Bremen. Das Bleiberecht für geduldete Ausländer wird verlängert. Darauf haben sich die Innenminister von Bund und Ländern bei ihrer Herbsttagung geeinigt. Flüchtlingsinitiativen bezeichnen die Verlängerung als "faulen Kompromiss" und fordern ein Bleiberecht für alle Ausländer.

Geduldete Ausländer dürfen zwei Jahre länger in Deutschland bleiben. Darauf einigten sich die Innenminister von Bund und Ländern bei ihrer Herbsttagung am Freitag in Bremen. Sie verlängerten damit die seit 2007 geltende sogenannte Altfallregelung, nach der derzeit etwa 30 000 Ausländer mit einer bis 31. Dezember 2009 befristeten Aufenthaltserlaubnis auf Probe in Deutschland leben. Ohne die nun gefundene Anschlussregelung hätte ihnen bei einem fehlenden Arbeitsnachweis der Rückfall in die Duldung und damit möglicherweise die Abschiebung gedroht.

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD), sagte, die Verhandlungen seien nicht leicht gewesen. «Ich bin aber froh, dass wir es nun geschafft haben, am Ende alle zu vereinen«. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte zu der Einigung: «Sie gibt Klarheit für alle Betroffenen.»

Verlängerung auch gültig für Ausländer in einer Ausbildung oder mit Halbtagsjob

Neu ist, dass neben der Verlängerung auch diejenigen Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis bekommen, die eine Schul- oder Berufsausbildung machen oder mindestens eine Halbtagsbeschäftigung nachweisen können beziehungsweise sich ernsthaft um eine Beschäftigung bemühen. Alle weiteren bisherigen Regelungen bleiben jedoch erhalten. So gilt die Regelung etwa nur für Flüchtlinge, die zum 1. Juli 2007 acht Jahre in Deutschland waren. Bei Familien mit minderjährigen Kindern sind es sechs Jahre.

Diese Stichtagsregelung wird von den Grünen kritisiert. Die Bundesvorsitzende Claudia Roth sagte: «Die Verlängerung der Bleiberechtsregelung in letzter Minute ist ein Notnagel und keine wirkliche Lösung des Problems.» Der migrationspolitische Sprecher der Linken, Ali Al Dailami, sprach von einem «faulen Kompromiss». Beide forderten eine stichtagsunabhängige Bleiberechtslösung und kritisierten die hohen Hürden bei der Sicherung des Lebensunterhalts.

Insbesondere die CDU-Minister betonten jedoch, es sei wichtig, dass man sich für eine Aufenthaltsgenehmigung weiterhin um eine Beschäftigung bemühen müsse. «Wir sind sehr froh, dass es keine Zuwanderung in die Sozialsysteme gibt», sagte Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU).

Generelle Neuordnung nun Sache der Bundesgesetzgebung

Hessens Innenminister Volker Bouffier (CDU) erklärte, dass bei einer zu starken Belastung der Sozialsysteme die Akzeptanz in der Bevölkerung nicht mehr gegeben sei. Absichtlich habe man aber für Jugendliche mit Schulabschluss oder Berufsausbildung eine Sonderregelung gesucht.

Die SPD-Länder hatten vor der Konferenz gefordert, eine über eine Verlängerung hinaus gehende Lösung zu finden. Mäurer hatte betont, trotz des Kompromisses müsse nach einer generellen Neuordnung des Aufenthaltsgesetzes gesucht werden. Am Freitag erklärte er, dass dies nun Sache der Bundesgesetzgebung sein könne. »Wir haben jetzt aber erstmal eine Lösung, die Tausenden hilft«, fügte Mäurer hinzu.

Auch die Kirchen forderten, den nun gewonnene Zeitaufschub für eine wirklich humanitäre Lösung für langjährige Geduldete zu nutzen. Die jetzt gefundene Lösung sei aber ein »Schritt in die richtige Richtung«, teilten die Evangelische Kirche Deutschlands und die Deutsche Bischofskonferenz gemeinsam mit.

Flüchtlingsinitiativen fordern Bleiberecht für alle Flüchtlinge

Für die Flüchtlingsinitiativen geht die Verlängerung der Altfallregelung nicht weit genung. Sie machten klar, dass sie weiterhin ein Bleiberecht für alle in Deutschland lebenden Flüchtlinge fordern. Die Problematik werde mit der Verlängerung nur verschoben. Hinzu komme die Situation der rund 100 000 langjährig in Deutschland lebenden Ausländer, die nicht unter die Regelung fallen. Diese lebten weiterhin in ständiger Angst, abgeschoben zu werden.

Die Innenminister verständigten sich in Bremen darüber hinaus auf ein verstärktes Vorgehen bei Gewalt gegen die Polizei. Es gehe darum, »ein klares Signal gegen diese Gewalt" zu setzen, sagte Hessens Innenminister Volker Bouffier (CDU). Die Bundesregierung solle sobald wie möglich einen Gesetzentwurf vorlegen, um der wachsenden Zahl von Übergriffen zu begegnen, teilten die Minister mit. Zudem besprachen die Ressortschefs ein gemeinsames Vorgehen bei Gewalt in Fußballstadien, den Polizeieinsatz in Afghanistan und Maßnahmen zu mehr Sicherheit im Nahverkehr. (ddp)