Berlin. Die Bundesmarine hat zu wenig Schiffe. Aber auf Bitten Europas würde sie die Seewege im Persischen Golf schützen. Ist das realistisch?

Wenn die Bundesregierung es beschließt, gibt es „keinen Grund, warum die Marine dies nicht leisten könnte“. Dann würde sie sich an einer Mission zum Schutz der Handelswege im Persischen Golf beteiligen. Was der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Christian Thiels, erklärt, ist nicht selbstverständlich.

Denn:

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. Im Februar hatte der Mann aus Kiel gefordert, „es sollte keine neue maritime Mission für Nato, EU oder UN mehr dazukommen“.

Ende Mai machte die Marineführung in einem als Verschlusssache „nur für den Dienstgebrauch“ eingestuften Papier auf die Ausfälle vieler Boote aufmerksam, die internationale Verpflichtungen gefährden könnten.

„Mit dieser Vorlage wird das ganze dramatische Ausmaß der Instandsetzungskrise deutlich“, notiert der Chef des Stabes im Marinekommando. „Damit können wir die Marine aus vielen Aktivitäten abmelden.“ Wollen und können – für Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) macht das keinen Unterschied. Und für die Marine?

Die Bundesmarine – „auf dem Papier“ nie abgerüstet

Eine große Militärpräsenz birgt die Gefahr, „dass es aus Versehen zu einem Krieg kommt“, mahnt die SPD-Wehr­expertin Siemtje Möller.

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Möller fügt aber hinzu, „sollte es zu einem gemeinsamen europäischen Handeln kommen, würde Deutschland sicherlich auch seinen Beitrag leisten – Grundvoraussetzung ist allerdings ein europäischer Schulterschluss in Form eines europäischen Mandats.“ Darüber besteht Konsens von Union, FDP und SPD bis zu Grünen-Chef Robert Habeck.

  • Kommentar:

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Die Marine müsste in der Lage sein, auch in einem weit entfernten Seegebiet wie in der Straße von Hormus über lange Zeiträume Präsenz zu zeigen. Sie müsste fähig sein, die Seewege auch gegen Flugzeuge, U-Boote und Kriegsschiffe schützen zu können. Die Schiffe, die dafür in Betracht kommen, sind die Korvetten, besser noch die Fregatten. „Auf dem Papier“ sei die Marine nie abgerüstet worden, erläutert Bartels. „Sie hatte und sollte immer 15 Fregatten haben.“

Die größten Pannen bei der Bundeswehr

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    Die Fregatten sind teils mehr als 20 Jahre alt

    Die Marine verfügt über zehn Fregatten. Die „Augsburg“ wird in diesem Jahr außer Dienst gestellt. Vom hochmodernen Typ F125 wurde im Juni – nach jahrelangen Verzögerungen – eine Fregatte in den Dienst gestellt, die „Baden-Württemberg“. Sie wird gerade eingeführt, einsatzfähig sind Schiff und Besatzung noch nicht. Die verbliebenen Fregatten sind teils mehr als 20 Jahre alt und reparaturanfällig.

    Zwei sind auf internationalen Einsätzen, die „Hessen“ kreuzt im Mittelmeer –

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    – die „Lübeck“ ist Teil eines Nato-Verbandes. Bekannt ist, dass es auf der „Sachsen“ im Sommer 2018 einen schweren Unfall gab. Bei einer Übung hob nach dem Abfeuern eine Rakete nicht ab – ihr Antrieb jedoch brannte. Seither liegt das Schiff im Dock.

    Früher hatte die Marine 40 Schnellboote – heute kein einziges

    Als die Kette der Alarmmeldungen nicht aufhören will, veranlasst Kramp-Karrenbauers Vorgängerin Ursula von der Leyen (CDU), dass nicht länger öffentlich über die Materiallage der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr berichtet wird.

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    und von den Abgeordneten nur in der Geheimschutzstelle des Bundestages eingesehen werden könne. Seither ist es bloß schwerer geworden, die Fakten zu ermitteln.

    Einst hatte die Marine 40 Schnellboote – heute kein einziges. Von sechs U-Booten soll eines wieder fahren. Deutschland verfügt über ein einziges Landungsboot. Das stammt aus dem Jahr 1966 und wird außer Dienst gestellt. Investitionen wurden jahrelang verschoben. Die Folge: Gemessen an den Einsatzszenarien habe man „eine zu kleine Anzahl an Schiffen“, sagt Sozialdemokratin Möller.

    Alle fünf Jahre müsste man eine neue Fregatte planen

    Für die in die Jahre gekommenen Schiffe, die bald außer Dienst gestellt würden, „brauchen wir schnellstmöglich Nachfolgelösungen. Insgesamt haben wir bei der Verjüngung unserer Flotte einen Riesenbedarf.“ Für einen lückenlosen Anschluss müsste dafür gesorgt werden, dass alle fünf Jahre mit der Planung einer neuen Fregatte oder Korvette begonnen werde.

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    Vier sollen geordert werden – plus die Option auf zwei weitere. „Wenn man so ein Schiff wie die MKS 180 plant und anschafft, macht es Sinn, auch genügend davon zu haben. Ich würde da ungern zu klein planen“, so Möller.

    „Rein materiell“ wäre ein Einsatz im Persischen Golf „natürlich realisierbar“, so Möller. Mithin ist es eine Frage der Prioritäten (Bartels). Wahrscheinlich müsste man eine Fregatte aus dem Nato-Einsatz in der Ägäis oder die Korvette „Ludwigshafen“ aus der UN-Operation vor der Küste des Libanon abziehen. Möller sagt, die Marine würde einen Einsatz „möglich machen“. Wat mutt, dat mutt.