Berlin. Wirtschaftsminister Altmaier will mit einem Konjunkturpaket Unternehmen entlasten. Die SPD positioniert sich gegen eine Abwrackprämie.

Anfang Juni wollen die Spitzen der Koalition ein bis zu 150 Milliarden Euro teures Konjunkturprogramm auf den Weg bringen, um die wegen der Corona-Pandemie am Boden liegende Wirtschaft anzukurbeln.

Jetzt erhebt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) weitreichende Forderungen, wie die Unternehmen konkret gestärkt werden sollen. „Wir müssen den Mut aufbringen, neben einem reinen Konjunkturprogramm jetzt auch Reformen zur Modernisierung unseres Landes anzugehen“, sagte der CDU-Politiker unserer Redaktion.

„Denn der internationale Wettbewerb wird sich durch Corona noch verschärfen, deshalb müssen wir die Wirtschaft zielgenau entlasten und stärken, um auch morgen noch Arbeitsplätze sichern zu können.“

Konjunkturprogramm: Scheitert die Grundrente jetzt doch noch?

Konkret forderte Altmaier: „Wir brauchen ein Belastungsmoratorium, eine Sozialabgabenbremse sowie spürbare Entlastungen. Neue Belastungen, Abgaben und Meldepflichten müssen wir wo immer möglich verhindern, aussetzen oder verschieben. Wir müssen auch bereits beschlossene Gesetze, die noch nicht in Kraft getreten sind, einem Belastungs-TÜV unterziehen.“

Dies dürfte beim Koalitionspartner SPD nicht gut ankommen. Beim jüngsten Koalitionsgipfel hatte es die SPD-Spitze als Provokation aufgefasst, als Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) - wie nun Altmaier – bereits verabredete Koalitionsprojekte wegen Corona auf Eis legen wollte. Noch immer gibt es bei CDU und CSU massive Vorbehalte gegen die Grundrente, die zum 1. Januar 2021 kommen soll. Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte dagegen jüngst betont, dass die Grundrente zum 1. Januar wie geplant kommt. Die FDP forderte einen Verzicht auf die Grundrente, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnt dagegen davor, das Projekt zu verschieben oder zu begraben.

SPD gegen eine klassische Auto-Abwrackprämie

Darüber hinaus sprach sich der Wirtschaftsminister dafür aus, Entlastungen wie den für 2021 geplanten Ausgleich der kalten Steuerprogression oder die Einführung der zweiten Stufe des Kindergelds vorzuziehen.

In der SPD wächst unterdessen der Widerstand gegen eine klassische Auto-Abwrackprämie wie nach der Bankenkrise. „Bevor wir wieder Milliarden in eine Abwrackprämie stecken, die alte Auto-Technik mit Benzin und Diesel konserviert, können wir Mobilität für Millionen Menschen neu denken und dem Klima effektiv helfen“, sagte der Vize-Chef der SPD-Bundestagsfraktion, Matthias Miersch, unserer Redaktion.

SPD-Fraktionsvize Miersch wirbt für 365-Euro-Ticket

Die Koalition wolle der von der Corona-Krise stark getroffenen Autoindustrie zwar helfen. „Aber der Staat muss Hilfen mit Auflagen verbinden, die einen ökologischen Strukturwandel beschleunigen. Dazu gehören aus meiner Sicht alternative Antriebe und eine massive Förderung des Öffentlichen Personennahverkehrs.“

Wegen der Corona-Pandemie würden die Menschen aus verständlichen Gründen wieder mehr Auto als Bus und Bahn fahren. Die Politik müsse hier gegensteuern: „Wir müssen für die Zeit nach der Krise unbedingt Preisanreize setzen, damit die Verbraucher das Auto vor allem in städtischen Ballungsgebieten stehen lassen“, sagte der Umweltpolitiker Miersch.

Viele Städte hätten sehr gute Erfahrungen mit 365-Euro-Tickets oder günstigen Jugend-Netzkarten gemacht. Auch die Grünen fordern seit Längerem ein Ein-Euro-Tagesticket. Miersch, der Chef des einflussreichen linken Parteiflügels in der SPD-Bundestagsfraktion ist, will bei Konjunkturimpulsen im Verkehrsbereichen die Bahn bevorzugen – ungeachtet des bevorstehenden Einstiegs des Staates bei der Lufthansa.

„Ich trete dafür ein, die Bahn massiv gegenüber dem Flugverkehr zu stärken. Mit dem Klimaschutzpaket hat die Bundesregierung bereits für sinkende Ticketpreise bei der Bahn gesorgt. Diesen Weg sollten wir konsequent weitergehen.“

Altmaier will Hilfen für Autohersteller an Klimaschutz knüpfen

Ebenfalls Anfang Juni wollen die Chefs der großen Autokonzerne erneut mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Altmaier über Absatzhilfen beraten. In der Banken- und Finanzkrise gab die damalige große Koalition 2009 fünf Milliarden Euro für eine Abwrackprämie aus. Neuwagenkäufer erhielten eine staatliche Prämie von 2500 Euro, wenn sie ihr altes Auto verschrotten ließen.

Altmaier plädierte dafür, Hilfen für die Autohersteller auch am Klimaschutz zu orientieren. „Die Autoindustrie befindet sich in einem Transformationsprozess, der durch die Kaufzurückhaltung im In- und Ausland erschwert wird“, sagte er. „Deshalb müssen wir neben der Nachfrage auch Innovationen und mehr Klimaschutz anreizen.“ Zuletzt hatte trotz Krise beispielsweise der E-Autobauer Tesla profitiert. Für die deutschen Autohersteller ist der Absatzmarkt dagegen weggebrochen.

Mehr zur Corona-Krise: