An Rhein und Ruhr. Der Brexit hat auch etwas Gutes für NRW: Die Zahl der britischen Unternehmen, die sich hier ansiedeln, steigt. Das schafft neue Arbeitsplätze.
Die noch immer ungewisse Zukunft der Beziehungen Großbritanniens zur Europäischen Union hat für Nordrhein-Westfalen einen Vorteil: Es siedeln sich immer mehr britische Unternehmen an Rhein und Ruhr an. Seit dem Brexit-Referendum im Juni 2016 haben sich in NRW insgesamt 106 britische Unternehmen neu angesiedelt, wie das Landeswirtschaftsministeriums berichtet.
„Für das Ansiedlungsgeschäft ist der Brexit ein Gewinn“, sagt Rainer Hornig von NRW.Invest, der landeseigenen Wirtschaftsförderungsgesellschaft. Seit der Volksabstimmung vor drei Jahren hätten sich die Ansiedlungszahlen britischer Unternehmen in NRW jährlich fast verdoppelt. Bejubeln will Hornig den Brexit trotzdem nicht, im Gegenteil: „Der Handel mit Großbritannien geht schon jetzt zurück.“
Ministerium: Trend wird sich fortsetzen
Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft geht zudem davon aus, das die tatsächliche Zahl der britischen Neuansiedlungen höher liegt, da die Veröffentlichungen in den Handelsregistern erst zeitversetzt stattfinden. „Es ist davon auszugehen, dass der Trend sich fortsetzt“ so ein Sprecher des Landeswirtschaftsministeriums auf Anfrage unserer Redaktion.
„Nordrhein-Westfalen ist wirtschaftlich und gesellschaftlich eng mit Großbritannien verbunden“, sagte NRW-Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner der NRZ. Für die Landesregierung habe höchste Priorität, diese vielfältigen Beziehungen auch nach einem Brexit aufrecht zu erhalten.“ Der Minister hofft weiter, dass ein (harter) Brexit vermieden werden kann. „Davon unabhängig zeigt die Ansiedlung von 106 Unternehmen die wirtschaftliche Attraktivität Nordrhein-Westfalens. Wir freuen uns, dass 2497 neue Arbeitsplätze geschaffen werden sollen“, sagte Holthoff-Pförtner.
Aktuell zählt NRW.Invest rund 1500 britische Unternehmen in Nordrhein-Westfalen, die rund 100.000 Arbeitsplätze geschaffen haben. NRW.Invest wirbt laut Wirtschaftsministerium seit Mitte 2016 in Großbritannien offensiv für den Standort NRW, unter anderem mit Investorenseminaren und digitalen Marketingkampagnen. Seit 2018 ist die Wirtschaftsförderung mit einem eigenen Repräsentanten auf der Insel vertreten.
Handelskammern kommen auf noch höhere Zahlen
Die Industrie- und Handelskammern bestätigen den Trend. Sie kommen aufgrund einer anderen Zählweise sogar auf einen höheren Anstieg der Ansiedlungszahlen. So zählen allein die sieben Kammern im Rheinland (Aachen, Bergisches Land, Bonn, Duisburg und Nördlicher Niederrhein, Düsseldorf, Köln und Mittlerer Niederrhein) derzeit 1116 britische Unternehmen in ihren Bezirken und damit rund 200 oder 21 Prozent mehr als zur Zeit des Brexit-Referendums. Allein die Niederrheinische IHK verzeichnet seit 2016 eine Zunahme von zehn auf nun 96 britische Unternehmen.
Für Tobias Havers, Sprecher der IHK Düsseldorf, sprechen die Zahlen für die Attraktivität des Rheinlands. „Wir operieren im Herzen Europas, haben hier einen spannenden Branchenmix und eine gut ausgebaute Infrastruktur.“ Wie Wirtschaftsförderer Hornig sieht auch Havers die Nachteile des Brexit, der eine enorme Unsicherheit für die Unternehmen mit sich bringe.