Washington. Während US-Mediziner ein Übergreifen des Coronavirus auf die USA für „unausweichlich” halten, redet Präsident Trump das Problem klein.
Während US-Mediziner und Gesundheitsexperten ein Übergreifen des Coronavirus auf die Vereinigten Staaten für „unausweichlich” halten und die Bevölkerung vorbeugend warnen, redet Präsident Donald Trump nach Ansicht der oppositionellen Demokraten das Problem aus Angst um seine Wiederwahl-Chancen fahrlässig klein.
Hintergrund: Die Sorgen vor der Ausbreitung des neuartigen Virus, für das nach Angaben des „National Health Service” (NHS) frühestens in 12 bis 18 Monaten ein Impfstoff eingesetzt werden kann, hat an den US-Börsen eine drastische Talfahrt ausgelöst. Der US-Leitindex Dow Jones verlor binnen zwei Tagen fast 2000 Punkte. Wirtschaftsexperten schließen nicht aus, dass sich das ohnehin verlangsamte Wirtschaftswachstum in den USA in den kommenden Monaten weiter eintrüben könnte, wenn die weltwirtschaftlichen Kollateralschaden durch das Coronavirus voll durchschlagen.
Das wiederum könnte die stark ökonomisch getriebene Bereitschaft vieler Wähler beeinträchtigen, Trump im November eine zweite Amtszeit zu gewähren, mutmaßen US-Medien.
Coronavirus: Bisher vergleichsweise wenig Infektionen in den USA
Bisher haben die USA nach eigenen Angaben mit nicht mehr als 60 Infektionsfällen zu tun; kein Vergleich zu den rund 2700 Erkrankungstoten allein in China. Bisher hatten US-Behörden den Eindruck vermittelt, die Lage unter Kontrolle zu haben. Am Dienstag leitete Nancy Messonnier, Chefin der Abteilung für Immunisierung und Atemwegserkrankungen bei der Gesundheitsbehörde CDC, die Kehrtwende ein.
Es sei nur noch eine Frage der Zeit, wann das Coronavirus in den USA Platz greifen wird. „Wir bitten die amerikanische Öffentlichkeit, sich auf die Aussicht vorzubereiten, dass das schlimm sein könnte”, sagte Messonnier.
Trump zu Coronavirus in den USA: „Sehr gut unter Kontrolle“
Kurz zuvor hatte Trump auf der Schlussetappe seiner Indienreise das Gegenteil skizziert: Die Erkrankung sei „sehr gut unter Kontrolle” in Amerika. „Viel Talent und eine Menge Gehirnschmalz” würden eingesetzt, um wirksame Gegenstrategien zu entwickeln, sagte Trump in Neu Dehli.
Als Verstärker für seine Entwarnungsstrategie stellte sich in Washington der oberste Wirtschaftsberater der Regierung, Larry Kudlow, zur Verfügung. „Wir haben das eingedämmt. Ich will nicht sagen luftdicht, aber ziemlich nah dran an luftdicht”, sagte der frühere TV-Moderator. Mit starken Beeinträchtigungen für die US-Wirtschaft sei darum nicht zu rechnen.
US-Gesundheitsminister bittet um 2,5 Milliarden Dollar für Coronavirus-Bekämpfung
Im Kongress in Washington stellt sich die Lage anders dar. Dort bat Gesundheitsminister Alex Azar die Abgeordneten um Freigabe von 2,5 Milliarden Dollar, um das Virus schneller wirksam bekämpfen zu können und Hilfsmaßnahmen einzuleiten.
Azar sagte, die Zahl der Erkrankungen könne demnächst deutlich steigen; auch großflächige „Maßnahmen zur Schadensbegrenzung” wollte er nicht ausschließen. Details nannte er nicht. Insider interpretierten seine Aussage aber als Hinweis auf Quarantäne-Verordnungen.
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US-Heimatschutzminister kann elementarste Fragen nicht beantworten
Eine miserable Figur machte unterdessen nach Ansicht der Parlamentarier Heimatschutzminister Chad Wolf. In einer Senatsanhörung konnte er nicht die elementarsten Fragen zum Thema beantworten. Der republikanische Senator John Kennedy aus Louisiana sagte deprimiert: „Sie sind dazu da, uns zu schützen. Und Sie können mir nicht einmal sagen, ob wir ausreichend Atemgeräte vorrätig haben.” Hintergrund: Das Corona-Virus schränkt die Lungenfunktion drastisch ein.
Alexanders demokratischer Kollege Chuck Schumer schloss auch aus diesem Wortwechsel, dass die Trump-Regierung eine „gefährliche Inkompetenz” an den Tag lege und der aufkeimenden Krise nicht gewachsen sei. Seine Kollegin Nancy Pelosi, Sprecherin des Repräsentantenhauses, unterstrich dies mit dem Hinweis, dass unter Trump Dutzende Stellen im Bereich Gesundheit/Seuchen/Epidemien/Forschung abgebaut worden seien.
Als Bestätigung für ihre Kritik nahmen die Demokraten offiziell bestätigte Berichte, wonach die Gesundheitsbehörde CDC fehlerhafte Tests für die Coronavirus-Feststellung in Umlauf gebracht hat. Bis besagte Tests korrigiert und dezentral in Krankenhäusern durchgeführt werden können und nicht mehr zentral von einer Einrichtung in Atlanta/Georgia untersucht werden müssen, könnten Wochen vergehen, bestätigte CDC-Expertin Nancy Messonnier im Kongress.