Berlin. Nach einer Farb-Attacke auf das schwer bewachte Kanzleramt und Brand-Anschläge auf ein Gebäude des BKA in Berlin wachsen die Befürchtungen, dass sich wieder eine linke Terroristen-Szene formiert. Dafür aber gibt es derzeit noch keine Belege, sagen die Ermittler.

Zwischen den politisch motivierten Anschlägen von Berlin und Hamburg in der Nacht zum Freitag besteht nach einer ersten Einschätzung des Berliner Landeskriminalamtes kein Zusammenhang. «Wir prüfen natürlich alle Hinweise und möglichen Zusammenhänge zwischen den Taten in Hamburg und Berlin. Bislang ist ein Zusammenhang aber nicht ableitbar,» sagte der Leiter des Berliner Landeskriminalamtes, Peter-Michael Haeberer.

«Die Sachverhalte sind zu unterschiedlich. Einmal wird das BKA als Strafermittlungsbehörde angegriffen, bei einer anderen Sache handelt es sich um einen Zusammenhang mit einem Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan», wurde Haeberer weiter zitiert. Zudem gebe es bislang kein Selbstbezichtigungsschreiben, das die Serie von Taten in Berlin und Hamburg klammern würde. «Wenn es der linken Szene gelungen wäre, eine solche konzertierte Aktion länderübergreifend zu organisieren, hätte es eine Erklärung gegeben», meinte der Ermittler.

Dennoch: Innenpolitiker sehen «neue Qualität»

Innenpolitiker von Union und SPD hatten sich zuvor besorgt über die jüngsten Anschläge von mutmaßlichen Linksextremisten in Berlin und Hamburg geäußert. «Wir haben es mit einer neuen Qualität zu tun», sagte der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), dem «Kölner Stadt-Anzeiger» und fügte hinzu: «Die linksextremistische Gewalt ist in den letzten Jahren unterschätzt worden, weil sich alles auf den Rechtsextremismus konzentriert hat.»

Allerdings sei die Bekämpfung des Linksextremismus «ausgesprochen schwierig», weil man es mit autonomen Chaoten zu tun habe, die nicht straff organisiert seien. Bosbach mahnte: «Wehret den Anfängen!» Wenn die Täter merkten, dass sie politische Reaktionen auslösten, dann würden sie ihre Aktionen noch verstärken.

Wiefelspütz für höheren Fahndungsdruck

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, erklärte: «Die fehlende Aufklärung stachelt die Täter weiter an. Deshalb ist es wichtig, sie zu stellen. Man muss den Fahndungsdruck erhöhen.» Er betonte: «Es gibt hier Grenzüberschreitungen. Das ist alles hochgefährlich. Der Einstieg zu schlimmeren Verbrechen ist erreicht.»

Das prominenteste Ziel der Angriffe war das streng bewachte Bundeskanzleramt, auf das es einen Farbanschlag gab. Drei Brandsätze wurden auf das Bürogebäude einer Außenstelle des Bundeskriminalamtes in Berlin-Treptow geworfen, dessen Fassade beschädigt wurde. Der schwerste Übergriff ereignete sich in Hamburg, wo zehn Linksautonome eine Polizeiwache angriffen und zwei Streifenwagen abbrannten. Personen kamen nicht zu Schaden. Weitere Attacken, allerdings mit Farbbeuteln und einem Farbeimer, wurden gegen das Büro der Bundestagsabgeordneten Petra Merkel (SPD) in Berlin-Charlottenburg und das Büro des CDU-Abgeordneten Karl-Georg Wellmann verübt. Außerdem gab es Farbanschläge auf eine McDonalds-Filiale und ein Autohaus.

Zunächst war offen geblieben, ob die Taten etwas mit der Konferenz der Innenminister zu tun hatten, die am Donnerstag und Freitag stattfand. Die Innenminister sprachen sich unter anderem für höhere Strafen bei Angriffen gegen Polizisten aus.