An Rhein und Ruhr. . Nach dem Ende des Terrorkalifats kehren IS-Frauen mit ihren Kindern zurück. Viele Kinder sind radikalisiert. Andere sind schwer traumatisiert.
Sie landen auf den Flughäfen in Düsseldorf und Köln und sind von da an auf dem Schirm von Sicherheitsbehörden und Jugendämtern – Frauen, die sich im Irak und in Syrien dem IS angeschlossen haben, und die jetzt nach dem Ende des Terrorkalifats mit ihren Kindern nach Nordrhein-Westfalen zurückkehren.
Besonders der Umgang mit den Kindern stellt Schulen und Jugendämter, aber auch die Sicherheitsbehörden vor große Herausforderungen. Manche gelten bereits jetzt als Sicherheitsrisiko, weil sie radikalisiert wurden.
12 Frauen mit über 30 Kindern
Seit 2018 sind nach Angaben des Landesinnenministeriums zwölf Frauen nach NRW zurückgekommen, die nach Syrien und in den Irak ausgereist waren. Sie haben insgesamt über 30 Kinder.
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Die wenigsten dieser Frauen werden angeklagt, es fehlen Beweise. Aber unter den Rückkehrerinnen seien „stark ideologisierte und auch gewaltorientierte Salafistinnen“, schreibt eine Ministeriumssprecherin auf Anfrage der NRZ.
Von diesen Frauen gingen langfristig genauso große Risiken aus wie von Männern. Sie vernetzten die Szene und trügen die Dschihad-Ideologie an ihre Kinder und an andere Frauen weiter. Anfang April landete die IS-Rückkehrerin Carla S. aus Oberhausen nach ihrer Ankunft aus der Türkei in Untersuchungshaft. Sie gilt als Gefährderin.
„Perfides Erziehungssystem“
Sorgen bereiten auch die Kinder. Zwar werden sie von den Behörden vorrangig als Opfer angesehen. Aber sie seien eben auch dem „äußerst perfiden und radikalen Erziehungssystem“ der Terroristen ausgesetzt gewesen, schreibt das Bundesinnenministerium.
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In Apps für die Kleinsten seien spielerisch Angriffe wie das Abfeuern von Raketen auf den Eiffelturm simuliert worden. Ab dem Alter von neun Jahren seien Jungs auf den aktiven Kampf vorbereitet worden und hätten Enthauptungsübungen an Dummies durchgeführt.
Speziell bei diesen älteren Kindern wollen die Sicherheitsbehörden nicht ausschließen, dass sie perspektivisch gefährlich sein können.
Kinder unter 14 Jahre sollen beobachtet werden
Das Landesinnenministerium begrüßt deswegen den Vorschlag von Bundesinnenminister Horst Seehofer, auch Kinder unter 14 Jahre vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen – ein höchst umstrittenes Vorhaben.
Die jüngeren, etwa diejenigen, die in den Kriegsgebieten geboren worden, gelten vor allem als schwer traumatisiert.
Um sich auf die Rückkehrerinnen und ihre Kinder vorzubereiten, stehen die Behörden in einem intensiven Austausch. Eingebunden sind Ministerien, Schul- und Jugendämter, die Polizeistellen und Experten aus der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz in NRW.
„Es geht auch um die Entwicklung von Angeboten zur frühzeitigen Erkennung von Risikolagen bei der Radikalisierung und die Schaffung von Handlungssicherheit bei entsprechenden Fällen“, schreibt ein Sprecher des Landesfamilienministeriums.
Rückkehrenden Eltern wird von den Jugendämtern Hilfe zur Erziehung angeboten – dieses Angebot ist allerdings freiwillig.
Eine Inobhutnahme in Köln
Dort, wo die Behörden vermuten, dass das Wohl der Kinder akut gefährdet ist, können sie aus den Familien herausgenommen werden. Das ist der größtmögliche Eingriff des Staates und muss von einem Familiengericht abgesegnet werden.
In Nordrhein-Westfalen soll das bislang laut einer Expertin aus der Jugendhilfe einmal vorgekommen sein, konkret: in Köln. Die Stadt Köln wollte dies allerdings mit Verweis auf den Datenschutz auf Anfrage nicht bestätigen.
Noch über 300 Kinder im Irak und in Syrien
Der Verfassungsschutz geht davon aus, dass sich in den Krisengebieten im Irak und in Syrien derzeit noch über 300 Kinder und Jugendliche aufhalten, die einen Bezug zu Deutschland haben. Rund 80 von ihnen sind in gesicherten Camps untergebracht.
Vor ihrer Rückkehr soll nun in jedem einzelnen Fall geprüft werden, ob Deutschland zur Rückübernahme verpflichtet ist.