Essen. Bei der Genehmigung nächtlicher Starts und Landungen auf Flughäfen sollen wirtschaftliche Interessen künftig eine stärkere Rolle spielen. Dafür will die neue schwarz-gelbe Bundesregierung das Luftverkehrsgesetz ändern. Die Anwohner der großen NRW-Flughäfen sollen jedoch verschont bleiben.

Die Bundesgerichte sollen Nachtflüge nicht mehr ohne eine Berücksichtigung der ökonomischen Argumente einschränken dürfen. Bisher hat die Nachtruhe der Bürger Vorrang. Die schwarz-gelbe Bundesregierung plant nach WAZ-Informationen, das Luftverkehrsgesetz zu ändern, um „international wettbewerbsfähige Betriebszeiten sicherzustellen”. Die schwarz-gelbe Landesregierung aber will an den jetzigen Regelungen für die großen NRW-Flughäfen festhalten. „Ich sehe in NRW keinen Korrekturbedarf”, so Verkehrsminister Lutz Lienenkämper (CDU) zur WAZ.

Das Bundesverwaltungsgericht war in letzter Zeit dazu übergegangen, bei Urteilen zu Aus- und Neubauten großer Flughäfen die Genehmigungen für Nachtflüge stark einzuschränken. In der schwarz-gelben Koalition aber gibt es die Befürchtung, dass ohne eine Gesetzänderung Deutschland seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Flughäfen wie Amsterdam, Paris und London einbüßt, wo Nachtflüge unbeschränkt erlaubt sind.

Rheinland-Pfalz leistet Widerstand

Die schon im Koalitionsvertrag festgelegte Absicht stößt auf massiven Widerstand. Rheinland-Pfalz will dem Vorhaben im Bundesrat einen Riegel vorschieben. Ministerpräsident Kurt Beck (SPD): „Anwohnern von Flughäfen sind weitere Fluglärmbelästigungen gerade in der Nachtkernzeit nicht zumutbar”.

Die AG deutscher Fluglärmkommissionen lud zur Krisensitzung ein. Ihr Vorsitzender Thomas Jühe sagte dieser Zeitung: „Wir haben die Befürchtung, dass die Regierung grundsätzlich Starts und Landungen in der Nacht erlauben will” – und Voraussetzung dafür nur der zusätzliche Einbau von Schallschutzfenstern sein würde.

Nachtruhe der Bevölkerung geht bisher vor

Die Absicht, Nachtflüge generell zuzulassen, wird in der Koalition bestritten. Es sei geplant, „zu präzisieren”, dass auch wirtschaftliche und betriebliche Erfordernisse mit abgewogen werden müssten. Derzeit steht dagegen im Luftverkehrsgesetz, dass „auf die Nachtruhe der Bevölkerung in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen” ist.

NRW-Verkehrsminister Lienenkämper erklärte, für die beiden wichtigsten Airports, Düsseldorf und Köln Bonn, gebe es Betriebsgenehmigungen, bei denen die „wirtschaftlichen Interessen der Flughäfen als Jobmotoren mit den berechtigten Anliegen der Anwohner beim Lärmschutz abgewogen wurden”.