Dinslaken. Ein Verein aus dem Umfeld der Grauen Wölfe richtet in Dinslaken ein Fest aus. Landespolitiker kritisieren das, der Staatsschutz ist alarmiert.
Am kommenden Sonntag wird sich auf dem Marktplatz im Dinslakener Stadtteil Lohberg wieder ein farbenfrohes Spektakel abspielen. Musik, Tänze, Stände mit türkischem Essen. Der Türkisch-Islamische-Kulturverein lädt zu einem Fest ein, wie schon im vergangenen Jahr. Klingt harmlos. Landespolitiker und Staatsschutz sind allerdings alarmiert. Der Verein lädt unter dem Logo der vom Verfassungsschutz beobachteten Ülkücü-Bewegung ein, besser bekannt unter dem Namen „Graue Wölfe“. Auch nach Einschätzung des Verfassungsschutzes hat der Verein Bezüge zu der Bewegung.
Die Grauen Wölfe gelten als größte rechtsextremistische Vereinigung in Nordrhein-Westfalen, die Bewegung strebt ein großtürkisches Reich an. Unter ihrem Dachverband, der „Föderation der Türkischen Idealistenvereine“ (ADÜTDF)“, der Deutschlandorganisation der rechtsextremen türkischen Partei MHP, organisieren sich in NRW laut Verfassungsschutz etwa 70 Vereine mit ungefähr 2000 Mitgliedern.
Türkisch-Islamischer-Kulturverein tritt nach außen moderat auf
Zu diesen Vereinen zählt sich auch der Türkisch-Islamische-Kulturverein in Dinslaken, wie aus dem Einladungsvideo zu dem Fest am Sonntag hervorgeht. Bereits im vergangenen Jahr prangte das Logo des Dachverbandes auf der Bühne.
Öffentlich treten die Mitglieder der Bewegung meist moderat auf, so wie auch beim Fest in Lohberg im vergangenen Jahr. Ein bisschen Folklore, Musik, Multi-Kulti, allerdings Ansprachen fast ausschließlich in türkischer Sprache.
Deutlich politischer waren in den vergangenen Jahren Demonstrationen von Anhängern der Grauen Wölfe in der Landeshauptstadt Düsseldorf mit bis zu tausend Teilnehmern oder in Dortmund im Jahr 2017. Auf diesen Demonstrationen wird immer wieder der Wolfsgruß gezeigt, das Erkennungszeichen der Organisation, kleiner Finger und Zeigefinger als Ohren abgespreizt, Daumen und Mittel- sowie Ringfinger zur Schnauze zusammengelegt.
Graue Wölfe stehen im Bericht des Verfassungsschutzes
Der Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2017 spricht eine deutliche Sprache. Die Bewegung der Grauen Wölfe werde aufgrund ihres „extrem nationalistischen“ Gedankenguts beobachtet, und weil es Anhaltspunkte gebe, dass die Bewegung Ziele verfolge, „die sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung beziehungsweise gegen das friedliche Zusammenleben der Völker richten“.
Gegen das öffentliche Bekenntnis zu Toleranz und Offenheit sprechen weitere Einschätzungen des Verfassungsschutzes: Bei der Bewegung ließen sich neben übersteigertem Nationalismus auch „eine rassistische Feindbildorientierung insbesondere gegen Kurden, Armenier, Griechen und Juden“ finden. Generell werde jeder zum Feindbild deklariert, der eine abweichende Meinung zu türkischen Interessen habe, urteilen die Verfassungsschützer.
Staatsschutz hat Veranstaltung in Dinslaken im Blick
Der Staatsschutz hat die Veranstaltung in Dinslaken deswegen im Blick: „Wir wissen davon, wir beobachten das, und wir prüfen situationsabhängig, was zu tun ist“, so eine Sprecherin der Duisburger Polizei, die für die Staatsschutzangelegenheiten des Kreises Wesel zuständig ist. Derzeit würden Gespräche mit der Stadt Dinslaken und der örtlichen Polizei geführt.
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Die Stadt Dinslaken verweist darauf, dass die als Jugend- und Sportfest deklarierte Veranstaltung bereits im vergangenen Jahr ohne Vorkommnisse stattgefunden habe. Der Veranstalter sei ein eingetragener Verein, den es schon lange in Dinslaken gebe. Dass dieser Verein sich offenkundig selbst den Grauen Wölfen zurechnet? Als Stadtverwaltung habe man „eine Neutralitätspflicht“ und „keine gesellschaftspolitischen Urteile zu treffen“, teilte ein Sprecher auf Anfrage unserer Redaktion mit. „Wir haben Aspekte wie das Ordnungsrecht und das Sondernutzungsrecht zu beurteilen.“
SPD-Politiker Ibrahim Yetim kritisiert Veranstaltung
Ibrahim Yetim, der integrationspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, kritisiert die Veranstaltung hingegen deutlich: „Ich kann nur jedem empfehlen, sich von diesen gewalttätigen Rechtsextremen fernzuhalten“, sagte er unserer Redaktion. Die Ziele der Grauen Wölfe widersprächen der Verfassung und würden von den allermeisten türkischstämmigen Menschen in Deutschland nicht akzeptiert. „Sie spalten die türkische Community“, so Yetim.
Auch die integrationspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Landtag, Berivan Aymaz, übt deutliche Kritik: „Es ist fatal, mit welcher Naivität die Stadt Dinslaken an eine solche Veranstaltung herangeht.“ Stadt und Zivilgesellschaft müssten besser gegen „rassistische und menschenfeindliche Organisationen“ sensibilisiert werden. „Die Grauen Wölfe sind geprägt von einem faschistischen Weltbild mit klaren Feindbildern.“ Sie seien in NRW stark organisiert und vernetzten sich vor allem über die sozialen Medien. „Die Sicherheitsbehörden müssen da einen besseren Blick drauf haben“, fordert die Grünen-Politikerin, die sich für eine Prüfung des Verbots der Organisation einsetzt.