Berlin. Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat laut einer Umfrage die größten Chancen, von der SPD als Spitzenkandidat aufgestellt zu werden.

Krisenzeiten sind Regierungszeiten. So lautet im Politikgeschäft ein Lehrsatz, der folgendes Phänomen beschreibt: Wenn ein Land vor einer Bedrohung von außen steht, schart sich die Bevölkerung hinter ihrer jeweiligen politischen Führung. Das ist hierzulande auch in der Corona-Krise zu beobachten – allerdings nur bei der Union, die in der Pandemie unverhofft in eine Hochphase geraten ist.

Die Zustimmung für den Regierungspartner SPD stagniert bestenfalls, jedoch auf bescheidenem Niveau. Dabei sind seit Wochen auch sozialdemokratische Minister an vorderster Front mit der Bewältigung der Corona-Krise befasst.

Olaf Schulz führt Umfragen mit weitem Vorsprung an

Dennoch wird laut einer exklusiven Kantar-Meinungsumfrage im Auftrag unserer Redaktion nur einem Genossen zugetraut, in Zukunft die politischen Geschicke des Landes zu lenken: Olaf Scholz. 42 Prozent von 1036 repräsentativ ausgewählten Befragten halten den Bundesfinanzminister als SPD-Kanzlerkandidaten für geeignet. Scholz liegt damit deutlich vor den anderen SPD-Spitzenpolitikern im Bund.

Aber: Weitere 40 Prozent erachten Scholz als ungeeignet für den Posten des Regierungschefs. 17 Prozent wissen es nicht oder machten keine Angaben. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und Familienministerin Franziska Giffey landen in der Rangfolge mit 19 beziehungsweise 16 Prozent Zustimmung nach Scholz auf den Plätzen zwei und drei.

Allerdings ist jeder zweite Befragte der Ansicht, dass letztlich weder Heil noch Giffey fürs Kanzleramt infrage kommen.

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SPD: Parteiführung schneidet schlecht ab

Besonders auffallend ist, wie schlecht die Parteiführung in dieser Frage abschneidet. Die SPD-Bundesvorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans kann sich gerade einmal ein Zehntel der Befragten im Kanzleramt vorstellen. Weit über die Hälfte der Befragten hält dagegen sowohl Esken als auch Walter-Borjans für untauglich als Kanzlerkandidaten.

Ähnlich sieht es bei SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil aus. Zugleich macht bei allen drei Mitgliedern der Parteiführung mehr als ein Drittel der Befragten keine Angaben. Dies könnte Rückschlüsse auf die öffentliche Bekanntheit der Vorsitzenden und ihres Generalsekretärs zulassen.

Noch geringer fällt das Zutrauen der Befragten in die Kanzlerfähigkeit von SPD-Bundestagsfraktionschef Rolf Mützenich aus. Ihn sehen gerade einmal sechs Prozent als geeignet an für das Amt des Regierungschefs. 49 Prozent finden, Mützenich bringe nicht die Voraussetzungen mit, 45 wissen es nicht.

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SPD-Anhänger wollen Scholz als Kanzlerkandidat

Interessant ist auch der Blick auf die Anhängerschaft der SPD. Während der amtierende Vizekanzler Scholz im vergangenen Jahr nach wochenlangem Ringen um den Parteivorsitz beim Mitgliederentscheid unterlag und die Basis sich am Ende für die GroKo-Kritiker Esken und Walter-Borjans entschied, liegen die Dinge in der Kanzlerfrage offenbar anders.

Laut der Kantar-Umfrage finden drei Viertel der SPD-Anhängerschaft (72 Prozent), dass Scholz die Voraussetzungen für eine Kandidatur mitbringt. Bei Giffey und Heil sind es je 34 Prozent.

Generalsekretär Klingbeil halten 26 Prozent der befragten SPD-Anhänger für kanzlertauglich. Er liegt damit deutlich vor Esken und Walter-Borjans, die abgeschlagen bei 16 beziehungsweise 15 Prozent Zuspruch landen. Auch Fraktionschef Mützenich sehen der Umfrage zufolge nur bescheidene 16 Prozent der Parteianhängerschaft im Kanzleramt.

Scholz findet vor allem bei der FDP Zustimmung

Auch Anhänger anderer Parteien halten Scholz in der SPD am ehesten als Kanzlerkandidaten geeignet. Am besten schneidet der 62-jährige Hanseat bei FDP-Anhängern ab. 78 Prozent von ihnen finden, dass Scholz unter den Sozialdemokraten die besten Voraussetzungen für das Amt mitbringt.

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Das sind höhere Werte als bei SPD-Sympathisanten. Unionsanhänger sehen zu 49 Prozent in Scholz einen geeigneten SPD-Kanzlerkandidaten, gefolgt von 45 Prozent aus den Reihen der Grünen und 36 bei der Linken. Bei AfD-Anhängern sind es neun Prozent.

Wird Wirecard für Scholz zum Stolperstein

Zuletzt hatten bereits mehrere führende SPD-Politiker Scholz als Kanzlerkandidaten ins Gespräch gebracht. Fraglich ist, wie es in den kommenden Wochen für ihn läuft. Als Finanzminister steht er derzeit stark mit der Aufarbeitung des Finanzskandals beim Zahlungsdienstleister Wirecard im Fokus.

Hintergrund: Wirecard-Pleite: Scholz kündigt Reform der Finanzaufsicht an

Am morgigen Mittwoch muss er sich in einer Sondersitzung des Finanzausschusses kritischen Fragen der Bundestagsabgeordneten zur Rolle der Regierung beim Thema Wirecard stellen.