Berlin. Die SPD und Thilo Sarrazin stritten vor dem höchsten Parteigericht. Nun bestätigte es einen Parteiausschluss des Politikers.
Das oberste Parteischiedsgericht der SPD hat den Parteiausschluss des umstrittenen Autors Thilo Sarrazin bestätigt. Der Parteiausschluss sei damit wirksam, teilte die Bundesschiedskommission am Freitag in Berlin mit.
Das Verfahren begann um 10 Uhr im Berliner Willy-Brandt-Haus, der Zentrale der Partei. Sarrazin will die Entscheidung vor dem Berliner Landgericht anfechten. „Aus meiner Sicht stand die Entscheidung vor der mündlichen Verhandlung bereits fest“, sagte er.
„Dies war kein offenes, ehrliches und faires Verfahren“.Kein Zitat aus seinem Buch „Feindliche Übernahme: Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht“, das den Ausschlag für den Parteiausschluss gegeben hat, sei als falsch oder rassistisch qualifiziert worden, sagte Sarrazin. Er werde die schriftliche Urteilsbegründung abwarten und dann Berufung vor dem Landgericht Berlin einlegen. „Wenn Sie von jemandem beschimpft werden und moralisch abqualifiziert werden als Rassist und Rechtspopulist, dann haben Sie keine Wahl, als Ihren Ruf zu verteidigen. Das werde ich tun.“
Die SPD-Spitze versucht seit längerem, dem umstrittenen Berliner Ex-Senators das Parteibuch zu entziehen. Der Grund ist Sarrazins Arbeit als Autor: In seinem 2018 veröffentlichten Buch „Feindliche Übernahme: Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht“ sieht die Partei „rassistische Thesen“, wie es Generalsekretär Lars Klingbeil formuliert.
SPD-Spitze sieht bei Sarrazin „rassistische Thesen“
Sarrazin dagegen, der die SPD-Führung „teilweise in den Händen fundamental orientierter Muslime“ sieht, ist der Meinung, er habe „wissenschaftliche Sachbücher geschrieben“.
Schiedsgerichte auf unteren Ebenen der Partei hatten bereits entschieden, dass Sarrazin wegen parteischädigenden Verhaltens ausgeschlossen werden kann. Sarrazin ging jeweils in Berufung. Für den Fall, dass er auch vor dem höchsten Parteigericht verlieren sollte, hat der ehemalige Berliner Finanzsenator bereits angekündigt, notfalls durch alle Instanzen bis zum Bundesgerichtshof und zum Bundesverfassungsgericht zu gehen. Ein freiwilliges Austreten aus der Partei lehnt er ab.
SPD will Sarrazin seit zehn Jahren ausschließen
Das Verfahren ist nicht das erste Mal, dass die SPD den 75-Jährigen wegen seiner Bücher ausschließen will. Schon 2010 wollten ihn sein Berliner Kreisverband und auch die Parteispitze nicht mehr in der SPD haben. Damals ging es um „Deutschland schafft sich ab“, das Verfahren endete in einer gütlichen Einigung.
Wenig später brachte das Buch „Europa braucht den Euro nicht“ den ehemaligen Bundesbankvorstand erneut in die Kritik.
Die Bundesschiedskommission ist als oberstes Parteischiedsgericht der SPD zuständig für die Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten der Partei mit Mitgliedern oder über Satzungsfragen. Die Mitglieder sind unabhängig. Für einen Parteiausschluss sind die rechtlichen Hürden hoch, damit das Instrument nicht missbraucht werden kann. (dpa/tma)