Berlin. Immer neue Hinweise auf rechtsextreme Netzwerke in der Polizei tauchen auf. Der Innenminister muss systematischer dagegen vorgehen.
Kürzlich erhoben sich die Abgeordneten im Bundestag (bis auf die der AfD), um Polizisten zu danken, die am Rande der Corona-Leugner-Demo in Berlin Rechtsradikale auf den Treppen des Reichstages mutig zurückgedrängt hatten. Auch der Bundespräsident empfing die Helden in Uniform.
Das ist das stolze, makellose Gesicht der Polizei. Umso verstörender ist das andere Gesicht, die hässliche rechte Fratze, die sich jetzt in Essen und Mülheim wieder einmal zeigt. 29 Polizisten wurden vom Dienst suspendiert, weil sie aktiv rechtsextreme Nazi-Propaganda in Handy-Chatgruppen verteilt oder davon gewusst haben sollen. Bilder von Hitler, Hakenkreuzen, Reichskriegsflaggen oder eines Flüchtlings in einer Gaskammer. Nur ein schlimmer Einzelfall?
Rechte Strukturen innerhalb der Polizei: Nichts Neues
Mit Sicherheit nicht. In Frankfurt wird gegen ein mutmaßliches Netzwerk in der Polizei ermittelt. Eine türkische Opferanwältin der NSU-Mordserie erhielt Todesdrohungen. Die Adressen ihrer Familie wurden von einem Polizei-PC aus abgefragt.
In Mecklenburg-Vorpommern wurde vor längerer Zeit eine geheime Chatgruppe namens „Nordkreuz“ aufgedeckt. Ein früherer LKA-Beamter hortete Waffen und Munition für den Tag X, für einen Umsturz. Doch es wäre falsch, die Polizei unter Generalverdacht zu stellen. Im Kampf gegen rechts muss aber null Toleranz gelten. Interne Anlaufstellen für Whistleblower sind überfällig.
Horst Seehofer darf Studie zu Rassismus nicht weiter blockieren
Ist die Polizei nur ein Spiegelbild der Gesellschaft? Für Polizisten als Staatsdiener müssen höhere Ansprüche gelten.
Das weiß Horst Seehofer natürlich. Niemand kann dem Innenminister vorwerfen, auf dem rechten Auge blind zu sein. Auf verlorenem Posten steht Seehofer aber, weil er eine wissenschaftliche Studie über Rassismus in der Polizei blockiert.
Die ist überfällig – und muss auf Rechtsextremismus ausgeweitet werden. Im eigenen Interesse aller Polizisten.