Brüssel. Die EU-Asylagentur hat einen neuen Report veröffentlicht. Die Bundesregierung will auf EU-Ebene einen schnelleren Ausbau der Frontex.
Die Zahl der Asylbewerber in Europa ist wegen der Corona-Krise drastisch zurückgegangen: Im April wurden nur noch 7500 Erstanträge auf Asyl in der EU registriert – 85 Prozent weniger als im Vorjahresmonat und 87 Prozent weniger als im Januar und Februar.
Das geht aus einem neuen Report der EU-Asylagentur Easo hervor, der unserer Redaktion vorliegt. Grund für den Rückgang seien vor allem die Grenzschließungen. Teilweise dürfte es auch schwieriger gewesen sein, einen Asylantrag bei den Behörden zu stellen.
Die Bundesregierung setzt in der europäischen Flüchtlingspolitik jetzt verstärkt auf die Abschottung gegen irreguläre Migranten: Berlin will während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 den Schutz der EU-Außengrenzen vorantreiben.
In einem vertraulichen Entwurf des EU-Präsidentschaftsprogramms der Bundesregierung, der unserer Redaktion vorliegt, heißt es, die EU-Grenzschutztruppe Frontex solle ihre volle Einsatzfähigkeit mit 10.000 Grenzschützern schneller als bisher geplant erreichen. Bisher war dafür das Jahr 2027 vorgesehen – der Entwurf deutet nun 2023 an, die Halbzeit der nächsten Finanzplanungs-Periode.
EU-Kommission will neuen Vorschlag für gemeinsames Asylsystem präsentieren
Die deutsche Planung ist brisant: Die Flüchtlingspolitik kommt nach längerem Stillstand jetzt wieder auf die Tagesordnung, weil die EU-Kommission noch vor der Sommerpause einen neuen Vorschlag für ein gemeinsames EU-Asylsystem vorlegen wird – die EU-Staaten werden darüber in den nächsten Monaten unter deutscher Präsidentschaft beraten.
Zeitgleich muss über das neue Sieben-Jahres-Budget der EU ab 2021 entschieden werden, das auch für Frontex entscheidend ist. Berlin will nun einen starken Schwerpunkt auf den „effektiven Schutz der Außengrenzen“ setzen, um irregulärer Migration entgegenzuwirken und Schleusungskriminalität wirksam zu bekämpfen, wie es im Entwurf heißt.
Zudem will sich die Regierung dafür einsetzen, dass sich Asylbewerber bereits an den EU-Außengrenzen einem „Vorverfahren“ unterziehen müssen – Migranten, die offensichtlich nicht schutzbedürftig sind, soll bereits die Einreise in die EU verweigert werden.
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Berlin drängt auf gerechte Verteilung der Asylbewerber
Berlin will zudem die freiwillige Rückkehr von abgelehnten Asylbewerbern fördern und plädiert für eine Reform, die eine Überlastung einzelner Mitgliedstaaten durch eine gerechte Verteilung der Schutzsuchenden nach einem fairen Zuständigkeitsregime vermeidet. Bei dem erwarteten Vorschlag der EU-Kommission dürfte der Knackpunkt sein, ob alle EU-Staaten in bestimmten Fällen zur Aufnahme von Flüchtlingen gezwungen werden.
Das Kalkül von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) ist offenbar, dass der Verteilungsstreit entschärft wird, wenn Einigkeit über Asylprüfungen an den Außengrenzen besteht – so kämen weniger Asylbewerber in die EU.
Nach Einschätzung des CDU-Politikers Friedrich Merz wird das Schicksal der EU von der deutschen Ratspräsidentschaft abhängen. „In diesen Wochen und Monaten entscheidet es sich für Europa: Champions League oder Kreisklasse“, sagte Merz unserer Redaktion.
Der beginnende Ratsvorsitz könne „eine der letzten Chancen für Europa“ sein, gestärkt aus der Corona-Krise herauszugehen. Die EU müsse „so geschlossen auftreten, dass sie auf der Weltbühne gleichberechtigt neben den USA und China handeln kann“.
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