nominieren – und Trump zuschanzen. Lesen Sie hier : Trump abgewählt: Was er jetzt noch anrichten kann
Vizepräsident Pence könnte Wahlmännerstimmen für ungültig erklären
Der Gouverneur des Bundesstaates, ein Demokrat, würde dies mit einer eigenen Liste kontern. Biden hat in Pennsylvania über 50.000 Stimmen mehr bekommen als Trump. Am Ende würde der Fall, der auch auf Michigan, North Carolina oder Wisconsin übertragbar wäre, im Kongress in Washington landen. Dort wird am 6. Januar das Ergebnis des Electoral College erstmals öffentlich.
Hier hat Trumps Vizepräsident Mike Pence das Heft in der Hand. Er könnte bei konkurrierenden Wahlmännerlisten (auch in anderen Bundesstaaten) Trump den Zuschlag geben oder alle kontroversen Wahlmännerstimmen für nichtig erklären. Mit dem Ziel, dass Biden nicht auf 270 Stimmen kommt.
Ein Szenario, das Professor Edward Foley aus Ohio für spekulativ hält, aber nicht völlig ausschließt. Käme es so, fiele die Entscheidung über den Präsidenten erstmals seit 1824 im Repräsentantenhaus . Aber nicht nach Pro-Kopf-Mehrheit – dann hätten die Demokraten das Sagen –, sondern nach Landes-Delegationen: Hier liegen die Republikaner vorn. Sie könnten Trump eine zweite Amtszeit bescheren.
Missachtung der Wähler würde Sturm der Entrüstung auslösen
In diesem Theoriemodell sind einige Faktoren nicht enthalten, die laut Hasen und Foley entscheidend sind: Zig Gerichte, bis hin zum Supreme Court , würden sich einmischen. Ausgang trotz konservativer Mehrheit offen. Die bewusste Missachtung der „popular vote“, die Biden über fünf Millionen Stimmen mehr einbrachte als Trump, würde einen öffentlichen Sturm der Entrüstung auslösen, eventuell sogar Unruhen.
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Und: Machten die Landesparlamente bei diesem Coup durch die Hintertür zugunsten Trumps überhaupt mit? Jake Corman , der republikanische Senatsführer im Kongress in Pennsylvania, ist eindeutig: „Abgeordnete haben keine Möglichkeit, Wahlmänner zu ernennen.“
Pennsylvania werde die Entscheidung der Wähler ehren, die 20 Wahlmänner fielen dem Gewinner zu. Und der lautet nach allen bekannten Zahlen: Joe Biden.
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