Düsseldorf. . Nach einer Gesetzesänderung kann die Justiz illegale Gewinne einfacher abschöpfen. Vermögensverlust ist für viele Täter schlimmer als Gefängnis.
Er hatte am Donnerstag Geburtstag. Aber das ist für José Andrés Asensio Pagan natürlich kein Grund, sich einen Tag frei zu nehmen. Erst recht nicht, wenn die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ihn zu einem Forum mit dem Titel „Abschöpfen illegaler Gewinne“ eingeladen hat. Denn damit kennt Pagan sich aus, wie kaum ein zweiter im Land. Oberstaatsanwalt ist er und Leiter der Zentralen Organisationsstelle für Vermögensabschöpfung Nordrhein-Westfalen (ZOV NRW). Und in dieser Funktion schöpft er viele illegale Gewinne ab.
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Ganz harmlos sieht er aus, wie er da im Bürgersaal des Stadtteilzentrums Bilk in Düsseldorf zum Mikro greift. Aber das täuscht. Der gebürtige Spanier ist ein klassischer Wolf im Schafspelz. Einer, der nicht mehr los lässt, wenn er sich erst einmal in seine Beute verbissen hat.
Erst recht nicht, seit kriminell erworbenes Vermögen mit einer Gesetzesänderung vor gut einem Jahr deutlich einfacher sichergestellt werden kann. Weil der Richter – vereinfacht gesagt – nicht mehr davon überzeugt sein muss, dass der einzuziehende Vermögenswert aus einer bestimmten, rechtswidrigen Tat stammt, sondern nur noch davon, dass er von illegaler Herkunft ist. Und weil nun auch nachträglich entdecktes Vermögen eingezogen werden kann „Das hat vieles leichter gemacht“, sagt Pagan. Jetzt müssten seine Kollegen, aber auch die Ermittler nur noch Gebrauch machen von den neuen Möglichkeiten.
Bilder des neuen Sportwagens in den sozialen Netzwerken
Wobei das Klientel, das die Fahnder im Visier haben, es ihnen oft auch leicht macht. Weil es in den sozialen Netzwerken zwar über Arbeitslosigkeit klagt, zugleich aber Bilder des neuen Sportwagens, Motorrades oder Hauses einstellt. „Da muss man dann mal fragen, wie sie sich das alles leisten können“, findet der Oberstaatsanwalt.
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Und wenn ein junger Autofahrer bei einer Verkehrskontrolle ein Knöllchen erhalte und zum Bezahlen in eine prall mit Geldscheinen gefüllte Plastiktüte auf dem Rücksitz greife, „ist das auch nicht normal“. „Wenn etwas nicht zusammenpasst, kann man das Geld einziehen.“ Genau wie die teure Uhr oder die getunte Limousine. Den Geldsegen mit einer gerade gemachten Erbschaft zu erklären, reicht nicht. „Da muss man dann schon Urkunden haben.“
Pagan hat schon Jachten in Italien sichergestellt und Drogenhändlern Bitcoins abgenommen. „Man muss den Tätern so fest auf die Füße treten, dass die Bonbons aus den Taschen fallen“, sagt er gerne und rät den Kollegen genau wie den Ermittlern bei der Polizei sich nicht entmutigen zu lassen, wenn ein Richter einen Antrag auf Sicherstellung ablehne. „Beschwerde einlegen, die nächst höhere Instanz anrufen.“ Spätestens auf Oberlandesgerichtsebene habe er damit bisher immer Erfolg gehabt.
Vermögensverlust ist für viele Täter schlimmer als Gefängnis
„Dem Geld hinterher rennen“, ist Pagans Motto. Seine Spur aufnehmen, bis man es gefunden und eingezogen hat. Weil man den Tätern damit weh tut, egal ob sie Rocker sind, Drogenhändler, Autodiebe oder Serieneinbrecher. Für manche, heißt es in Ermittlerkreisen, sei der Vermögensverlust schlimmer als eine Haftstrafe.
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Deshalb wollen Polizei- und Finanzbehörden ihre Zusammenarbeit auch verstärken, sich absprechen, gemeinsam zuschlagen. Und der Zoll soll ebenso einbezogen werden wie die Kommunen im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität. So will man von allen Seiten Druck aufbauen auf Banden und Clans.
Norbert Naulin, Sachgebietsleiter der Ermittlungsgruppe Organisierte Kriminalität und Steuerhinterziehung im Landeskriminalamt, verweist in diesem Zusammenhang gerne darauf, dass der berühmt-berüchtigte Gangster Al Capone am Ende vom Finanzamt hinter Gitter gebracht worden ist. Weil er einen Fehler gemacht hat, den viele Verbrecher bis heute machen. „Kriminelle“, weiß Naulin, „neigen immer noch nicht dazu, ihre kriminellen Umsätze und Gewinne zu versteuern.“