Washington. US-Präsident Donald Trump zeigt in der aktuellen Krise erneut seine rassistische Seite. Das hat bei ihm seit Jahrzehnten Tradition.

83 %. 90 %. 76 %. Für Donald Trump waren die Umfrage-Zahlen, die Anfang des Jahres die Meinung des schwarzen Amerikas über ihn bündelten, verheerend. 83 % der über 40 Millionen Afro-Amerikaner halten den Präsidenten für einen Rassisten. 90 % lehnen seine Amtsführung ab. 76 % finden pauschal, dass alles, was Trump als Präsident tue, ihrem Leben abträglich ist.

Nach dem Tod von George Floyd durch einen weißen Polizisten in Minneapolis erwarten Experten und Demoskopen, dass Trump, der sich vor der Coronavirus-Krise rühmte, Hervorragendes für die „black community” geleistet zu haben, noch weiter in Ungnade fallen könnte. Der Grund, betonen Kommentatoren, liege in der Indifferenz, mit der Trump auf den x-ten Fall von unverhältnismäßiger, ja krimineller Polizeigewalt gegen Schwarze reagiert hat.

Persönliche Worte, Empathie, das Benennen der offenen Rassismuswunde Amerikas, Kritik an der Polizei und ihrer strukturellen Benachteiligung von Minderheiten – all das ließ Trump nach Minneapolis so sehr vermissen, dass einmal mehr die These in Umlauf geriet, die Trump seit Jahren begleitet: Dass er, wie der Pulitzerpreisträger und Bestseller-Autor David Cay Johnston sagt, ein Rassist sei, für den „Amerika ein weißes, christlich-jüdisch geprägtes Land” zu sein hat. Lesen Sie mehr zu den Unruhen in den USA in unserem Newsblog.

Rassismus: Trump soll schon in den 70er Jahren Schwarze gezielt benachteiligt haben

Johnston, der umfangreich über Trump publiziert hat, erinnert in Interviews immer wieder daran, dass die Wurzeln für Trumps persönliche Ideologie Jahrzehnte zurückliegen. Schon in den 70er Jahren stand der Immobilienkonzern von Trumps Vater in New York vor Gericht unter Verdacht, gezielt Schwarze und Latinos bei der Wohnungsvergabe übergangen zu haben.

Ihnen wurde wahrheitswidrig bedeutet, die jeweilige Wohnung sei bereits vermietet. Als Trump in Atlantic City in die Glücksspielbranche eintrat, sagte später ein Casino-Manager, Trump habe angeordnet, dass in der Buchhaltung keine Schwarzen angestellt werden dürfen. Wenn er die Casinos betrat, mussten Schwarze aus seinem Blickfeld entfernt werden, behauptet der Manager. Trump bestreitet das.

Trump spricht von Floyd - und erntet Kritik

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    Sein Standard-Konter vor Journalisten lautet seit Jahren: „Ich bin die am wenigsten rassistische Person, die Sie je getroffen haben.” Was Barack Obama anders sehen muss. 2011 gab Trump der hinlänglich widerlegten Verschwörungstheorie der „Birther“-Bewegung Auftrieb. Indem er die Vorlage der Geburtsurkunde Obamas verlangte und unterschwellig behauptete, der Schwarze sei kein legitimer Präsident, weil nicht wirklich in den USA zur Welt gekommen.

    Trump forderte die Todesstrafe für fünf jugendliche Schwarze

    Trump wusste um die infame Haltlosigkeit, spielte die Karte dennoch über Monate. Seine Botschaft an das weiße, rechts-nationale Amerika: Ein Schwarzer gehört nicht ins Weiße Haus.

    Noch perfider war Trumps Umgang mit den „Central Park Five”. Fünf Teenager zwischen 14 und 16, Schwarze und Latinos, die 1989 für die Vergewaltigung und Beinahe-Tötung einer 28-jährigen Weißen in New Yorks grüner Oase verantwortlich gemacht wurden.

    Trump schaltete Zeitungsanzeigen, in denen er die Todesstrafe für die jungen Männer forderte, die teilweise 13 Jahre lang im Gefängnis saßen. Bis sie durch DNA-Beweise komplett entlastet und für unschuldig erklärt wurden. 2014 bekamen sie von der Stadt New York über 40 Millionen Dollar Entschädigung. Lesen Sie auch: Proteste in den USA werden lauter – und Trump bleibt stumm

    Noch im Wahlkampf 2016 ließ Trump durchblicken, dass er das Quintett weiter für schuldig hält. Zahlreich sind Trumps Ausfälle gegen prominente Schwarze, die ihn kritisieren. Der Basketball-Star LeBron James, die demokratische Kongress-Abgeordnete Maxine Waters, der schwarze CNN-Moderator Don Lemon – sie alle mussten sich von Trump de facto anhören, sie seien intellektuell unterbemittelt.

    Für den NFL-Football-Spieler Colin Kapernick, der sich 2016 aus Protest gegen tödliche Polizeigewalt gegen Schwarze beim Abspielen der Nationalhymne demonstrativ hingekniet hatte, fand Trump die Bezeichnung „Hurensohn”. Auch interessant: Tod von George Floyd – Haben US-Polizeireformen eine Chance?

    US-Präsident verteidigte Rassisten von Charlottesville

    Nicht nur Afro-Amerikaner sind Zielscheibe seiner Ressentiments. Trump titulierte noch im Wahlkampf 2015 Migranten aus Mexiko als Vergewaltiger und Mörder. Trump unterstellte einem US-Richter mit hispanischen Wurzeln, er könne in der Frage des Mauerbaus an der Grenze zu Mexiko gar nicht unbefangen urteilen.

    Trump forderte vier demokratische Kongress-Abgeordnete wie die streitbare Ilhan Omar auf, die im Kindesalter als Flüchtling aus Somalia in die USA kam, zurück in ihre „Heimat” zu gehen. Als Sündenfall par excellence wird bis heute Trumps Reaktion gewertet, als weiße Rassisten 2017 durch Charlottesville im Bundesstaat Virginia zogen und dabei mit Fackeln in der Hand skandierten: „Die Juden werden uns nicht verdrängen.”

    Eine junge Frau starb, als ein Neonazi mit seinem Auto in eine Gruppe Gegendemonstranten fuhr. Statt die Tat unmissverständlich zu verurteilen, trat Trump den Rechtsextremen an die Seite. „Da waren auch gute Leute dabei“, sagte er. Der Historiker Joseph Palermo schrieb damals: „Die Rassisten haben einen Freund im Weißen Haus.”

    Weiße, verunsicherte Wähler sind Trumps Zielgruppe

    Im aktuellen Fall der Ausschreitungen und Plünderungen nach Minneapolis, kommentieren US-Medien, könnte Trump mit seiner betont harten Haltung für „Recht und Ordnung” vor allem bei weißen, verunsicherten Wählern bei der Wahl am 3. November punkten.

    Allerdings war auch hier das Augenrollen nicht zu übersehen, als Trump jüngst die leichte Entspannung am durch Corona komplett abgestürzten Arbeitsmarkt (40 Mio. ohne Beschäftigung) so illustrierte: „Hoffentlich schaut George genau jetzt herab und sagt: ,Unserem Land passiert eine großartige Sache`. Das ist ein großartiger Tag für ihn, das ist ein großartiger Tag für alle.”

    Er meinte tatsächlich Georg Floyd, der in Minneapolis auf offener Straße qualvoll starb, weil ein Polizist ihm mit dem Knie die Luft abdrückte.