Berlin . Union und SPD wollen bei der Grundrente eine Einigung vor den Landtagswahlen. Doch ob die Sozialleistung überhaupt kommt, ist fraglich.

Die Kanzlerin ist noch im Urlaub, das politische Berlin noch in der Sommerpause. Doch die Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg am 1. September rücken näher und führen zu hektischen Gesprächen hinter verschlossenen Türen – auch im Kanzleramt.

Anlass dafür ist die Grundrente. Sie war eines der zentralen Wahlversprechen der SPD. Inzwischen dringen aber auch Ost-Ministerpräsidenten der CDU darauf, sie endlich einzuführen.

Am Mittwoch trafen sich Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU), um endlich eine Lösung im Streit über diese Sozialleistung für Geringverdiener zu finden. Von einem Durchbruch sei man noch weit entfernt, hieß es anschließend in Koalitionskreisen.

Man nähere sich zwar an, aber das geschehe nur in „Trippelschritten“. Der Ausgang der Verhandlungen sei weiterhin völlig offen. Es sei noch immer denkbar, dass der inzwischen dritte Versuch, eine Grundrente einzuführen, auch im dritten Anlauf scheitere – und damit womöglich auch die gesamte große Koalition.

Union beharrt auf einer Prüfung der Antragsteller

Die Union macht nun Druck auf den Koalitionspartner: „Die SPD muss von unfinanzierbaren Blütenträumen Abstand nehmen. Sonst wird es zu keinem Kompromiss kommen“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Hermann Gröhe (CDU), unserer Redaktion. „Eine Grundrente ohne jede Bedürftigkeitsprüfung ist mit der Union nicht zu machen“, betonte er.

CDU und CSU wollten die Grundrente in der Form, wie sie im Koalitionsvertrag vereinbart wurde, „so schnell wie möglich umsetzen und nicht auf die lange Bank schieben“, versichert der ehemalige Gesundheitsminister und Sozialexperte. Denn: „Je länger die Suche nach einem Kompromiss dauert, desto länger müssen die Menschen, die wirklich darauf angewiesen sind, darauf warten.“

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    Mit der Grundrente sollen die Bezüge von Geringverdienern aufgestockt werden, sofern sie 35 Jahre lang Beiträge in die Rentenversicherung eingezahlt haben. Die Union beharrt aber darauf, dass die Antragsteller eine Bedürftigkeit nachweisen müssen – so ist es im Koalitionsvertrag vereinbart worden. Die SPD lehnt das bislang kategorisch ab.

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    Inzwischen ist auf beiden Seiten die Erkenntnis gereift, dass man so nicht weiterkommt.

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    Dazu diente auch das Treffen der Minister Heil und Braun, das es offiziell aber gar nicht gab.

    Möglicherweise müssten sich die beiden noch einmal treffen, hieß es in der Koalition. Möglicherweise müsse auch noch eine Arbeitsgruppe eingerichtet werden. Sie würde dann die Details ausarbeiten, die die beiden Minister nicht klären können.

    Inhaltlich könnte eine Annäherung darauf hinauslaufen, dass die Grundrente kommt, aber dass es für Rentner keine Bedürftigkeitsprüfung gibt, sondern eine Einkommensprüfung. Der Unterschied: Bei einer Bedürftigkeitsprüfung schaut der Staat nach, ob eine Sozialleistung angesichts der Vermögensverhältnisse überhaupt benötigt wird.

    Bei der Einkommensprüfung würde es nur um die Höhe des laufenden Einkommens gehen. Eine solche Prüfung führt die Rentenversicherung durch, bevor sie eine Witwen- oder Witwerrente zahlt.

    SPD-Generalsekretär dringt auf schnelle Einführung der Grundrente

    Ob die Einkommensprüfung wirklich kommt, ist noch unklar. Ebenso unklar ist die Höhe des Einkommens, bis zu dem die Grundrente gezahlt würde. Die SPD will naturgemäß so viele Empfänger wie möglich einbeziehen, die Union will den Kreis der Berechtigten eher gering halten.

    Sollte die Grundrente kommen, dann würden nicht nur neue Rentner, sondern auch aktuelle Rentenbezieher davon profitieren. Offen ist allerdings, für wen dann die Einkommensprüfung gelten soll. Würden alle Rentner darunter fallen, wäre das ein gigantischer bürokratischer Aufwand. Die Renten müssten neu berechnet werden.

    Für die SPD geht es bei der Grundrente um viel mehr als nur um die ­bedürftigen Rentner. Generalsekretär Lars Klingbeil hat kürzlich deutlich gemacht, dass davon auch die Entscheidung über den Fortbestand der Koalition abhänge.

    Er sei zwar „guter Dinge“, dass man ein gutes Ergebnis finde. Diese Entscheidung solle aber noch vor den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg am 1. September kommen: „Unser Anspruch ist, dass die Grundrente schnell kommt“, sagte Klingbeil. „Es liegt jetzt an der Union, wirklich auch schnell zu handeln und zu Lösungen mit uns zu kommen.“

    Das Klimakonzept könnte die letzte große Tat der GroKo sein

    Am 18. August wollen sich Union und SPD das nächste Mal zum Koalitionsausschuss im Kanzleramt treffen. Auf der Agenda steht dann vor allem das Klimakonzept, aber – je nach Verhandlungsstand – auch die Grundrente.

    Überschattet werden wird das Treffen von der Frage, ob die SPD überhaupt noch Interesse an der Fortführung der Koalition hat. In der Union bezweifeln das intern mittlerweile auch viele hochrangige Politiker.

    Es wird eher darüber spekuliert, ob es der Koalition überhaupt noch gelingt, einen gemeinsamen Haushalt im zweiten Halbjahr zu verabschieden.

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    „Diese Frage werde ich beim nächsten Koalitionsausschuss im August auch den kommissarischen SPD-Vorsitzenden stellen.“