Washington. In der Corona-Krise gibt sich US-Präsident Trump plötzlich als Mahner und Warner. Das Weiße Haus rechnet mit bis zu 240.000 Toten.
Donald Trump ist im Krisenmodus. „Wir wollen, dass die Amerikaner auf die harten Tage vorbereitet sind, die vor uns liegen. Die nächsten zwei oder drei Wochen werden zu den schwierigsten gehören, die wir in diesem Land jemals hatten“, sagte der US-Präsident am Dienstag (Ortszeit) in Washington.
„Wir werden Tausende Menschen verlieren“, mahnte Trump. „Wir verlieren hier potenziell mehr, als man in einem Land in Weltkriegen verliert.“ Und: „Wir sind im Krieg mit einem tödlichen Virus.“
Coronavirus: Amerika hat mehr Tote als China
Noch deutlicher wurde die Coronavirus-Koordinatorin des Weißen Hauses, Deborah Birx. Sie prognostizierte einen Anstieg der Todesfälle auf insgesamt 100.000 bis 240.000 Menschen. Mit dem Höhepunkt der Corona-Epidemie rechnet das Weiße Haus laut den Aussagen in etwa zwei Wochen.
Die Website der Johns-Hopkins-Universität weist derzeit rund 190.000 Infizierte im Land aus – die höchsten Zahlen weltweit. Die USA sind das Epizentrum der Corona-Pandemie. Weit mehr als 3000 Tote verzeichnet Amerika – mehr als China, wo die globale Seuche ihren Anfang nahm. An einem Tag ist die Zahl der Toten um 865 gestiegen. Nur Spanien kommt derzeit auf ähnlich düstere Zahlen.
In New York warnen Mediziner vor einem Corona-„Tsunami“
Am schlimmsten ist die Lage in New York. In der Ostküsten-Metropole befinden sich ein Viertel aller Infizierten. Es mangelt an Krankenhausbetten, Atemschutzgeräten, Masken und Schutzkleidung. Schon heute schlagen Mediziner Alarm und warnen vor einem Corona-„Tsunami“. Der Gouverneur des Staates New York, Andrew Cuomo, schwört die Bürger auf harte Zeiten ein – und fordert lautstark Hilfe aus Washington, die nicht kommt.
Angesichts der exponentiell steigenden Zahl der Infizierten in New York könnten die Ärzte schon bald zur Triage gezwungen werden. Sie müssten dann entscheiden, welche Patienten die besten Überlebenschancen haben und behandelt werden – und welche nicht. Es ist das Horror-Szenario, das Mediziner in Norditalien in die schiere Verzweiflung getrieben hatte.
Trump: Ohne Maßnahmen wären bis zu 2,2 Millionen Tote zu befürchten
„Es ist absolut entscheidend für das amerikanische Volk, die Richtlinien für die nächsten 30 Tage zu befolgen. Es ist eine Frage von Leben und Tod“, betonte Trump. Ohne Maßnahmen zur Eindämmung wären nach Prognosen zwischen 1,5 und 2,2 Millionen Tote zu befürchten gewesen. Die Regierung habe in der Krise bislang einen „fantastischen Job“ gemacht, behauptete der Präsident.
Dass bei einer schnelleren Reaktion und guten Vorbereitung auf höchster Ebene auch eine deutlich niedrigere Opferzahl möglich gewesen wäre, erwähnte Trump nicht. Bereits im Januar hatten Experten den Präsidenten vor den Risiken einer Ausbreitung in den USA gewarnt. Eine entschiedene Antwort blieb aus.
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Zu Beginn der Krise hatte der Präsident Corona mit einer „kleinen Grippe“ verglichen
Im Gegenteil. Zu Beginn der Krise hatte Trump die Corona-Epidemie kleingeredet. Die Krankheit sei „wie eine kleine Grippe“ und werde sich „wie durch ein Wunder“ verflüchtigen, hatte er schwadroniert. Bereits zu Ostern wollte der Präsident volle Kirchen und die Wirtschaft wieder unter Dampf sehen.
Am Dienstagabend betonte er erneut, die USA hätten inzwischen mehr Menschen getestet als jedes andere Land der Welt. Die Frage, warum trotzdem immer noch nicht jeder, der einen Test benötige, diesen auch bekomme, beantwortete er nicht. Dabei hatte Trump schon vor mehr als drei Wochen vollmundig versprochen: „Jeder, der einen Test braucht, bekommt einen Test.“
Vor einem New Yorker Krankenhaus wird eine Leichenhalle errichtet
Durch diese Verharmlosungstaktik verloren die USA wertvolle Zeit. Erst spät schaltete das Land in den Krisenmodus. Um dem Mangel an medizinischer Infrastruktur entgegenzuwirken, hat die US-Regierung mit dem Aufbau von Hunderten behelfsmäßigen Krankenhäusern in der Nähe ihrer Großstädte begonnen.
Im New Yorker Central Park wird ein riesiges Hospital hochgezogen. Vor dem größten Krankenhaus der Stadt wird ein Zelt errichtet, das als provisorische Leichenhalle genutzt wird. Die Glitzer-City, die durch die Terroranschläge am 11. September 2001 am härtesten getroffen wurde, stellt sich auf schwierige Tage ein.