Berlin. Nordrhein-Westfalens Regierungschef Laschet versuchte im Talk mit Lanz seinen Corona-Kurs zu erklären. Damit scheiterte er krachend.
Wohl kaum ein Ministerpräsident hat in den letzten Wochen so polarisiert wie Armin Laschet. Nun sollte der CDU-Politiker bei Markus Lanz Rede und Antwort stehen, seine Corona-Strategie rechtfertigen, die allem Anschein nach auch die Bundeskanzlerin schwer irritiert hat.
Obwohl das Epizentrum der deutschen Corona-Epidemie, der Landkreis Heinsberg, in Nordrhein-Westfalen liegt und die Zahl der Infizierten in NRW weiterhin bedenklich hoch ist, drängte der Ministerpräsident als einer der ersten darauf, wieder möglichst schnell zur Normalität zurückzukehren.
Armin Laschet bei Lanz: Unterschiedliche Länderregelungen sinnvoll
Auch bei Lanz führte Laschet sein derzeitiges Lieblingsargument für eine weitreichende Lockerung der Corona-Maßnahmen an: „Es gibt Kinder, die sind zwei acht Wochen nicht mehr in der Schule gewesen. Kinder, deren Wohl gefährdet ist, die seit sechs Wochen keiner mehr gesehen hat.“ Senioren würden vereinsamen, Menschen von Arbeitslosigkeit bedroht sein. Daran müsse sich nun etwas ändern.
Dass jedes Bundesland nun für sich selbst entscheidet, hält der NRW-Ministerpräsident für sinnvoll. Es mache jetzt nicht jeder, was er will, aber es seien eigene Zeitpläne innerhalb der gemeinsamen Rahmenbedingungen möglich. „In den großen westdeutschen Ländern sind die Infektionszahlen weiter hoch. Aber wie erkläre ich jemandem in Sachsen-Anhalt, dass auch dort alles geschlossen bleiben muss“, so Laschet.
Armin Laschet zu Corona-Lockerungen: „Politik muss Kollateralschäden berücksichtigen“
Dass er sich mit der Aussage selbst ein Bein stellte, fiel ihm erst später auf: Wenn individuelle Lösungen für Länder mit wenigen Corona-Fällen möglich sind, warum preschte NRW, das Land mit den zweitmeisten Infektionen deutschlandweit, dann bei der Öffnung von Schulen und sogar Küchenstudios so voraus?
Laschet begründete dies lediglich damit, dass die Politik die Kollateralschäden des Lockdowns berücksichtigen müsse. Die ganze Sendung über versuchte der CDU-Politiker mit viel unsachlichem Geschwurbel weitere unbequeme Fragen des Moderators zu umschiffen, redete sich um Kopf und Kragen.
„Markus Lanz“: Kritik an der Kommunikation der Heinsberg-Studie
So auch als Lanz ihn darauf anspricht, dass die Heinsberg-Studie von Laschets Landesregierung gezielt vor Ostern dafür genutzt wurde, den Weg für Lockerungen frei zu machen, wich der Ministerpräsident aus. Die Studie hätte lediglich der Ermittlung der Dunkelziffer gedient. Dass man die Zwischenergebnisse vor Ostern präsentiert habe, sei schon länger vorgesehen gewesen.
Leider schien Armin Laschet sich nicht mehr daran erinnern zu können, dass die Pressekonferenz, auf der die Zwischenergebnisse der Studie des Teams um den Virologen Hendrik Streeck vorgestellt wurden, vor allem darauf abzielte: Lockerungen mit den ersten Erkenntnissen aus der Untersuchung zu begründen.
„Markus Lanz“: Laschet irritiert mit Aussage zu Viren
Zumal die Untersuchungen zur Dunkelziffer in der Studie keine wirkliche Aussagekraft für ganz Deutschland haben, wie Markus Lanz nochmal betont: „Die Studie ist gar nicht repräsentativ.“ Laschet lässt das unberührt: „Es sind zumindest schon mal 1000.“ Das reicht aber für ein vollständiges Bild der Epidemie in Deutschland natürlich nicht aus.
Mit Genauigkeit scheint es der nordrhein-westfälische Regierungschef aktuell eh nicht so zu haben. Als er seine Äußerungen über die ständig wechselnden Meinungen der Wissenschaftler erklären möchte, rutscht ihm heraus: „Wir wissen doch auch nicht, wie Viren wirken.“
Talk bei Lanz: Armin Laschet stichelt gegen Karl Lauterbach
Dass Experten das natürlich schon erklären können und derzeit am laufenden Band auch tun – geschenkt. Dass Laschet aber im nächsten Satz den SPD-Bundestagsabgeordneten Karl Lauterbach, der einen Harvard-Abschluss in Epidemiologie hat, als „Halb-Wissenschaftler“ bezeichnet, ist dagegen total daneben.
Mit der Mission, seine lockere Corona-Strategie in der Sendung zu erklären, ja zu rechtfertigen, ist Laschet gescheitert. Der Auftritt wird bei Kritikern eher noch mehr Zweifel an seiner Kompetenz gesät haben. Und selbst Befürworter seines Kurses dürften von der ein oder anderen Aussage mehr als irritiert sein.
So wurde die Corona-Krise bisher bei „Markus Lanz“ diskutiert:
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