Düsseldorf. . Für den Fall, dass der rechtswidrig abgeschobene Tunesier Sami A. wieder einreist, planen die Behörden offenbar schon die erneute Rückführung.

Was ist eigentlich mit Sami A., dem nach Tunesien abgeschobenen angeblichen Leibwächter von Osama bin Laden? Es ist ruhig geworden um den Islamisten, nachdem Sami A. im Sommer fast täglich in den Schlagzeilen war. Die deutschen Behörden halten still, obwohl sie sich nach einem Gerichtsurteil um die Rückführung des Gefährders kümmern müssen.

Sami A. will wieder nach Bochum. Der 42-Jährige ist weiter in Tunesien auf freiem Fuß. Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte seine Abschiebung für rechtswidrig erklärt. In Tunesien versucht Sami A. einen neuen Pass für seine Rückkehr nach Deutschland zu beantragen. Dies scheiterte bislang, weil die tunesischen Behörden noch wegen Terrorverdachts gegen ihn ermitteln.

Sami A. wurde am 13. Juli abgeschoben

Seit Sami A. am 13. Juli an der deutschen Justiz vorbei nach Tunesien ausgeflogen wurde, gibt es ein juristisches und politisches Tauziehen um den Fall. Empörte Richter fordern die Rückführung von Sami A., um das Verfahren ordnungsgemäß zu Ende zu bringen. Die Anwältinnen von Sami A. haben ihre rechtlichen Mittel offenbar ausgereizt, sie wollen sich nicht mehr äußern. Zuletzt hatte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen eine erneute Androhung weiterer Zwangsmittel gegen die Stadt Bochum abgelehnt. Eine baldige Rückkehr von Sami A. zeichnet sich also nicht ab.

Entscheidend für den weiteren Verlauf des komplizierten Falls wird ein Urteilsspruch des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen sein, das im Hauptsacheverfahren noch endgültig über das Abschiebeverbot entscheiden muss, erklärt der Vorsitzende Richter Wolfgang Thewes. Die Entscheidung soll „bald“ fallen, heißt es. Laut Thewes wird sich die zuständige Kammer „erneut und eingehend mit der Frage befassen, ob Sami A. in Tunesien eine menschenrechtswidrige Behandlung oder sogar Folter droht“. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse werde entschieden, ob der Gefährder nach Deutschland zurückgebracht werden muss.

Richter könnten Abschiebeverbot widerrufen

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Eine „diplomatische Note“ seitens der tunesischen Behörden, wonach Sami A. keine Folter drohe, müsse das Gericht berücksichtigen. „Das würde ein neues Licht auf den Fall werfen“, sagt Thewes. Dann wäre es theoretisch möglich, dass die Gelsenkirchener Richter das Abschiebeverbot widerrufen und Sami A. in Tunesien bleiben muss. Juristisch und politisch wäre damit der Fall entschärft.

Das NRW-Integrationsministerium, treibende Kraft hinter der Abschiebung Sami A.s, erklärt, man müsse die Entwicklung in Tunesien abwarten. Das ebenfalls involvierte Bundesinnenministerium sagt, das Auswärtige Amt sei für das Einholen der „diplomatischen Note“ zuständig. Aber Tunesien entscheide als souveräner Staat selbst, ob es diese Note ausstelle. Trotz der Bemühungen der Bundesregierung liegt diese Zusicherung also noch nicht vor, obwohl dies in anderen strittigen Fällen ein „übliches diplomatisches Prozedere“ sei, wie es in Justizkreisen heißt. Mit anderen Worten: Da diese Zusicherung noch nicht da ist, ist es unwahrscheinlich, dass es sie überhaupt noch geben wird. Zu erwarten ist daher, dass das Abschiebeverbot richterlich bestätigt wird und Sami A. zurückgeholt werden muss.

Debatte um neue Variante

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Die Stadt Bochum, letzter Wohnsitz Sami A.s in Deutschland, sieht sich heute nur noch als Zuschauerin. „Der Ball liegt in Berlin“, heißt es dort. Tatsächlich hatte das Gericht der Stadt bescheinigt, alles für eine mögliche Rückführung unternommen zu haben und lehnte ein erneutes Zwangsgeld gegen die Stadt ab. Sollte Sami A. dennoch zurück nach Bochum kommen, „müssten Land und Bund für die Sicherheit der Bürger sorgen“, so ein Stadtsprecher.

Doch derzeit erscheint dies unwahrscheinlich. Denn die Behörden in Deutschland und in Tunesien diskutieren nach Medienberichten eine andere Variante: Danach würde die rechtswidrige Abschiebung quasi rückgängig gemacht: Wenn Tunesien die Ermittlungen gegen Sami A. einstellt, könnte man ihn zurückholen und das Verfahren hier beenden. Um ihn dann möglichst rasch erneut abzuschieben. Das sei zwar der Öffentlichkeit schwer zu vermitteln, aber nötig aus Respekt vor dem Rechtsstaat.