Düsseldorf. Das Ergebnis der NRW-CDU kann als Bonus oder Malus für Laschets Ambitionen in der Bundespolitik gelesen werden. Auch die SPD bangt.

Wie Armin Laschet den Kommunalwahl-Sonntag verbringen wird, ist noch nicht bis ins Detail geplant. Fest steht nur, dass Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident am Mittag zu Hause im Aachener Wahllokal zur Stimmabgabe schreiten und am späteren Abend zur „Düsseldorfer Runde“ im WDR-Fernsehstudio erwartet wird.

Dazwischen taucht er möglicherweise auf der einen oder anderen CDU-Wahlparty in den Rathäusern des Landes auf. Vor fünf Jahren hatte sich Laschet spontan nach Essen und Oberhausen fahren lassen, um die CDU-Überraschungssieger Thomas Kufen und Daniel Schranz in der einstigen „roten Bastion“ Ruhrgebiet zu herzen.

Umarmen fällt in Corona-Zeiten zwar aus, aber der Ministerpräsident dürfte am Sonntag schon darauf achten, ein wenig Abglanz der Sieger auf sich zu lenken. Laschet will im Dezember zum CDU-Bundesvorsitzenden gewählt werden, und die Kommunalwahlen in NRW sind der bundesweit wichtigste Stimmungstest in diesem Jahr.

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Kommunalwahl in NRW – Als Trophäe gilt Düsseldorf

Alle Bemühungen, den Urnengang zum lokalen Ereignis kleinzureden, fielen halbherzig aus. „Ich glaube, dass die Bundes- und Landespolitik einen Beitrag dazu leisten kann, dass ein gutes Gesamtklima da ist, aber letztlich werden die Wahlen vor Ort entschieden“, sagte Laschet. Er wolle das Ergebnis „für mich nicht überbewerten, sondern anerkennen, dass es die Kommunalpolitiker vor Ort waren, die es für sich erkämpft haben“.

Laschet weiß natürlich, dass das Abschneiden der NRW-CDU auch als Bonus oder Malus für seine bundespolitischen Ambitionen gelesen wird. Die Umfragen sagen Einbußen gegenüber der letzten Kommunalwahl voraus, doch damals war die AfD mit 2,5 Prozent noch eine Splitterpartei und der heute riesige Zuspruch für die Grünen nicht vorstellbar.

Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen.
Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. © dpa | Andreas Krebs

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Laschets CDU dürfte dennoch die Position als klare Nummer eins verteidigen, was im einstigen SPD-Stammland nicht als Selbstverständlichkeit abgehakt werden soll. „In einem Land, das 50 Jahre nicht von meiner Partei regiert wurde, wäre es ein gutes Signal, wenn man mit Abstand vorne läge – auch bei einer Kommunalwahl“, erklärte Laschet.

Mindestens so wichtig für die Lesart dieser Kommunalwahl ist das Abschneiden in den Großstädten. Als Trophäe gilt die Landeshauptstadt Düsseldorf. Hier hat CDU-Kandidat Stephan Keller gute Aussichten, den oft unglücklich agierenden SPD-Amtsinhaber Thomas Geisel in die Stichwahl zu zwingen. Mit Spannung schaut Laschet auch ins lange tiefrote Essen, wo Parteifreund Kufen die Wiederwahl im ersten Wahlgang schaffen könnte.

Grüne schoben sich schon bei Europawahl auf den zweiten Platz

Der 47-jährige, liberal ausgerichtete und bekennend homosexuelle Kufen ist nicht nur ein Vertrauter des Ministerpräsidenten, sondern gilt als lebender Beweis dafür, dass die CDU abseits ihrer Hochburgen im ländlichen Raum auch „Großstadt kann“, wie es im Polit­sprech heißt.

Laschet ließ sich am Donnerstag noch eilig mit den wenigen weiblichen Kandidatinnen seiner Partei für die Landrats- und Oberbürgermeisterämter fotografieren. Er will dem Eindruck entgegentreten, dass die CDU inzwischen eine Partei der alten weißen Männer vom Lande ist. Vor einigen Wochen hatte ein Gruppenfoto mit Laschet und einer Riege männlicher, mittelalter Bewerber der Ruhr-CDU in Oberhemden für viel Spott in den sozialen Netzwerken gesorgt.

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Längst schicken sich die Grünen an, zur dominanten Kraft in den NRW-Großstädten zu werden. Sie sind über ihre klassischen Milieus in Studentenstädten wie Köln, Bonn und Münster hinausgewachsen. Bei der Europawahl 2019 schoben sie sich bereits mit gut 23 Prozent hinter der CDU auf den zweiten Platz. Nun wollen sie wie in Baden-Württemberg über die Kommunen ein Fundament für die Macht im Land gießen. In Großstädten wie Wuppertal und ausgerechnet Laschets Heimat Aachen könnten sie erstmals den OB stellen.

Für die am Boden liegende NRW-SPD käme vor allem der Verlust Dortmunds einer Katastrophe gleich, die bis ins Willy-Brandt-Haus nach Berlin ausstrahlen würde. Die von Herbert Wehner „Herzkammer der Sozialdemokratie“ getaufte Stadt wurde seit dem Zweiten Weltkrieg verlässlich gewonnen. Doch bundesweit katastrophale Umfragewerte, die Landtagswahlpleite von 2017 und anhaltende Personalquerelen im Landesverband lassen selbst diese letzte Bastion bröckeln.