München/Berlin. Bei einem digitalen Parteitag präsentiert sich CSU-Chef Markus Söder in Kanzlerform – nicht nur wegen einer subtilen Tassen-Ansage.

Wäre die Kanzlerkandidatur der Union der „Eiserne Thron“ aus dem Fantasy-Welterfolg „Game of Thrones“, dann hätte Markus Söder an diesem Wochenende seinen Rivalen einen ordentlichen Stich versetzt. In der TV-Saga ringen verschiedene Stammesführer um den Königsthron. Alles dreht sich um blutige Intrigen und Machtkämpfe – der CSU-Chef verschlang die Serie seinerzeit.

Passend dazu platzierte Söder während seiner Rede bei einem digitalen CSU-Parteitag auf seinem Schreibtisch eine „Game of Thrones“-Tasse mit der Aufschrift „Winter is coming“ (Der Winter kommt). Hinter dem Spruch verbirgt sich in der Serie der bevorstehende Angriff einer scheinbar übermächtigen Armee von Untoten. Als er vor laufender Kamera Tee einschenkte, verfärbte sich der Schriftzug in „Winter is here“ (Der Winter ist da).

Das war nicht nur eine subtile Warnung des bayerischen Ministerpräsidenten vor der beginnenden zweiten Welle der Corona-Pandemie, sondern die Ansage, dass er selbst bereit ist, komme da, was wolle. Wahlkämpfe oder Pandemien. Söder präsentierte sich entschlossen mit der Ansage, das Land müsse in dieser Corona-„Naturkatastrophe“ zusammenstehen, um zu siegen.

Nebenbei gelang es dem 53-Jährigen noch, mit dem Verlesen von Morddrohungen gegen seine Person („Dieser größenwahnsinnige Psychopath muss unbedingt schnellstmöglich am nächsten Baum aufgehängt werden“) einen emotionalen Höhepunkt dieses virtuellen Parteitages zu setzen, ohne dass es aufgesetzt wirkte.

Markus Söders One-Man-Show

Der Franke, kurzzeitig zurückgeworfen von Corona-Testpannen im Freistaat, zog alle Register. Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen, die sich an diesem Montag in der Berliner CDU-Zentrale treffen, um die zehn Wochen bis zum Parteitag Anfang Dezember in Stuttgart zu planen, dürfte bei Söders One-Man-Show wie der Teetasse abwechselnd heiß und kalt geworden sein.

Söder hat im unionsinternen Rennen um die Kanzlerkandidatur die Latte hochgelegt. Beim Parteitag sagte er zwar: „Mein Platz ist immer bei euch, also in Bayern.“ Aber auch als Kanzlerkandidat hätten seine bayerischen Untertanen ja sicher einen festen Platz in Söders Herzen.

Und was macht die CDU-Garde? Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Laschet hat zwar die Kommunalwahlen passabel bestanden. Doch mancher zaudernde Corona-Talkshow-Auftritt des Aacheners oder das Krisenmanagement im Fall Tönnies haben in der CDU Zweifel gesät, ob Laschet der Partei das Merkel-Erbe sichern kann.

Will CDU-Chef werden: Armin Laschet, Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen.
Will CDU-Chef werden: Armin Laschet, Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen. © dpa | Michael Kappeler

Merz wiederum erlebte gerade einen heftigen Shitstorm. Er verteidigte sich gegen den Vorwurf, in einem Interview Homosexuelle in die Nähe von Pädophilen gerückt zu haben. Seine umstrittene Äußerung sei offensichtlich missverstanden worden. Das bedaure er. Außerdem war der Ex-Unionsfraktionschef mit der Bemerkung aufgefallen, dass sich wegen der Corona-Krise zu viele Deutsche an ein „Leben ohne Arbeit“ gewöhnen könnten.

Will CDU-Chef werden: Friedrich Merz, ehemaliger Unions-Fraktionsvorsitzender im Bundestag.
Will CDU-Chef werden: Friedrich Merz, ehemaliger Unions-Fraktionsvorsitzender im Bundestag. © dpa | Kay Nietfeld

Und Röttgen? Der von Kanzlerin Angela Merkel vor Jahren als Umweltminister entlassene Außenpolitiker hofft darauf, dass er rund um die US-Präsidentenwahl mit seiner Expertise aus dem medialen Schattendasein herauskommt. Kein Geheimnis ist, dass Röttgen in der nächsten Regierung gerne noch einmal Minister werden möchte. Für wen könnte Röttgen beim Parteitag in einem möglichen zweiten Wahlgang eine Empfehlung aussprechen?

Will CDU-Chef werden: Norbert Röttgen, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags.
Will CDU-Chef werden: Norbert Röttgen, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags. © dpa | Michael Kappeler

Für Laschet, mit dem ihn eine innige Rivalität verbindet? Oder doch Merz, der wie Röttgen einst von Merkel gedemütigt wurde?

Kanzlerkandidatur: Gibt es einen TV-Dreikampf vor dem CDU-Parteitag?

Am Montag ab 13 Uhr jedenfalls werden die drei Bewerber mit Kramp-Karrenbauer, CDU-Generalsekretär Ziemiak und Bundesgeschäftsführer Stefan Hennewig über das Setting bis zum Parteitag beraten. Die Spielregeln diktiert dabei die Pandemie. „Alle drei Kandidaten sollen die gleichen fairen Möglichkeiten haben, um sich den Mitgliedern vorstellen zu können“, hieß es am Sonntag aus der CDU.

Angedacht sind zwei digitale und im Netz live übertragene Town-Hall-Veranstaltungen, bei denen CDU-Mitglieder Fragen stellen können. Im Vergleich zu 2018, als im Rennen um Merkels Nachfolge an der CDU-Spitze mehrere Regionalkonferenzen die Partei vitalisiert hatten, könnte der Wettbewerb eher mau ausfallen.

Die Fallhöhe ist gemessen an der Söder-Show hoch. Immerhin zeigen Fernsehsender Interesse, einen TV-Dreikampf vor dem Parteitag zu übertragen. Aber wann wollen CDU und CSU ihren gemeinsamen Kanzlerkandidaten überhaupt aufs Schild heben? Hessens CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier überraschte mit der Idee, die K-Frage noch vor dem Dezember-Parteitag zu treffen.

Der Vorsitzende der Jungen Union, Tilman Kuban, wies das zurück. „Wir wählen Anfang Dezember in Stuttgart einen neuen Parteichef und nominieren danach gemeinsam mit der CSU einen Kanzlerkandidaten“, sagte Kuban unserer Redaktion. Er hält wie Söder Ende März für einen guten Zeitpunkt – nach den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, wo die CDU vermutlich nicht gewinnen wird.

Zu Besuch bei Söder- Merkel weicht der K-Frage aus

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    Umfragen sprechen für Markus Söder

    Söder warnte erneut vor der Illusion, dass die guten Umfragewerte einen Selbstläufer für die Bundestagswahl bedeuten. „Es wird ein Wimpernschlagfinale werden.“ Wer glaube, Merkels Ansehen könne einfach auf eine andere Person übertragen werden, der irre.

    Aktuell sprechen die Zahlen für Söder. In einer RTL/ntv-Umfrage sagten 81 Prozent der bisherigen Unionswähler, sie würden trotz Merkels Abgang wieder für CDU/CSU stimmen – wenn der Kanzlerkandidat Söder heißt. Bei Merz sind es 59 Prozent, bei Laschet 58 Prozent.