Berlin/Moskau. Der Kreml-Kritiker Alexej Nawalny ist aus dem Koma erwacht. Nun hat er ein Video gepostet, das zeigen soll, wo er vergiftet wurde.
- Laut seinem Team wurde Alexej Nawalny schon im Hotel in Tomsk vergiftet
- Nawalny kann laut Charité mittlerweile zeitweise das Bett verlassen
- Deutsche Ärzte bestätigten, dass der Putin-Kritiker vergiftet wurde
- Nawalny hatte in einem Flugzeug das Bewusstsein verloren und lag tagelang im Koma
- Russische Ärzte sprachen vor seinem Transport nach Deutschland lediglich von einer Stoffwechselstörung und warfen Deutschland voreilige Schlüsse vor
Der Kreml-Kritiker Alexej Nawalny ist seinem Team zufolge schon im Hotel in der sibirischen Stadt Tomsk vergiftet worden. Dort habe sich eine Wasserflasche befunden, an der später Spuren des Gifts Nowitschok nachgewiesen worden seien, hieß es im Text zu einem am Donnerstag auf Nawalnys Instagram-Account verbreiteten Video.
In einem auf YouTube am Donnerstagabend veröffentlichen Video schilderte Georgij Alburow, der in Nawalnys Antikorruptionsstiftung arbeitet, weitere Tatumstände. Er und weitere Mitarbeiter des vergifteten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny gehörten zu den Personen, die nach der Tat dessen Hotelzimmer durchsucht hatten. Dort suchten sie nach Beweisen für den Anschlag auf den russischen Oppositionellen.
Alexej Nawalny: Vergiftung wohl schon im Hotel
„Die Flasche war wohl nicht die Quelle des Giftes“, sagte Alburow. „Nawalny hat nur daraus getrunken, später wurden dann Spuren des Giftes auf der Flasche gefunden.“
Dennoch sei die Wasserflasche der Beweis dafür, dass die Vergiftung Nawalnys im Hotel stattgefunden haben müsse. Um dies belegen zu können, habe man laut Alburow das Bildmaterial der Aufzeichnungen der Überwachungskameras des Hotels sichten wollen. Allerdings soll die Hotelleitung dies nicht gestattet haben.
Indes hat sich der Gesundheitszustand des Kremlkritikers Alexej Nawalny laut der Berliner Charité weiter verbessert. Er muss nicht mehr beatmet werden und kann sein Krankenbett zeitweise verlassen, teilte die Charité am Montag in Berlin mit.
Mehrere Labore weisen bei Nawalny Nervengift nach
Zuvor hatte die Bundesregierung mitgeteilt, dass zwei weitere Speziallabore in Frankreich und Schweden einen Nervengift-Kampfstoff aus der Nowitschok-Gruppe als Ursache für den Zustand Nawalnys ausgemacht haben. Deutschland hatte im Vorfeld der weiteren Untersuchungen die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) eingeschaltet. Deren Experten haben demnach ebenfalls Proben von Nawalny entnommen, die nun durch Referenzlabore untersucht werden sollen.
Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte zu den neuen Befunden: „Wir erneuern die Aufforderung, dass sich Russland zu den Geschehnissen erklärt.“ Die deutsche Regierung stehe mit ihren europäischen Partnern „in engem Austausch zu weiteren Schritten“.
Kommentar: Mögliche Vergiftung – Nawalny kritisiert, was Putin wehtut
Nawalny war am 20. August auf einem Flug in Russland zusammengebrochen und in eine Klinik in Sibirien gebracht worden. Später wurde er auf Drängen seiner Familie in die Charité verlegt. Die Bundesregierung teilte nach Untersuchungen in einem Spezial-Labor der Bundeswehr mit, sie sehe es als zweifelsfrei erwiesen an, dass Nawalny mit dem Kampfstoff Nowitschok vergiftet worden sei.
Nawalnys Gesundheitszustand: Mögliche Langzeitfolgen
Am Montag teilte die Charité mit: Nawalny reagiere auf Ansprache, Langzeitfolgen der schweren Vergiftung seien jedoch weiterhin nicht auszuschließen. Lesen Sie hier: Alexej Nawalny ist aus dem künstlichen Koma geholt worden.
Allerdings sei die Symptomatik der durch die Vergiftung ausgelösten Krise „rückläufig“. Insgesamt sei der Zustand Nawalnys „stabil“, hieß es weiter in der Erklärung.
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Nawalny steht in Berlin unter dem Schutz des Bundeskriminalamts (BKA). Das Bundeskriminalamt ist laut Gesetz unter anderem zuständig für den Personenschutz von Mitgliedern der Bundesregierung, aber auch von ausländischen Gästen, beispielsweise bei Staatsbesuchen. In Regierungskreisen hieß es, über diese Regelung im BKA-Gesetz sei es möglich, in dem Fall zu helfen.
(dpa/amw/ba/bef)