Dortmund. Klima, Wohnungsnot, Verkehrswende – das sind die drei großen Themen beim Städtetag. Bundespräsident Steinmeier mahnt dort Kompromissfähigkeit an.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat auf dem Deutschen Städtetag zu mehr Kompromissbereitschaft in gesellschaftlichen Debatten aufgerufen. Ein Hang zu moralischem Rigorismus erschwere die Auseinandersetzungen, sagte Steinmeier am Mittwoch auf der Hauptversammlung des Städtetags in Dortmund. Das gelte für Diskussionen über Klimaschutz ebenso wie über Migrationspolitik und den angespannten Wohnungsmarkt.

In einer dauererregten Öffentlichkeit drohten wichtige Themen zum „moralischen Kampfplatz“ zu werden und andere Probleme zu verdrängen. Kompromisse würden als technokratische Verzögerungsstrategie abgelehnt.

1300 Delegierte aus ganz Deutschland in Dortmund

Die Versammlung des kommunalen Spitzenverbands in den Westfalenhallen steht unter dem Motto „Zusammenhalt in unseren Städten“. Bis Donnerstag diskutieren rund 1.300 Delegierte und Gäste aus ganz Deutschland über nachhaltige Mobilität, Klimaschutz, den Wohnungsmarkt und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Der Deutsche Städtetag vertritt die Interessen der Städte gegenüber Bundesregierung, Bundestag, Bundesrat, Europäischer Union und anderen Organisationen.

Dortmunds OB Ullrich Sierau (li.) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Mittwoch in Dortmund.
Dortmunds OB Ullrich Sierau (li.) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Mittwoch in Dortmund. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

„Ideologische Debatten bauen keine neuen Wohnungen“, mahnte der Bundespräsident mit Blick auf die Wohnungsmarkt-Debatte. Wenn Normalbürger sich keine Wohnung mehr leisten könnten, wenn Mieten schneller stiegen als Löhne, gehe das Vertrauen in das demokratische System verloren. „Der Wohnungsmarkt darf nicht zum Casino werden.“

Der Präsident des Deutschen Städtetags und Oberbürgermeister von Münster, Markus Lewe (CDU), sprach sich für eine gemeinwohlorientiertere Bodenpolitik aus. Enteignung als Heillösung anzusehen, helfe dabei nicht weiter. Stattdessen forderte er Änderungen im Baugesetzbuch, um mit größeren Erfolgschancen Grundstückseigner zum Bauen auffordern zu können.

Politik soll Perspektiven aufzeigen

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Am Vortag hatte das Präsidium des Städtetags sich zudem für eine Abgabe auf CO2-Emissionen ausgesprochen. Eine CO2-Bepreisung halte das Präsidium für einen geeigneten und notwendigen Ansatz, um die Klimaziele schneller zu erreichen, sagte Lewe. Wichtig sei dafür eine schnelle Verkehrswende. „Das Gesicht unserer Städte soll nicht Parkplatz oder vierspurige Straße sein.“ Stattdessen brauche es eine Radwege-Offensive, bessere Umgehungen für Autofahrer, eine Aufwertung des öffentlichen Nahverkehrs und zukunftsgerechte Konzepte.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) betonte die Bedeutung der Städte und der Kommunalpolitik für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Durch den Kohleausstieg beispielsweise fielen viele Arbeitsplätze weg. Die Politik müsse den Menschen dann Perspektiven aufzeigen. Das betreffe vor allem Orte wie Gelsenkirchen, wo die Wirtschaft stark von solchen Kraftwerken abhängig sei.

„Kohle ist Böse, alles andere ist gut“? So einfach ist es nicht

In der Debatte um Klimaschutz und Kohleausstieg betonte Laschet, NRW wolle Industrieland bleiben. Die Gleichung „Kohle ist Böse, alles andere ist gut“, sei falsch, sagte der CDU-Politiker bei der Hauptversammlung des Deutschen Städtetages am Mittwoch in Dortmund. Wenn Stahlwerke, Aluminiumwerke oder die chemische Industrie nicht in Deutschland gehalten werden könnten, werde das für Hunderttausende Menschen den Verlust einer gesicherten Arbeit bedeuten.

Es gelte, Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit gleichermaßen zu erreichen, meinte der nordrhein-westfälische Regierungschef. An emissionsarmen Alternativen wie der Wasserstofftechnologie müsse weiter geforscht werden. Der Kohleausstieg sei beschlossen, jetzt brauche es das Gesetz dazu. „Damit alle merken, wir meinen es ernst.“ Viele junge Leute seien zwar ungeduldig, sagte er mit Blick auf die Bewegung „Fridays for Future“. Aber man müsse ihnen erklären: „Egal, was man macht, es hat immer auch Nachteile.“

Laschet appellierte zudem an Politik und Verwaltung in den Städten, sich verstärkt auf die digitalen Kommunikationswege junger Menschen einzustellen. Ansonsten drohe ein Akzeptanzverlust. (epd/dpa)