Berlin. Wegen Corona wurden viele Hochzeiten verschoben oder abgesagt. Darunter leiden nicht nur die Paare – sondern auch eine große Branche.

Im Oktober müsste doch eigentlich alles wieder halbwegs normal sein, hatte sich Katharina K. noch im Frühjahr gedacht. Sie plante auf einem Schloss im Erzgebirge zu heiraten. Hätte man ihr damals gesagt, dass sie ihre große Hochzeitsfeier wegen Corona absagen würde – sie hätte es nicht geglaubt.

Inzwischen hat die 29-Jährige geheiratet – allerdings nur standesamtlich, denn der Termin war von vornherein nur mit dem engsten Kreis geplant. Die Hochzeit in der Kirche haben K. und ihr Mann auf 2021 verschoben, den Tag haben sie noch nicht festgelegt. Jetzt, in dieser unsicheren Zeit, neu einzuladen, erscheint ihr absurd. Wer weiß schon, wie lange die Pandemie noch andauert?

Corona-Pandemie: Keine Gewissheit bei der Hochzeitsplanung

Diese Unsicherheit erlebten 2020 die meisten Heiratswilligen. Gerade weil private Feiern zuerst gar nicht und dann oft nur stark eingeschränkt möglich waren. Darunter litt auch die gesamte Hochzeitsbranche – vom Planer über den Caterer bis zu den Floristen.

Umso gespannter erwarteten die Geschäftsleute die Ergebnisse der Schaltkonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidenten. Denn dabei sollte es auch um neue Regeln für private Feiern gehen. Einige Länderchefs und Merkel selbst hatten auf Einheitlichkeit gedrängt. Bundesweit geltende Vorschriften würden zu mehr Verlässlichkeit, Kenntnis und Einhaltung führen. Es ist nun trotzdem beim Flickenteppich geblieben.

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Infektionsschutz: Keine einheitlichen Regelungen für private Feiern in Deutschland

Der sieht nicht nur unterschiedliche Regeln für private Feste vor – die Obergrenzen wirken teils willkürlich gewählt. Beispielsweise dürfen in Berlin derzeit 500 Personen zusammenkommen. In Bayern darf eine Hochzeit im Innenbereich dagegen mit bis zu hundert Personen gefeiert werden, in Niedersachsen sind nur 50 Gäste erlaubt. Viele Landesregierungen argumentieren, dass sie die Obergrenzen für Veranstaltungen kurzfristig an das jeweilige Infektionsgeschehen vor Ort anpassen wollen.

Gerade diese Kurzfristigkeit stellt für Trauungen ein großes Problem dar: Paare brauchen, um eine Hochzeit planen zu können, vor allem Sicherheit. Die meisten fangen rund eineinhalb Jahre vor ihrem Wunschtermin mit der Organisation der Feier an. Zudem sind Hochzeitsfeiern kostspielig, im Durchschnitt gibt ein Paar 10.000 Euro dafür aus. Doch solange es keinen Impfstoff gibt, scheint kein Datum gegen Absagen immun. Auch die Hochzeitsbranche leidet immens darunter.

Corona-Soforthilfen: Keine Unterstützung für Hochzeitsdienstleister

„Wir benötigen einheitliche Fahrpläne“, sagt Svenja Schirk, Pressesprecherin des Vereins „Bund deutscher Hochzeitsplaner“. Schirk, selbst Hochzeitsplanerin, hat in diesem Jahr laut eigener Aussage noch keinen Cent verdient. Die Soforthilfen der Bundesregierung hätten den meisten Hochzeitsdienstleistern nicht genützt, da sie nur für Betriebskosten verwendet werden dürfen. Die wenigsten Hochzeitsplaner haben aber ein eigenes Büro oder sonstige Ausgaben. Vor allem, wenn es keine Hochzeiten zu organisieren gibt.

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Genauso geht es Uli Knieknecht, der als Hochzeitsplaner in Berlin tätig ist. Der 39-Jährige hatte dieses Jahr eigentlich über fünfzig Termine im Kalender stehen. Große Feiern, Trauzeremonien. Mehr als die Hälfte sind abgesagt oder auf 2021 verschoben worden. Knieknecht hat sich für viele „seiner“ Paare um den Rattenschwanz an Absagen gekümmert: Fotografen, DJs, Bands, Floristen, Bäcker, Caterer, Stylisten, Locations.

