Bergheim. Die Kohlekommission des Bundes kommt diesen Mittwoch ins Rheinische Revier. Es geht um Kohleausstieg, Arbeitsplätze und Klimaschutz.

Tausende Beschäftigte aus Kohle-Branche und Industrie haben sich vor der Tagung der Kohlekommission im rheinischen Revier mit einer Demonstration für ihre Jobs stark gemacht. Der Protestzug, der sich gegen einen schnellen Ausstieg aus der Braunkohle wandte, setzte sich am Mittwochmorgen in Bewegung.

Menschen mit Transparenten stehen bei einer Demonstration von Kohlebefürwortern, zu der die Gewerkschaften IG BCE und Verdi aufgerufen haben.
Menschen mit Transparenten stehen bei einer Demonstration von Kohlebefürwortern, zu der die Gewerkschaften IG BCE und Verdi aufgerufen haben. © dpa

Ein Sprecher der Gewerkschaft IG BCE sprach von «mindestens 10.000» Menschen, die auf die Straße gegangen seien. Auf Schildern waren unter anderem die Sprüche «Hambi muss weg» und «Baggi bleibt» zu lesen - das spielte auf den Konflikt um die mögliche Rodung des Hambacher Forstes für den Braunkohleabbau an.

Laschet fordert planungssichere Vorschläge

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NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat in der Diskussion um einen Ausstieg aus der Braunkohle planungssichere Vorschläge von der Kohlekommission gefordert. «Wichtig ist, dass die Kommission zu einem gesellschaftlichen Konsens beiträgt», sagte er am Mittwoch in Bergheim. In den vergangenen 50 Jahren habe es drei Leitentscheidungen von Landesregierungen gegeben, zuletzt 2016. Ein Jahr später hätten jene, die sie beschlossen hätten, sie schon nicht mehr akzeptiert. «Deshalb muss - egal, was hier jetzt beschlossen wird - dies auch für eine längere Zeit gelten als 12 oder 15 Monate», sagte er.

Die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission «Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung» tagte am Mittwoch in Bergheim im rheinischen Revier, Laschet war vor Ort. Aufgabe der sogenannten Kohlekommission ist es, Wege zu einem Ausstieg aus der Kohleverstromung auszuarbeiten. Der Bund will den deutschen Kohleregionen ein Sofortprogramm mit insgesamt 1,5 Milliarden Euro für den Ausstieg zur Verfügung stellen. In der Lausitz hatte die Gruppe bereits getagt.

Wichtig in diesem Zusammenhang sei eine stabile Energieversorgung. «Da sagt ja jeder: "Naja, das Licht wird hier schon nicht ausgehen." Das mag sein», sagte der NRW-Ministerpräsident. Aber in bestimmten Industriezweigen reichten bei Unsicherheiten Sekunden, um Arbeitsplätze zu vernichten. «Wir wollen eigene Energie in der Zukunft haben und wir wollen nicht abhängig werden vom europäischen Binnenmarkt, von französischen oder belgischen Kernkraftwerken.»

Gewerkschaft will betriebsbedingte Kündigungen nicht akzeptieren

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Die Gewerkschaft IG BCE und der Braunkohleverband Debriv warnten im Fall eines vorzeitigen Ausstiegs vor dem Wegfall von Arbeitsplätzen. Betriebsbedingte Kündigungen werde die Gewerkschaft IG BCE nicht akzeptieren, sagte der Gewerkschaftsvorsitzende Michael Vassiliadis der «Rheinischen Post» (Dienstag). Einen möglichen Personalabbau «wollen wir über bekannte Instrumente wie Frühverrentung und natürliche Fluktuation hinbekommen», sagte Vassiliadis. Allein am Braunkohle-Tagebau Hambach hängen nach Angaben des Energiekonzerns RWE rund 4600 Arbeitsplätze

Ein vorzeitiger Ausstieg aus der Braunkohleverstromung aus Klimaschutzgründen würde nach Debriv-Auffassung fast 100 Milliarden Euro kosten und Zehntausende Jobs vernichten. Schon jetzt seien die Klimaschutzvorgaben extrem fordernd. «Wer jetzt noch national draufsatteln und das Aus für die Kohle schneller will, nimmt verheerende Strukturbrüche billigend in Kauf», sagte der Verbandsvorsitzende Helmar Rendez.

