Düsseldorf. Justizministerin Müller-Piepenkötter hört die Rufe nicht zum ersten Mal. Nach dem Ausbruch zweier Schwerverbrecher aus der JVA Aachen solle die "Pannenministerin" endlich zurücktreten, fordert die Opposition im NRW-Landtag. Doch die Ministerin scheint gegen jede Kritik immun zu sein.
Nach dem Gefängnisausbruch von Aachen hat die Opposition im nordrhein-westfälischen Landtag den Rücktritt von Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter gefordert. Die CDU-Politikerin trage die politische Veranwortung für die Flucht zweier Schwerverbrecher, erklärten Vertreter von Sozialdemokraten und Grünen nach einer Sondersitzung des Rechtsausschusses am Freitag in Düsseldorf. Es werde höchste Zeit, die «Pannenministerin» zu entlassen, sagte der rechtspolitsche Sprecher der SPD-Fraktion, Ralf Jäger.
«Ihre Amtszeit ist eine Bilanz des Versagens», erklärte die rechtspolitische Sprecherin der Grünen, Monika Düker. Die Ministerin habe es nicht geschafft, strukturelle Missstände im NRW-Strafvollzug in den Griff zu bekommen. Dabei verwies sie auf Krankenstände von fast 20 Prozent in der Aachener Gefängnis, die hohe Zahl von Überstunden bei den Bediensteten und fehlendes Personal. Ein solches System sei anfällig für Sicherheitsmängel. «Die Ministerin hat jeden Bezug zu den Realitäten in den Anstalten verloren und deshalb handelt sie, wie sie handelt, nämlich gar nicht», sagte Jäger.
Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) lehnte die Rücktrittsforderungen ab. Der Opposition gehe es nicht um eine Klärung des Sachverhalts, sondern um eine politische Kampagne, sagte Rüttgers.
Ministerin: Justizvollzug noch nie so sicher wie heute
Müller-Piepenkötter wies die Kritik zurück. «Krankenstand und Überstunden haben mit dieser Tat nichts zu tun», sagte die CDU-Politikerin. Nach derzeitigem Kenntnisstand sei davon auszugehen, dass die zwei Schwerverbrecher Michael Heckhoff und Peter Paul Michalski allein und ausschließlich aufgrund der massiven Hilfe eines JVA-Bediensteten hätten ausbrechen können. «Die Tat eines Einzelnen hat bei uns allen Entsetzen ausgelöst. Sie stellt aber das Sicherheitsgefüge insgesamt nicht infrage», betonte die Ministerin.
«Nie war der Justizvollzug in Nordrhein-Westfalen so sicher wie heute», sagte Müller-Piepenkötter. Dabei verwies sie auf die Ausbruchszahlen der vergangenen Jahre: Diese seien deutlich niedriger als zu Zeiten der rot-grünen Koalition. Sie habe das Personal im NRW-Strafvollzug aufgestockt, in Aus- und Fortbildung der Bediensteten investiert und Maßnahmen zur Senkung der Überstunden ergriffen. Auch seien die Krankenstände der Tendenz nach fallend.
Michalski und Heckhoff waren vergangenen Donnerstag aus dem Gefängnis in Aachen ausgebrochen. Mit ihrer Flucht quer durch Nordrhein-Westfalen hatten die als hoch gefährlich eingestuften Sträflinge Polizei und Bewohner tagelang in Atem gehalten. Geiselgangster Heckhoff wurde am Sonntag in Mülheim an der Ruhr gefasst, der verurteilte Mörder Michalski am Dienstag in Schermbeck im Kreis Wesel. (ap/ddp)