Berlin. Regierung plant Milliardenhilfen. An diesem Mittwoch wollen Union und SPD weiter beraten – auch um Fehlentscheidungen zu vermeiden.

Um kurz nach zehn Uhr am Dienstagvormittag trafen bereits die Partei- und Fraktionschefs der Union bei Angela Merkel (CDU) im Kanzleramt ein. Sie bereiteten das Spitzentreffen der Koalition vor, das am Nachmittag begann. Es sollte ein langer Abend werden. Denn zu besprechen gab es jede Menge.

Nichts weniger als das größte Konjunkturpaket der letzten Jahrzehnte wollte die Koalition auf den Weg bringen. Mit bis zu 80 Milliarden Euro sollen die zum Erliegen gekommene Kauflaune der Deutschen stimuliert sowie die besonders hart von der Pandemie getroffene Wirtschaftsbranchen gestützt werden.

156 Milliarden Euro Neuschulden – und die Lehren aus 2019

Angesichts des hohen Beratungsbedarfs einigten sich CDU, CSU und SPD darauf, die Verhandlungen voraussichtlich noch vor Mitternacht zu unterbrechen. Die Gespräche sollten an diesem Mittwochvormittag nach der Kabinettssitzung fortgesetzt werden. Man wolle ohne Zeitdruck sprechen, hieß es zur Begründung.

Die Koalitionäre zogen damit Lehren aus dem Verhandlungsmarathon im Herbst 2019 zum Klimapaket. Mehr als 18 Stunden hatte man seinerzeit im Kanzleramt gesessen – und weitreichende Entscheidungen getroffen, die manche in der Regierung später teilweise bereuten und auch korrigierten.

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans sagte vor Beginn des Treffens, für das Konjunkturpaket werde eine Liste mit 60 Vorschlägen beraten. „Es wird sich lange hinziehen.“

Der Umfang der bisher größten Konjunkturmaßnahmen, die 2008 und 2009 in Folge der Finanzkrise auf den Weg gebracht wurden, wurde damals auf gut 90 Milliarden beziffert. Allerdings liegt der Bund in der Corona-Pandemie schon jetzt weit über dieser Summe und hat bereits 156 Milliarden Euro für neue Schulden eingeplant. Für das Konjunkturprogramm, über das nun verhandelt wird, könnten weitere Kredite nötig werden.

SPD kämpft für Bonus für Familien

Besonders umstritten war eine Auto-Abwrackprämie, um die deutsche Schlüsselindustrie und von ihr abhängige Branchen wie Zulieferer zu stützen. Dafür gab es in der Koalition auf beiden Seiten Befürworter und Gegner. Die „Autoländer“ Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen schlugen eine „Innovationsprämie“ vor. Gefördert werden sollten aus Sicht von Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder nicht nur Elektro-Autos, sondern auch effizientere Verbrenner (Diesel und Benzin), die weniger CO2 produzieren.

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Die SPD wollte das nicht mitmachen. „Eine Kaufprämie für Autos der Verbrennertechnik wird es mit uns nicht geben“, sagte Parteichefin Saskia Esken.

Weitgehend unstrittig in der Koalition war mehr Unterstützung für Familien. Im Gespräch war ein einmaliger Bonus von 300 Euro pro Kind. Die SPD setzte sich dafür besonders ein. Aber auch Unionspolitiker hatten Sympathien dafür gezeigt. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sprach sogar von 600 Euro. Auch in der Finanzkrise 2009 gab es einen Kinderbonus: Für jedes Kind wurden den Eltern einmalig 100 Euro überwiesen.

Vorschlag von Scholz: Gemeinden die Altschulden abnehmen

Der Deutsche Städtetag forderte angesichts massiver Steuerausfälle erneut einen Rettungsschirm für die Kommunen sowie die Übernahme von Altschulden. „Wir erwarten von der Koalition, dass sie mit ihrem Konjunkturpaket die Investitionskraft der Kommunen in der Corona-Krise stärkt“, sagte Städtetagspräsident Burkhard Jung. Städte- und Gemeinden leiden, weil ihnen durch die Krise Steuereinnahmen wegbrechen und gleichzeitig mehr Kosten durch steigende Arbeitslosigkeit entstehen.

SPD-Finanzminister Olaf Scholz möchte Städten und Gemeinden unter anderem durch Übernahme ihrer Altschulden helfen. Aus der Union kam ein Gegenvorschlag: Der Bund könnte einen größeren Anteil der Wohnkosten von Hartz-IV-Empfängern tragen und auf Anteile aus der Gewerbesteuer verzichten.

Um die Verkehrswende für mehr Klimaschutz zu beschleunigen, fordert Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bis zu 28 Milliarden Euro unter anderem für Bahn und digitale Infrastruktur. Damit die Milliarden schnell wirken und die Nachfrage ankurbeln, bleibt der Politik nicht viel Zeit. Bis zur Sommerpause hat der Bundestag nur noch zwei Sitzungswochen. Der Bundesrat tagt noch einmal.

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