Umweltschützer fordern schnelleren Braunkohle-Ausstieg

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Im Rheinischen Revier gibt es bisher Abbaugenehmigungen bis 2045. Umweltschützer fordern einen wesentlich schnelleren Ausstieg aus der klimaschädlichen Technik und den Erhalt des Hambacher Forstes. Dort gilt nach einer Entscheidung des nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) bis zu einem endgültigen Urteil ein vorläufiger Rodungsstopp.

Nach Einschätzung des Umweltverbandes BUND muss der Hambacher Forst im Zuge des Braunkohleabbaus auch nicht unweigerlich gerodet werden. «Es gibt im Grunde genommen kein Klimaschutz-Szenario, in dem der Wald fallen muss», sagte NRW-Landesvorstand Thomas Krämerkämper entgegen Aussagen von RWE-Chef Rolf Martin Schmitz. Den BUND-Analysen zufolge ließen sich so noch mehr als 490 Millionen Tonnen Braunkohle abbauen, wenn die Böschungen steiler ansetzten.

Das sieht Schmitz anders: Er hatte erklärt, der Hambacher Forst sei selbst bei einem Stopp der Bagger nicht mehr zu retten. Die Erdmassen unter dem Wald würden benötigt, um die steile Abbruchkante am Tagebau aufzufüllen und die Rekultivierung zu betreiben. Die Böschungen seien so steil, dass sie abgeflacht werden müssten.

Aktivisten bauen Protestcamp im Hambacher Forst

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Ein RWE-Sprecher erklärte am Dienstag, mit den Aussagen der Studie des BUND solle «offensichtlich gezielt Stimmung gegen die Braunkohle und konkret gegen den Tagebau Hambach gemacht werden. Es gibt zwar alte Behauptungen, die werden aber durch Wiederholung nicht richtiger. Das ist bedauerlich.»

Unterdessen begann das Aktionsbündnis Ende Gelände am Dienstag mit dem Aufbau eines Protestcamps gegen Rodungen im Hambacher Forst und für einen sofortigen Kohleausstieg - ohne allerdings eine Gerichtsentscheidung zum Standort abzuwarten. Die Polizei hatte aus Umweltschutzgründen einen etwas entfernteren Ersatzstandort verfügt. Das Verwaltungsgericht Aachen entschied, das sei nicht zu beanstanden. Das zugewiesene Areal im Westen des Tagebaus Hambach sei zumutbar, stellten die Richter des Verwaltungsgerichts fest. Die Polizei hatte das von den Aktivisten vorgeschlagene Landschaftsschutzgebiet aus Naturschutzgründen abgelehnt. Das Bündnis kündigten Beschwerde am Oberverwaltungsgericht in Münster an.

Zum Zeitpunkt der Entscheidung hatte Ende Gelände bereits mit dem Bau seines Camps für 3000 erwartete Teilnehmer begonnen, machte aber keine Angaben zum konkreten Standort. Die Polizei unternahm nach eigenen Angaben zunächst nichts dagegen und beobachtete die Situation.Die Grünen fordern rasch ein unabhängiges Gutachten zu den Kosten des Braunkohle-Ausstiegs im rheinischen Revier und der Verantwortung des Energiekonzerns RWE. Der Bundestagsabgeordnete und Energie-Experte Oliver Krischer warf der schwarz-gelben Landesregierung vor, das Problem der sogenannten Ewigkeitslasten bei der Braunkohle bisher vollkommen auszublenden. Das sei fahrlässig. Es gebe keine Transparenz. (dpa)