Corona-Shutdown betraf vor allem die Hochzeitssaison

Das Versprechen fürs Leben beschäftigt mittlerweile eine riesige Branche. Dieser Hochzeitsmarkt ist von der Corona-Krise aus zwei Gründen besonders stark betroffen: Zum einen leben die meisten Dienstleister von der Hand in den Mund, so Svenja Schirk. Viele Kollegen hätten allein deswegen in den letzten Monaten Insolvenz anmelden müssen, der Umsatzschaden der Hochzeitsbranche läge in Milliardenhöhe.

Der andere Grund liegt auf der Hand: Geheiratet wird meist von Mai bis August. „Das kann nicht mehr wettgemacht werden“, sagt Uli Knieknecht. Das Verschieben der Feiern auf 2021 führt für ihn eher zu Terminproblemen als zu einem Lichtblick. Gerade weil die meisten Veranstaltungsorte in den beliebten Monaten schon ausgebucht sind – wenn sie denn die Corona-Krise überstehen.

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Einschränkungen bei privaten Feiern: Weniger kirchliche Trauungen in 2020

Doch nicht nur das Geschäft rund um das Ja-Wort leidet unter der Corona-Pandemie. Auch das kirchliche Leben hat monatelang nur eingeschränkt stattgefunden, für viele Paare und Gemeinden war und ist das eine Belastung, erklärt Thomas Schlichting, Ordinariatsdirektor für Seelsorge und kirchliches Leben der Erzdiözese München und Freising.

Mittlerweile seien in den Pfarreien zwar wieder Hochzeiten möglich, natürlich aber nur mit Abstand, Masken und anderen Hygienemaßnahmen. „Der Gottesdienst ist gerade gut möglich, die Feier danach ist eher das Problem“, so Schlichting. Die meisten Paare könnten sich ihre Hochzeit unter diesen Corona-Auflagen nicht vorstellen. Denn viele haben tatsächlich den Anspruch: Dieser Tag soll unvergesslich, wenn nicht sogar der schönste ihres Lebens sein.

Viele Trauungen seien deshalb auf das nächste Jahr verschoben worden, einige auch auf unbestimmte Zeit. Wie viele Hochzeiten genau nicht stattgefunden haben, kann die Erzdiözese noch nicht sagen.

Evangelische Landeskirchen beobachten Corona-Knick bei Hochzeiten

Die evangelischen Landeskirchen können hingegen schon einen Corona-Knick bei den Hochzeiten prognostizieren. Die Landeskirche Württemberg geht beispielsweise davon aus, dass letztlich mehr als ein Drittel bis hin zur Hälfte der kirchlichen Trauungen insgesamt dieses Jahres verschoben oder abgesagt wurden.

In den evangelischen Kirchen in Berlin, Brandenburg und der Oberlausitz haben bisher nur 114 Trauungen stattgefunden. Zum Vergleich: Im letzten Jahr waren es im Zeitraum bis zum 31. August schon 1.020 kirchliche Trauungen. Das entspricht einem Rückgang von nahezu 90 Prozent. Das Statistische Bundesamt verzeichnete allein im Mai rund 15.000 weniger Eheschließungen im Vergleich zum Vorjahr.

Planer wünschen sich bundesweit transparente Regelungen

Wie es für die von ihm beratenen Paare und sein Geschäft weitergeht, weiß Uli Knieknecht noch nicht. Auch Hochzeitsplanerin Svenja Schirk blickt unsicher auf die nächsten Monate, das nächste Jahr. Beide hätten sich gewünscht, dass die Ministerpräsidenten sich auf transparente Regelungen für private Feiern einigen. Dass es einen Fahrplan gibt, wann die Lage jeweils neu bewertet wird, wann gelockert werden kann.

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    Die frischvermählte Katharina K. ist erleichtert, dass sie ihre Hochzeitsfeier im Oktober abgesagt hat. Sie will frühestens Ende des Jahres mit ihrem Mann überlegen, wie und wann sie sich 2021 das kirchliche Ja-Wort geben. Nach ihrer standesamtlichen Trauung hatten sie schließlich mit einer Handvoll Freunden und dem engsten Familienkreis im Garten gefeiert.

    Das habe ihnen gezeigt, dass sie vielleicht gar nicht auf einem kleinen Schloss mit Florist und DJ und allem Drumherum heiraten müssen. Sondern dass es gerade jetzt viel mehr bedeute, mit den Menschen zusammen zu kommen, die einem wichtig sind.

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